Schlagstock, Pfefferspray, Blaulicht: Kinder bekommen einen Einblick in den Polizei-Alltag.

Leonberg/Rutesheim - Als Jürgen Hach den Funk im Streifenwagen anschmeißt, ist es für die Kinder wie im Kino: „Einszwoeinunddreißig, zweiter Unfall auf dem Rewe-Parkplatz“, tönt es aus den Lautsprechern. Ortswechsel: „Einsviervierundneunzig, wenn ihr nach links lauft, ist da im Garten eine Dame mit einem pinkfarbenen Oberteil. Vielleicht hat sie gesehen, wo er hin ist.“ Dann kurze Stille, bevor sich ein Achtjähriger, große Augen, spitze Ohren, das Lenkrad fest umklammernd, nicht mehr zurückhalten kann: „Da brennt ein Mülleimer.“ Es hätte wohl nur noch ein Fünkchen gefehlt, und der Aushilfssheriff wäre mit ordentlichem Karacho aufs Gaspedal gestiegen und Richtung Tatort gerast.

 

Doch spätestens als der Polizeibeamte ihn und den Rest der Bande mit einem Martinshorn-Verbot belegt, wird er wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Aber was soll’s, das Blaulicht reicht allemal und lässt den Kindern ein staunendes „Wow“ nach dem anderen entgleiten. „Das Martinshorn ist viel zu laut, wir wollen doch keine Nachbarn aufschrecken“, erklärt Hach, der den Kindern der Rutesheimer Ferientage zeigt, wie es bei der Polizei läuft. Die Veranstaltung des SV Perouse war laut Bernd Kauselmann von der Abteilung Freizeitsport innerhalb kürzester Zeit ausgebucht.

Auch wenn es Hach und seine Kollegen mit allerlei Straftaten zu tun haben – das sind übrigens mehr als 200 im Monat – hat der Alltag auf dem Leonberger Polizeirevier und seinen drei Posten in Rutesheim, Renningen und Weil der Stadt nicht allzu viel gemein mit der Action-Serie „Alarm für Cobra 11“, in der sich pro Folge gefühlt 20 Polizeiautos überschlagen.

Es ist nicht wie im Fernsehen

„Na, stellt euch vor, das würde immer so laufen, dann hätten wir bald keine Einsatzfahrzeuge mehr“, erklärt der Beamte, der seit 30 Jahren im Polizeidienst ist. Die Ausrüstung der Fernseh-Kollegen ist aber identisch: Handschellen, Taschenlampe, Funkgerät, kugelsichere Weste und natürlich die Pistole.

Selbst eine Peitsche will eines der 20 Kinder erspäht haben, bevor Jürgen Hach für Klarheit sorgt. „Das sind Kabelbinder für die Füße“, erklärt der 50-Jährige, der es nicht nur bei der Theorie belässt. Denn probieren geht über studieren. Ausgenommen ist aber das Pfefferspray: „Das ist noch viel schärfer als das schärfste Essen, das ihr jemals hattet“, sagt der Beamte. Deshalb greife er nur dann dazu, wenn ihm nichts anderes übrig bleibe. „Dann holen wir aber gleich noch den Rettungswagen herbei“, sagt er und betont: „Die Polizei ist nicht dafür da, um den Leuten wehzutun.“

Besuch in der Ausnüchterungszelle

Das gilt auch für den Teleskopschlagstock, auch wenn dieser Gegenteiliges zu suggerieren vermag. „Den setzen wir schon einmal bei einem Autounfall ein, um die Gaffer zur Seite zu schieben“, berichtet Hach. Und warum trägt der Polizeibeamte selbst im Hochsommer keine kurzen Hosen? „Na, ist doch logisch“, sagt eine Achtjährige. „Er muss auch mal durch hohes Gras laufen, und wenn da Dornen sind, tut das weh.“ Dies wird wohl auch mit der Grund sein, aber letztlich hat Polizeiarbeit laut Hoch nichts mit Freizeit zu tun.

Spannende Einblicke bietet auch die Wache mit den vielen Bildschirmen. „Die Polizeiautos sind mit GPS ausgestattet, und wir wissen immer, wo sie unterwegs sind“, erklärt Jürgen Hach. Bei einem Notfall würden diese von hier aus zum Einsatzort geschickt – auch dann, wenn mal wieder einige Schafe ausbüchsten. Und wer über die Stränge schlägt, der landet in einer der drei Zellen im Untergeschoss. Der kameraüberwachte Raum mit dem grifflosen Fenster sei nicht gerade gemütlich: kein Teppich, keine Bilder. „Und kein Klopapier“, wie einem aufmerksamen Zehnjährigen auffällt. Der Beamte beschwichtigt: „Das holen wir dann, wenn es nötig ist.“

Keine Nachwuchssorgen

Dann gibt es von Jürgen Hach, auch Präventionsbeauftragter der Leonberger Polizei, noch Tipps zum sicheren Radeln. „Im vergangenen Jahr hatten wir 10 000 Fahrradunfälle im Land“, erzählt er und weist auf die Notwendigkeit eines Helms hin. Auch funktionierende Bremsen, Scheinwerfer, Pedal- und Speichenreflektoren, Rücklicht, Dynamo, Rückstrahler und Klingel gehörten an ein Rad, und das sei gesetzlich vorgeschrieben. Um den Nachwuchs muss sich die Leonberger Polizei übrigens keine Sorgen machen. Sind es anfangs drei Kinder, die sich in der blauen Uniform sehen, verdoppelt sich die Zahl nach der Führung. „Wer einmal im Streifenwagen mit Blaulicht und Polizeifunk sitzt, der überlegt sich das noch einmal.“