Winfried Hermann (Grüne) reist mit einer Delegation durch den Kreis Böblingen und schaut sich auch die umgestaltete Rutesheimer Ortmitte an.

Rutesheim im Schnelldurchlauf. 30 Minuten hatten die Bürgermeisterin Susanne Widmaier und der Erste Beigeordnete Martin Killinger Zeit, um einer Delegation des baden-württembergischen Verkehrsministeriums die Vorzüge ihrer Stadt, insbesondere die städtebauliche Entwicklung des Ortskerns der vergangenen Jahre sowie das damit eng verbundene Mobilitätskonzept, vorzustellen.

 

Delegation kommt mit dem Bus

Ein Mitarbeiter des städtischen Bauhofes kehrt noch rasch den Müll am Busbahnhof weg. „Das ist unabhängig von unserem Besuch, wir sorgen dafür, dass die Stadt täglich gereinigt wird, darauf legen wir großen Wert“, sagt Widmaier. Aus dem Bus, der die Politiker bei ihrer Reise zu mehreren Kommunen im Landkreis Böblingen zu ihrem ersten Vor-Ort-Termin pünktlich an den Busbahnhof direkt vor das Rutesheimer Rathaus chauffiert, steigt allen voran der Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) aus. An seiner Seite sein Amtschef, der Ministerialdirektor Berthold Frieß, Regierungspräsidentin Susanne Bay sowie Kolleginnen und Kollegen aus den Fachabteilungen des Verkehrsministeriums sowie der Abteilung 4 des Regierungspräsidiums Stuttgart, das für die Themen Mobilität, Verkehr und Straßen zuständig ist.

Die Ortsmitte erfolgreich umgestaltet

Bei dieser Fahrt durch den Kreis Böblingen wollen sich die politischen Landesvertreter ein Bild von lebendigen Ortmitten machen, die bereits erfolgreich umgestaltet wurden oder deren Umgestaltungen sich in Planung befinden. Und in Stuttgart hat man längst Wind davon bekommen, wie sich die Rutesheimer Stadtmitte in den vergangenen 40 Jahren verändert hat und wie die Kommune ihren einst dörflichen Charakter abgeschüttelt hat. Martin Killinger beschreibt dem Verkehrsminister, wie es in Zeiten vor der Umgehungsstraße – die 2007 ihrer Bestimmung übergeben wurde – im Flecken zuging. Wie sich täglich Auto an Auto in der Leonberger- und in der Pforzheimer Straße reihte und die Kommune als Schleichweg genutzt wurde, um Staus auf der Autobahn zu umfahren. Ampeln sorgten für zusätzlichen Stau und für schlechte Luft.

Interessant für Winfried Hermann gleich am Busbahnhof: Hier sind Carsharing und das Fahrradverleihsystem Regio-Rad stationiert. „Wir sind ein Musterbeispiel für eine gelungene Ortskernsanierung und ein gutes Radwegenetz“, sagt Martin Killinger mit Stolz. Ein gutes Stück dazu beigetragen habe die Reduzierung der Geschwindigkeit auf 30 km/h auf insgesamt sieben Straßenkilometern innerorts. Weiter geht es zu Fuß in Richtung Flachter Straße. Gerade öffnen in der kleinen Fußgängerzone die Läden ihre Türen. „Wir haben momentan nur einen Leerstand, nachdem das Schuhgeschäft Corona nicht überstanden hat, was ich sehr bedauere. Wir sind an einem potenziellen Nachfolger dran“, sagt Susanne Widmaier. Die Verwaltung investiere viel für eine attraktive und belebte Ortsmitte, habe für die Wirtschaftsförderung eine Halbtagsstelle geschaffen. „An Ihrem Beispiel sieht man, dass eine Ortsumfahrung allein nicht ausreicht, die Städte müssen schon etwas für ihre Attraktivität tun“, sagt Winfried Hermann anerkennend.

In der Flachter Straße, die für Märkte oder Veranstaltungen – wie jetzt am Wochenende die Autoschau – gesperrt wird, fahren zu den regulären Geschäftszeiten Autos ein und aus und füllen die Parkplätze, die für zwei Stunden kostenfrei zur Verfügung stehen. Das fällt natürlich Christoph Erdmenger, im Verkehrsministerium der Abteilungsleiter für nachhaltige Mobilität, ins Auge. „Auf den ersten Blick scheint es nicht so attraktiv, hier mit dem Fahrrad zu fahren.“ Winfried Hermann gibt zu Bedenken, das kostenfreie Parkplätze Autos in der Stadt anziehen. „Fahrradfahrer kennen ihre sicheren Wege“, widerspricht Susanne Widmaier. Und sie betont gleichzeitig, dass Rutesheim die Autos keineswegs komplett aus der Innenstadt verbannen will. Denn das wäre nicht förderlich für den Einzelhandel. Die Delegation schaut sich im Vorbeihuschen die moderne Bücherei an. Über die Moltkestraße geht es wieder zurück zum Busbahnhof. Weiter geht die Fahrt – Weissach-Flacht, Deckenpfronn, Gärtringen, Oberjesingen und Herrenberg. Susanne Widmaier und Martin Killinger bleiben zufrieden zurück. „Schön, wenn sich andere für unsere Stadt interessieren.“