RWE und Eon läuten eine neue Runde im Monopoly auf dem Strom- und Gasmarkt ein. Das setzt neue Spielregeln auf dem Energiemarkt, auf die auch die anderen Spieler eine Antwort finden müssen, meint StZ-Chefredakteur Joachim Dorfs.

Chefredaktion: Joachim Dorfs (jd)

Stuttgart - Es ist eine Operation, die bei Investmentbankern und Politikern das Herz höher schlagen lässt. Im Zuge einer – selbst für die Energiebranche – höchst spektakulären Neuordnung soll der deutsche Markt der Energieerzeugung und -verteilung in weiten Teilen neu strukturiert werden. Nach einem gewaltigen Tausch von Aktivitäten und Beteiligungen stünden am Ende zwei sehr große nationale deutsche Champions: RWE würde seine Position stärken als einer der größten deutschen Energieerzeuger mit der kompletten Palette von Atomstrom über Braunkohle bis hin zu erneuerbaren Energien. Eon würde der Energieerzeugung komplett entsagen und dafür Deutschlands mit Abstand größter Verteiler von Strom und Gas.

 

Investmentbanker reiben sich die Hände angesichts des erneut drehenden Milliardenspiels – immerhin haben sie in den vergangenen Jahren enorme Summen mit Ausgliederungen und Neugründungen gerade der beiden Konzerne RWE und Eon verdient. Innogy, die RWE-Tochter, die nun in wesentlichen Teilen an Eon gehen soll, war erst vor zwei Jahren gegründet und an die Börse gebracht worden. Politiker zeigen sich immer sehr angetan, wenn nationale Kernkompetenzen wie Energieerzeugung und -verteilung auch in nationaler Hand bleiben. Dabei hätte es durchaus auch internationale Interessenten für Innogy gegeben – und es gibt keinen Grund zu glauben, dass dies Mitarbeitern und Kunden schlecht bekommen wäre.

Die Innogy-Mitarbeiter sind die Verlierer des Deals

Ohnehin ist zum jetzigen Zeitpunkt kaum vorauszusehen, wer aus diesem Spiel um viele Milliarden Euro als Sieger und Besiegter hervorgehen wird. Nachvollziehbarer scheint die Eon-Strategie zu sein. Sie ist weniger erratisch als der Schlingerkurs der RWE. Zudem konzentriert sich der Konzern mit der Verteilung auf das vermutlich sicherere Geschäft – ganz in der Tradition der alten Stromriesen, die ihren Anlegern verlässliche Gewinne ohne allzu großes Risiko versprachen. Und zudem verfügt Eon künftig über die Daten, die aus dem direkten Kundenkontakt entspringen, und kann daraus Kunden neue, maßgeschneiderte Angebote machen. RWE hingegen wird angesichts der disparaten Produktionsstruktur weiter unter Druck stehen, den Wandel in der Stromerzeugung zügiger anzugehen.

Zu den Verlierern werden sicherlich die Innogy-Mitarbeiter gehören, deren Unternehmen keine große Zukunft mehr haben dürfte. Ob die Stromkunden am Ende mehr oder weniger zahlen, ist hingegen schwer zu sagen: Einerseits könnte die Effizienz bei RWE und Eon steigen, andererseits sinkt mit dem Verschwinden von Innogy die Wettbewerbsintensität. Eines haben die Strategen hinter dem Deal hingegen geschafft: Die Neuordnung setzt neue Spielregeln auf dem Energiemarkt in Deutschland. Auch die anderen Spieler wie etwa die EnBW werden sich dazu verhalten müssen.