Piloten und Flugbegleiter ziehen an einem Strang: Beide Berufsgruppen haben mit ihrem Streik bei der Billig-Airline Ryanair in Deutschland begonnen. Schon am Morgen bleiben Maschinen am Boden. Viele Passagiere müssen umplanen.

Frankfurt/Dublin - In Deutschland haben Mitarbeiter der irischen Billig-Airline Ryanair in der Nacht zum Mittwoch einen 24-stündigen Streik begonnen.

 

Wegen des Streiks der Piloten und Flugbegleiter von Ryanair in Deutschland sind am Mittwoch etliche Verbindungen ausgefallen. Mehrere Maschinen seien am Boden geblieben, berichtete eine Sprecherin von Verdi in Frankfurt. In Berlin betonte die Dienstleistungsgewerkschaft die hohe Streikbereitschaft an den Flughäfen Tegel und Schönefeld.

Laut der Pilotengewerkschaft VC soll der Arbeitskampf vor allem die großen Ryanair-Standorte lahmlegen. „Es sind alle zwölf deutschen Basen betroffen, besonders die großen in Frankfurt/Rhein-Main, Hahn und an den Berliner Flughäfen“, sagte der Vizechef der Vereinigung Cockpit (VC), Markus Wahl. „Da kommt es verstärkt zu Ausfällen.“

Der Streik dauert bis Donnerstag um 02.59 Uhr. Ryanair-Passagiere in Deutschland müssen daher mit Flugausfällen und Verspätungen rechnen. Bei dem Ausstand geht es um erstmalig abzuschließende Tarifverträge für höhere Gehälter sowie bessere Arbeitsbedingungen.

150 Flüge von und nach Deutschland gestrichen

Die Fluggesellschaft hatte nach der Ankündigung 150 von 400 geplanten Flügen von und nach Deutschland gestrichen und nach eigenen Angaben alle betroffenen Kunden informiert. Die übrigen Flüge fänden statt, hatte Ryanair-Organisationschef Peter Bellew am Dienstag versprochen. Eine Liste der Streichungen veröffentlichte die Airline jedoch nicht.

Insgesamt steuert Ryanair 19 deutsche Flughäfen an. Passagiere können dem Unternehmen zufolge kostenfrei umbuchen oder den Ticketpreis zurückerhalten. Darüber hinausgehenden Schadenersatz lehnt die Gesellschaft unter Verweis auf EU-Recht ab, sie lässt es in dieser Frage auf einen Prozess mit dem Flugrechte-Portal AirHelp ankommen.

An den Berliner Airports Schönefeld und Tegel seien mehr als die Hälfte der Flüge annulliert worden, sagte ein Verdi-Sprecher am Morgen. Dutzende Flugbegleiter hätten sich mit Transparenten in Schönefeld versammelt.

In Nordrhein-Westfalen strich Ryanair in Köln/Bonn nach Angaben eines Flughafensprechers zunächst 20 seiner geplanten 56 Starts und Landungen. In Weeze sollten nach den Worten eines Sprechers 12 der 28 Ryanair-Flüge ausfallen.

In Hamburg gab es dagegen bisher kaum Auswirkungen auf den Flugverkehr, nur bei 2 der dort 14 vorgesehenen Flüge erwartete der Airport Ausfälle. In Bayern waren München und Memmingen nicht vom Streik betroffen, während in Nürnberg sechs der zwanzig Ryanair-Verbindungen ausfallen sollten.

Arbeitgeber soll an Verhandlungstisch zurückkehren

„Wir glauben, dass wir erfolgreich sein können und dass Ryanair an den Verhandlungstisch zurückkehrt“, sagte VC-Mann Wahl. Etwas Besonderes sei diesmal die gemeinsame Koordination der Aktion mit den Kollegen des Kabinenpersonals. „Man sieht dadurch, wie prekär die Situation bei Ryanair offensichtlich ist“, meinte der Gewerkschafter.

Bei einem ersten Streik der Piloten am 10. August hatte Ryanair von sich aus 250 deutsche Flüge abgesagt. Für Verdi ist es der erste Ausstand bei Europas größtem Billigflug-Anbieter. Die Gewerkschaft will weitere Arbeitskämpfe folgen lassen, falls Ryanair kein Entgegenkommen zeigt. „Das ist ein erster Warnstreik. Wie es weitergeht, hängt vom Verhandlungsverlauf ab“, sagte Vorstand Christine Behle am Dienstag. Mit der VC sei man zwar nicht immer einer Meinung, versuche sich aber abzustimmen. „Wir wollen zeigen, dass sich beide Berufsgruppen nicht auseinanderdividieren lassen.“

Verdi-Verhandlungsführerin Mira Neumaier nannte das Tarifangebot für die Flugbegleiter nach zwei Verhandlungsrunden völlig unzureichend. Das Basisgehalt solle nach dem Ryanair-Angebot über einen Zeitraum von drei Jahren nur um 41 Euro monatlich angehoben werden. Bei den Piloten konnten sich beide Seiten weder auf ein Schlichtungsverfahren noch auf die Auswahl eines Schlichters einigen.

Der Billigflieger kontert die gemeinsamen Crew-Streiks mit Drohungen: Gerade an kleineren Standorten würden fortgesetzte Arbeitskämpfe zu Verlusten führen, die Ryanair nicht tragen könne. In ihrem Heimatland Irland hatte die Gesellschaft mit dem Abzug mehrerer Jets nach Polen gedroht. Nach fünf Streikwellen der Piloten und einer Einigung mit der dortigen Gewerkschaft wurde diese Entscheidung zurückgenommen.