Richter am Oberlandesgericht haben einen Freispruch für zwei S-21-Gegnerinnen aufgehoben. Die Frauen hatten sich mit Fahrradketten am Südflügel und im Park festgekettet. Der Fall muss erneut vor einer Kammer am Landgericht verhandelt werden.

Stuttgart - Fast ein Jahr lang haben sich zwei S-21-Gegnerinnen in ihrem Glauben bestätigt gefühlt, dass ihre beiden Protestaktionen gegen das Milliarden-Projekt keine Straftaten gewesen sind. Sie hatten sich im Januar und Februar 2012 im Mittleren Schlossgarten und am Hauptbahnhof mit Fahrradschlössern um den Hals an Gittern festgekettet, um auf den „Wahnsinn“ des geplanten Bauvorhabens, „spektakulär und medienwirksam“ aufmerksam zu machen, so die beiden Frauen.

 

Richter haben sich schon drei Mal mit dem Fall befasst

Am Freitag befassten sich Richter zum dritten Mal mit den Protestaktionen, die im Zusammenhang mit dem damals bevorstehenden Abriss des Südflügels standen. Zunächst waren die Stuttgarterinnen am Amtsgericht wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu Geldstrafen von 1800 und 1000 Euro verurteilt worden. Die Polizei hatte die Frauen erst mit Hilfe einer Hydraulikschere und eines Trennschleifers vom Platz bringen können.

Gegen das Urteil legten die Frauen Berufung ein. In zweiter Instanz wurden die beiden Damen im Januar 2014 tatsächlich freigesprochen. Bei den Protestaktionen handele es sich nicht um Straftaten, sondern um Ordnungswidrigkeiten, so die Richter am Landgericht. Die 50 und die 52 Jahre alten Frauen sollten 150 und 200 Euro Bußgeld zahlen, weil sie nur gegen das Versammlungsgesetz verstoßen hätten.

Richter am Oberlandesgericht heben Landgerichtsurteil auf

Doch am Montag hoben Richter vom Oberlandesgericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft, die eine Revision des Falles beantragt hatte, dieses Urteil erneut auf. Sie erklärten, dass laut Bundesgerichtshof auch das Festketten eine Widerstandshandlung darstellt. Sie könne nur durch staatliche Gewaltausübung – eben durch technisches Gerät der Polizei – überwunden werden. Im Landgerichtsurteil sei diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht berücksichtigt worden. Daher wurde der Fall an Landgericht zurückverwiesen. Diesen Prozess werden nicht dieselben Richter wie die vom Urteil 2014 führen. Wann das Verfahren stattfindet, steht bisher noch nicht fest.