Abgerechnet wird aber erst am Ende.

Keine Frage - und sicher ist auch, dass das permanente Spielen auf Zeit, das die neue Landesregierung verfolgt, die Kostenrisiken erheblich erhöht. Das ist die einzige Strategie, die zumindest die Grünen verfolgen - verbunden mit der Hoffnung, dass sich die düsteren Prophezeihungen irgendwann bestätigen. Aber darauf kann sich die Bahn unmöglich einlassen.

 

Der Zeitplan der Landesregierung ist klar: Beginn der Diskussion über den Stresstest noch vor der Sommerpause und dann Volksabstimmung im Herbst.

Der Justizminister selbst ist sich doch gar nicht sicher, wie er dieser Tage erklärt hat, dass ein Ausstiegsgesetz so rasch formuliert sein wird und dann auch zur Abstimmung gestellt werden kann - zumal die Regierung selbst gar nicht allein Herrin des verfassungsrechtlich umstrittenen Verfahrens ist. Wenn bei einer etwaigen Klage der CDU von den Gerichten entschieden werden muss, wird dies dauern. Deshalb ist das für die Bahn eine Rechnung mit zu vielen Unbekannten.

Das Ergebnis der Volksabstimmung abzuwarten hätte für den Konzern aber doch den Charme, im Falle eines Ausgangs in seinem Sinne die Legitimation direkt durch das Volk zu erhalten.

Der neue Verkehrsminister hat ja schon vor seinem Amtsantritt deutlich gemacht, dass aus seiner Sicht Frieden nur einkehren kann, wenn Stuttgart 21 kippt. Ich würde schon darum bitten, nicht immer nur die Bahn bei der Debatte über eine Deeskalation in die Pflicht zu nehmen, sondern auch die Landesregierung, die an die Verträge gebunden ist, die die Vorgängerregierung geschlossen hat.

Eine Verlängerung der Baupause bis Herbst würde die Fertigstellung von Stuttgart 21 um drei Jahre verzögern und mit Mehrkosten von 410 Millionen Euro zu Buche schlagen, behauptet die Bahn. Ist das nicht ein Horrorszenario?

Nein, das ist realistisch. Zum einen stehen noch im Juli die Vergaben der Aufträge für den Fildertunnel und den Tunnel vom Hauptbahnhof in Richtung Wangen an. Die Vorbereitungen dazu sind jetzt angelaufen. Platzt die ganze Sache, verliert die Bahn enorm viel Zeit. Zum anderen würde die Baubetriebsplanung über den Haufen geworfen. Beides, Neuausschreibungen und eine neue Anmeldung der Baumaßnahmen, hätten eine Verschiebung um drei Jahre zur Folge. Wir stehen da im Übrigen auch unter dem Druck der Anbieterfirmen, die loslegen wollen.

Die Atmosphäre im Lenkungskreis sei am Montag sachlich gewesen, heißt es - andererseits sind die Fronten zwischen dem grünen Teil der Regierung und der Bahn verhärtet. Kann der Krisengipfel zwischen Ministerpräsident Kretschmann und Verkehrsminister Ramsauer das Problem lösen?

Da habe ich, lassen Sie es mich vorsichtig formulieren, zumindest Zweifel. Ich kann mir im Moment nicht vorstellen, dass der Bund bereit ist, irgendwelche Kosten zu begleichen, die die Landesregierung von Baden-Württemberg zu verantworten hat. Aber es ist nicht Sache der Bahn, sich darüber einen Kopf zu machen.

Einen Kopf sollte sich die Bahn aber darüber machen, dass Kosten und Risiken nach wie vor nicht wirklich transparent sind. Immer wieder hat es konkrete Hinweise darauf gegeben, dass S 21 schöngerechnet worden ist. Wie begegnen Sie diesem Vorwurf?

Solche Behauptungen werden durch Wiederholung nicht richtiger. Die Bahn hat x-fach klargestellt, dass sie aus heutiger Sicht an den bekannten Zahlen festhält. Ich habe keinen Grund zu zweifeln, dass der Kostenrahmen von 4,5 Milliarden Euro eingehalten wird. Dass dies nur gelingen kann, wenn ein permanentes und intensives Kostenmanagement erfolgt und potenzielle Risiken rechtzeitig identifiziert werden müssen, ist doch aber auch klar. Insofern sollten entsprechende Papiere auch richtig gedeutet werden.

Fakt ist, dass es der Bahn gelingen muss, gegenüber den ursprünglichen Planungen Einsparungen von rund 900 Millionen Euro zu erzielen. Wie viele Millionen sind denn schon zusammengekommen?

Wir befinden uns da in laufenden Verfahren, deshalb kann ich das im Moment nicht näher ausführen.

"Spiel auf Zeit erhöht die Kosten"

Abgerechnet wird aber erst am Ende.

Keine Frage - und sicher ist auch, dass das permanente Spielen auf Zeit, das die neue Landesregierung verfolgt, die Kostenrisiken erheblich erhöht. Das ist die einzige Strategie, die zumindest die Grünen verfolgen - verbunden mit der Hoffnung, dass sich die düsteren Prophezeihungen irgendwann bestätigen. Aber darauf kann sich die Bahn unmöglich einlassen.

Der Zeitplan der Landesregierung ist klar: Beginn der Diskussion über den Stresstest noch vor der Sommerpause und dann Volksabstimmung im Herbst.

Der Justizminister selbst ist sich doch gar nicht sicher, wie er dieser Tage erklärt hat, dass ein Ausstiegsgesetz so rasch formuliert sein wird und dann auch zur Abstimmung gestellt werden kann - zumal die Regierung selbst gar nicht allein Herrin des verfassungsrechtlich umstrittenen Verfahrens ist. Wenn bei einer etwaigen Klage der CDU von den Gerichten entschieden werden muss, wird dies dauern. Deshalb ist das für die Bahn eine Rechnung mit zu vielen Unbekannten.

Das Ergebnis der Volksabstimmung abzuwarten hätte für den Konzern aber doch den Charme, im Falle eines Ausgangs in seinem Sinne die Legitimation direkt durch das Volk zu erhalten.

Der neue Verkehrsminister hat ja schon vor seinem Amtsantritt deutlich gemacht, dass aus seiner Sicht Frieden nur einkehren kann, wenn Stuttgart 21 kippt. Ich würde schon darum bitten, nicht immer nur die Bahn bei der Debatte über eine Deeskalation in die Pflicht zu nehmen, sondern auch die Landesregierung, die an die Verträge gebunden ist, die die Vorgängerregierung geschlossen hat.

Versprochen hat Bahnchef Grube aber, nichts zu unternehmen, was dem Ergebnis des Stresstestes vorgreifen würde. Spricht das nicht gegen weitere Vergaben von Aufträgen zum jetzigen Zeitpunkt?

Weder die Bahn noch ich kann und will den Ergebnissen des Stresstests vorgreifen. Allerdings hat die Bahn gestern wiederholt deutlich gemacht, dass aus ihrer Sicht ein neuntes und zehntes Gleis ganz sicher nicht nötig sein werden. Anders verhält es sich mit der zweigleisigen Anbindung des Flughafens, aber das ist ja schon seit Längerem bekannt. Insofern verbauen wir da nichts.

Projektleiter Hany Azer hat sich aus Stuttgart verabschiedet. Wie sehr trifft die Bahn der Ausfall eines Mannes, der alle Einzelheiten des Projekts kennt wie kein anderer?

Natürlich hinterlässt eine Koryphäe wie Hany Azer eine schmerzliche Lücke. Andererseits besteht die DB-Projektbau mittlerweile aus rund 100 Leuten, die allesamt vertraut sind mit Stuttgart 21. Und mit Stefan Penn haben wir einen Nachfolger gefunden, der das Projekt sehr gut kennt.

Was erwarten Sie von dem neuen Mann?

Ich wünsche mir, dass wir mit ihm genauso gut zusammenarbeiten wie zuletzt mit Hany Azer. Helfen wird dabei, dass wir die DB-Projektbau und das Kommunikationsbüro insgesamt enger verzahnen. Dadurch wird der Informationsfluss noch schneller erfolgen können.

Bahn, Stadt Stuttgart, Region Stuttgart und das Land sind die Träger des als Verein organisierten Stuttgart-21-Kommunikationsbüros. Bleibt das Land dabei?

Das hoffe ich und wünsche ich mir - ohne es im Moment konkret sagen zu können. Ich hätte allerdings auch Verständnis dafür, wenn das Land seine Mitgliedschaft bis zur Volksabstimmung ruhen lässt.

Hand aufs Herz: Sind Sie sich sicher, dass Stuttgart 21 realisiert wird?

Ich bin überzeugt davon, dass die Züge durch den Tiefbahnhof rollen werden. Die Bahn hat keine Wahl, sie muss bauen - und das ist auch gut so.