Zehn neue Züge sollen das Angebot in der Region Stuttgart ab Juni abends und samstags verbessern und die Pünktlichkeit erhöhen. S-Bahnchef Dirk Rothenstein, der in der Sitzung des Verkehrsauschusses zugegen war, erhielt einen schriftlichen Verweis.

Stuttgart - Für den Vorsitzenden der zur DB Regio gehörenden S-Bahn Stuttgart war der Jahresanfang immer mit einem unangenehmen Termin verbunden: Meistens im Februar musste er dem regionalen Verkehrsausschuss die Bilanz der S-Bahn erläutern, die seit Jahren die mit dem Verband Region Stuttgart vereinbarten Zielwerte bei der Pünktlichkeit deutlich verfehlt. Am Mittwoch blieb der S-Bahnchef Dirk Rothenstein davon verschont, er wird den Regionalräten erst auf dem S-Bahn-Gipfel im Sommer Rede und Antwort stehen müssen. Dennoch fiel die Kritik der Regionalräte wie in den Vorjahren scharf aus, zudem erhält Rothenstein einen schriftlicher Verweis: Wegen der vielen Zugausfälle spricht der Verband erstmals eine Warnung gegenüber der DB Regio aus verbunden mit der Erwartung, die Ausfälle in diesem Jahr auf jeden Fall zu reduzieren.

 

Im geheim gehaltenen Vertrag zwischen dem Verband Region Stuttgart und der DB Regio gibt es einen Passus, der eine außerordentliche Kündigung ermöglicht, falls in zwei aufeinanderfolgenden Jahren mehr als ein Prozent der vereinbarten Zugkilometer ausfallen. 2016 lag dieser Wert bei 1,2 Prozent – er wurde damit erstmals überschritten. Mit der Warnung macht der Verband diese Überschreitung aktenkundig. Zudem muss die DB Region dafür rund 1,3 Millionen Euro an den Verband zurück überweisen. Weil die Zielwerte bei der Pünktlichkeit nicht erreicht wurden, sind außerdem rund 250 000 Euro fällig.

Unmut im Verkehrsausschuss ist groß

„Wir haben bei der Pünktlichkeit eine absolut unbefriedigende Situation“, sagte der regionale Verkehrsdirektor Jürgen Wurmthaler. Vor allem die Linien S 1, S 2 und S 3 seien davon betroffen. Wurmthaler kritisierte die mit 40 Prozent enorm große Zunahme bei den durch Störungen ausgelösten kurzfristigen Zugausfällen. Dies rechtfertige die Verwarnung. Dem stimmten alle Fraktionen zu, wenngleich mehrere Redner eine Vertragskündigung für unrealistisch halten. Einige Regionalräte forderten aber Nachverhandlungen mit der Bahn über höhere Strafzahlungen.

Für Unmut im Verkehrsausschuss sorgte der Umstand, dass die Bahn seit vier Jahren Verbesserungen ankündige, „ohne dass sich die Pünktlichkeit nennenswert verbessert hat“, klagte der SPD-Regionalrat Harald Raß. CDU-Regionarat Rainer Ganske forderte den „Gesamtkonzern Bahn auf, endlich zu liefern“. Eva Mannhardt (Grüne) und Bernhard Maier (Freie Wähler) unterstrichen, dass die Region von sich aus alles getan habe für Verbesserungen. „Wir sind mit unserem Latein am Ende“, sagte Mannhardt. Und Maier stellte mit „Frustration und Hilflosigkeit“ fest, dass „die öffentliche Hand mit ihren Mitteln Verbesserungen bezahlt, die Bahn profitiert davon und gibt eine miserable Leistung ab.“

Zugleich beschloss der Verkehrsausschuss, dass die zehn neuen S-Bahn-Züge, die mehr als 80 Millionen

Die Verbesserungen kosten rund 800 000 Euro pro Jahr

Euro kosteten, einerseits als Reserve vorgehalten werden. Dazu gehört der Einsatz bei sogenannten überschlagenen Wenden. Darunter versteht man, dass an den Endhaltestellen (oder wichtigen Zwischenstationen) zur Reserve ein S-Bahnzug bereit steht, der auch dann pünktlich abfährt, wenn der ankommende und eigentlich zur Weiterfahrt in Gegenrichtung vorgesehen Zug verspätet ankommt. Diese überschlagenen Wenden werden seit 2016 in Weil der Stadt und Stuttgart-Vaihingen gemacht, vom 10. April an soll es sie auch in Filderstadt und in Schorndorf geben.

Außerdem sollen die neuen Züge von Juni 2017 an die Kapazität im Freizeitverkehr erhöhen, wo es eine besonders hohe Nachfrage gibt. So sollen auf der Linie S 2 am späten Nachmittag in drei Umläufen Lang- statt Vollzüge eingesetzt werden – also drei statt zwei aneinandergekoppelte S-Bahnzüge. Voll- statt Kurzzüge werden künftig auf den Linien S 1 und S 2 an Abenden und im Nachtverkehr am Wochenende auf die Fahrt geschickt. Auf den Linien S 4, S 5 und S 6 wird dies nur am Wochenende angeboten. Außerdem sind an Samstagen auf allen Linien früher als bisher – nämlich schon ab 7 bis 8.30 Uhr – Vollzüge unterwegs. Bisher gab es bis 9 Uhr nur Kurzzüge. Diese Verbesserungen kosten den Verband rund 800 000 Euro pro Jahr.

„Auch wenn der Ansatz mit den Wenden grundsätzlich richtig ist, müssen alle Reserven morgens zum Einsatz kommen, wenn die Nachfrage am höchsten ist“, forderte hingegen Matthias Lieb, Vorsitzender des Verkehrsclubs Deutschland. Dann könnten dort zwei- auf dreiteilige Züge verlängert werden. Dies erhöhe den Komfort und beschleunige das Ein- und Aussteigen, was auch ein Beitrag zur Pünktlichkeit sei.