„Schnellstmöglich“ soll die neue S-Bahn vom Typ ET 430 wieder fahren, sagt der Hersteller. Wann das ist, bleibt offen. Die Region plant einen besseren Takt – finanziert durch Entschädigungen?

Berlin - In der Deutschlandzentrale des kanadischen Flugzeug- und Zugherstellers Bombardier in Berlin versucht man sich am Donnerstag in Schadensbegrenzung, nachdem die Stuttgarter S-Bahn am Mittwoch die neuen ET 430 wegen des störanfälligen Tür- und Trittbrettsystems aus dem Verkehr genommen hat. „Wir arbeiten zusammen mit dem Hersteller Faiveley mit Hochdruck daran, die Störungen zu beheben“, sagte der Pressesprecher Sebastian Heindrichs. Wie lange das dauert, ob sogar bis zum Jahresende, wie der S-Bahnchef Hans-Albrecht Krause vermutet, dazu wollte Heindrichs nichts sagen. „Wir setzen alles daran, damit die Züge schnellstmöglich wieder zum Einsatz kommen“, betonte er. Bombardier bedauere die Unannehmlichkeiten für die Fahrgäste. Heindrichs räumte ein, dass es „unsere Aufgabe ist, eine Bahn zu liefern, die reibungslos funktioniert“. Deshalb suche man die Schuld „nicht bei anderen Beteiligten“.

 

Manche blicken bang dem Winter entgegen

Zur genauen Ursache wollte Heindrichs nichts sagen. In den „intensiven Testphasen“ im Vorfeld der Auslieferung sei die Störung jedenfalls nicht aufgetreten. Das Unternehmen erklärt aber, dass sowohl die Einstellung der Türen und der Schiebetritte als auch die Überwachungssensorik überprüft werden müssten. Nach Angaben Krauses reichen rein mechanische Veränderungen an Türen und Tritten nicht aus, auch die Steuerungssoftware müsse verbessert werden. Da sie auch sicherheitsrelevante Elemente enthalte, gehe er davon aus, dass das Eisenbahnbundesamt zumindest Teile davon neu genehmigen müsse.

Bahnexperten, aber auch Mitglieder im regionalen Verkehrsausschuss hinterfragen zudem die eingesetzte Schiebetritttechnik. Andere Hersteller setzten auf einen Klappmechanismus für den Tritt. Dieses System sei weniger anfällig, und der Vorgang gehe schneller, was für die Stuttgarter S-Bahn wegen des engen 2,5-Minuten-Takts im Tunnel der Stammstrecke wichtig wäre. Zudem blicken manche bang dem Winter entgegen: das Schiebesystem könne bei niedrigen Temperaturen, Eis und Schneefall einfrieren, befürchten sie.

Entschädigungszahlen ungewiss

Ebenfalls noch ungeklärt ist, ob und in welcher Form es Entschädigungszahlungen gibt. „Bei uns hat die Behebung der Störung Priorität“, sagt Heindrichs. Auch bei der Bahn und dem Verband Region Stuttgart gibt man sich in dieser Frage bedeckt. Im Internet, auf Facebook und gegenüber dem VVS erheben erboste Fahrgäste Forderungen nach einer Entschädigung. In der Vergangenheit gibt es nach anhaltenden Störungen im S-Bahnbetrieb dafür Beispiele: So konnten Fahrgäste an Wochenenden kostenlos fahren oder ohne Ticket eine zweite Person mitnehmen. An Rückzahlungen von Fahrpreisen ist momentan nicht gedacht, heißt es aus Nahverkehrskreisen. Darüber müsste im Übrigen nicht der VVS, sondern der Verband Region Stuttgart und die Bahn entscheiden.

Allerdings denken verschiedene Regionalpolitiker an eine ganz andere Lösung. Namentlich der CDU-Regionalrat Rainer Ganske brachte ins Gespräch, dass der Verband Region Stuttgart als Aufgabenträger finanzielle Regressansprüche wegen des ET 430 gegenüber der DB Regio prüfen solle. Die Bahn wiederum könne dies dann gegenüber Bombardier in Rechnung stellen. Aus diesen Entschädigungen könnten dann weitere Angebotsverbesserungen im S-Bahnverkehr finanziert werden. So will die Region beispielsweise mehr Fahrten im 15-Minuten-Takt und den Einsatz längerer Züge auf der S 1, was jährlich mit Kosten von 2,1 Millionen Euro zu Buche schlägt. Darüber wird Mitte Juli entschieden.

Der gesamte Themenkomplex soll auf dem S-Bahn-Gipfel mit allen Beteiligten im September besprochen werden. Ob daran auch Bombardier teilnimmt, wie von den Regionalpolitikern gefordert, ließ der Firmensprecher Heindrichs gestern offen. Für die Regionalpolitiker geht es auf dem Treffen aber nicht nur um den ET 430. Auch andere Betriebsschwierigkeiten wie Baustellen und Signaltechnik müssten besprochen werden. „Oberstes Ziel muss sein, dass die S-Bahn pünktlich fährt“, fordern sie.