Im Verkehrsausschuss der Region hat die Bahn eingeräumt, dass höhere Investitionen in die Infrastruktur zwingend notwendig sind. Von Dezember an soll mehr Personal in stark belasteten Stationen eingesetzt werden

Stuttgart - Mit mehr Personal auf stark frequentierten Stationen will die Bahn die Zuverlässigkeit und die Pünktlichkeit der S-Bahn in der Region wieder steigern. Im Frühjahr soll zudem ein umfassendes Konzept vorgelegt werden, um die stabile Einhaltung der Fahrpläne zu gewährleisten. Dafür sind allerdings in Zukunft höhere Investitionen in den Erhalt und den Ausbau der Infrastruktur notwendig. Das hat die Bahn am Mittwoch beim S-Bahn-Gipfel des Verbands Region Stuttgart (VRS) erklärt.

 

Wegen der zunehmenden Beeinträchtigungen auf allen S-Bahn-Linien in der Region steht die Bahn seit mehreren Jahren heftig in der Kritik. Im laufenden Jahr hat sich die Zuverlässigkeit in der Region allerdings weiter erheblich verschlechtert. Darüber äußerten auch die Regionalräte im Verkehrsausschuss ihren Unmut.

Hans-Albrecht Krause, Sprecher des S-Bahnbetreibers DB Regio AG, räumte ein, dass im „Horrormonat Juni 2013“ nur knapp 68 Prozent der Züge im Berufsverkehr geringe Verspätungen bis zu drei Minuten hatten. Das restliche Drittel sei erheblich unpünktlicher gewesen. Im September verbesserte sich diese Quote auf knapp 76 Prozent – weit weniger, als der S-Bahn-Besteller VRS von der Bahn verlangt.

Krause nennt umfangreichen Baustellenverkehr als Ursache

Als Ursachen nannte Krause neben einem umfangreichen Baustellenverkehr vor allem 17 große Störungen an Weichen und Signalen im Juni sowie die Ausfälle von vier neuen S-Bahnen vom Typ ET 430 mit „dramatischen Folgen“ in der Hauptverkehrszeit. Von Januar bis August 2013 waren die DB Regio und die DB Netz nach seinen Angaben für jeweils 15 Prozent der Störungen verantwortlich. Diese lösten im eng getakteten S-Bahn-System wegen der fehlenden Spielräume aber mehr als doppelt so viele „Folgeursachen“ aus, weil Verspätungen wegen fehlender Zeitreserven nicht mehr kompensiert werden konnten. „Bei Verspätungen von sechs Minuten sind viele Anschlüsse für Pendler weg“, so Krause.

Um die Lage zu verbessern, will Krause auf Bahnsteigen an der überlasteten Stammstrecke „um jede Sekunde“ kämpfen. Nach Aussage der DB Netz halten in den Hauptverkehrszeiten dort vier von fünf S-Bahnen (79 Prozent) viel länger als im Fahrplan vorgesehen. Unter anderem komme es auch durch das „veränderte Einstiegsverhalten der Reisenden“ immer wieder zu Verzögerungen.

Das Aus- und Einsteigen soll beschleunigt werden

Deshalb will die Bahn den Aus- und Einstieg an den Stationen unter dem Hauptbahnhof und in der Stadtmitte beschleunigen. Vom Dezember an wird es auf diesen stark frequentierten Bahnsteigen eigenes Personal eingesetzt, um wartende Fahrgäste besser auf alle Türbereiche zu verteilen. Außerdem sollen sich bei den S-Bahnen vom Typ 423 die Türen nach der Einfahrt zentral öffnen. Nach dem Einbau von Kameras und Monitoren für die Zugführer sollen diese alle Türen zentral öffnen und schließen, um die Haltezeiten zu verkürzen. Diese Schritte sollen bis Mitte 2014 umgesetzt werden. Das neue Verfahren gilt auch für die neuen Züge vom Typ 430, die im Sommer wegen unbrauchbarer Schiebetritte und Pannen aus dem Verkehr gezogen wurden. Sie sollen von Mitte Dezember an nach und nach wieder in Dienst gestellt werden – mit abgeschaltetem Schiebetritt.

Lars Grübnau, Produktionsleiter bei der DB Netz AG, räumte im Verkehrsausschuss selbstkritisch ein, dass neben kürzeren Haltezeiten „weitere systemstabilisierende Maßnahmen zwingend erforderlich sind“. Die von 2011 bis jetzt zusätzlich investierten 15 Millionen Euro für vorbeugende technische Maßnahmen reichten nicht aus. Bei der Signaltechnik verzeichnet man zwar erste Erfolge. Dennoch sei es notwendig, in präventive Maßnahmen, vor allem im Bereich Stellwerke, zu investieren. Dafür gebe man im 2014 Jahr zusätzliche sieben Millionen Euro aus.

„Es gibt viele Indizien, die aufzeigen, dass das System keine ausreichende Erholungsfähigkeit mehr besitzt“, sagte Grübnau. Die technische Infrastruktur habe in diesem Jahr im Schnitt täglich 90 Minuten Verspätung verursacht. Vor sechs Jahren lag dieser Wert noch bei 59 Minuten. Um die Ausfälle zu verringern, müssten in Stellwerken zahlreiche Relais ausgewechselt und viele Weichen modernisiert werden. Als eine wesentliche Ursache für die Engpässe im Schienennetz nannte Grübnau neben Bauarbeiten auch die „eingeschränkte Gleisnutzung im Hauptbahnhof“ sowie die „steigende Belegung der S-Bahngleise durch den Regionalverkehr“. Davon sei vor allem der stark befahrene Abschnitt zwischen Bad Cannstatt und dem Hauptbahnhof betroffen.

Nach Angaben des VVS hat der Bedarf an Auskünften stark zugenommen. „Aber bei größeren Störungen stößt die Fahrgastinformation an ihre Grenzen“, erklärte Florian Bitzer, Technikchef beim VVS. Deshalb müsse man die Störfallinformation verbessern. Bis Herbst 2014 soll es deshalb neben zug- auch linienbezogene Informationen für die VVS-Kunden geben.