Die Rolltreppen und Aufzüge in den S-Bahnen in der Region Stuttgart stehen zu oft still. Die Fahrgäste sind verärgert. Jetzt verspricht der Chef der zuständigen Bahntochter Abhilfe.

Stuttgart - Das Problem der defekten Rolltreppen und Aufzüge im S- und Regionalbahnnetz der Region Stuttgart ist jetzt Chefsache. André Zeug, Vorsitzender des Vorstands der Bahntochter DB Station & Service, die deutschlandweit für die Bahnhöfe und ihre Einrichtungen zuständig ist, hat nach einer Intervention des grünen Bundestagsabgeordneten Matthias Gastel aus Filderstadt (Kreis Esslingen) angekündigt, die Aufzüge und Treppen in den stark frequentierten Stationen Hauptbahnhof und Stadtmitte öfter warten und zügig modernisieren zu lassen.

 

Der VVS-Werbespruch „Dinner, Disco, Ditzingen – alles an einem Tag“ hatte am Montag – wie berichtet – auf Twitter unter dem Hashtag #VVSSprüche viele Nachahmer gefunden, darunter auch: „Fahrstuhl defekt, Rolltreppe defekt, S-Bahn defekt – alles an einem Tag“, was ein Schlaglicht auf die Missstände wirft. Die defekten Aufzüge und nicht funktionierenden Rolltreppen hatten in verschiedenen Bahnhöfen der Region in den vergangenen Monaten für großen Unmut gesorgt – zumal, weil es lange Zeit dauerte, bis sie repariert oder modernisiert waren. Gehbehinderte, Rollstuhlfahrer und Eltern mit Kinderwagen sind davon besonders betroffen.

Die Rolltreppen stehen in der Haltestelle Stadtmitte

So auch am Mittwoch in der Haltestelle Stadtmitte/Rotebühlplatz: Weil die Rolltreppen zur S-Bahn-Ebene standen, mühte sich ein Mann mit Krücken die Treppe hinunter. Auch im vergangenen Jahr fielen die Anlagen wochenlang aus – weil sie defekt waren oder weil alte Treppen durch neue ersetzt wurden.

Nach Angaben der Bahn wird Ende Februar die Rolltreppe zur Calwer Passage fertig, Meinungsverschiedenheiten mit der Stadt in technischen Details sorgten nochmals für eine zweimonatige Verzögerung. Die Rolltreppen zum Ausgang Büchsenstraße sollen Mitte 2015 ausgetauscht werden. Auch der Schrägaufzug fällt immer wieder aus, die häufigste Ursache laut Bahn – Vandalismus. Im Hauptbahnhof streikte eine Rolltreppe just in der Zeit, als wegen der S-21-Bauarbeiten die Umsteigewege vom Fern- und Regionalverkehr zur S-Bahn deutlich länger wurden. Vor dem Aufzug in der Bahnhofshalle bildeten sich lange Schlangen.

In der übers Internet einsehbaren VVS-Liste der nicht funktionierenden Aufzüge und Rolltreppen tauchen derzeit (Stand 21. Januar 2015) neun Standorte auf: die Bahnhöfe in Bietigheim-Bissingen, Esslingen, Tamm, Weil der Stadt, Waiblingen, Winterbach sowie in Stuttgart die Haltestellen Österfeld, Österreichischer Platz und Universität. Bei den 100 Aufzügen und 70 Rolltreppen der Bahn im VVS-Gebiet stehen durchschnittlich mindestens zehn still. Sie sind nicht an eine Zentrale angeschlossen.

Stadt und SSB haben ein eigenes System

Auf der Liste sind allerdings nicht die Anlagen aufgeführt, die von der SSB und der Stadt betrieben werden. Das sind in Stuttgart 119 Rolltreppen und 55 Aufzüge. Die Fahrtreppenzentrale des städtischen Tiefbauamts erhält automatisch eine Störungsmeldung bei einem Defekt, im Schnitt sind etwa fünf Prozent der Anlagen nicht in Betrieb. Sowohl Bahn und Stadt geben für die Reparatur und Wartung jährlich jeweils mehr als 1,2 Millionen Euro aus.

Der Filderstädter Bundestagsabgeordnete Matthias Gastel hatte die Missstände im S-Bahn-System scharf kritisiert. Er begrüße zwar, dass der Verband Region Stuttgart erneut auf einem S-Bahn-Gipfel Maßnahmen voranbringen will, die die Zahl der Verspätungen und Zugausfälle reduzieren. Er forderte die Bahn aber auch auf, mehr Geld in die Infrastruktur zu stecken. Immer wieder sorgen technische Defekte für Verspätungen: am Dienstag funktionierte ein Stellwerk in Waiblingen nicht, am Montag gab es Weichenstörungen in Bad Cannstatt und Sindelfingen. Regionalpolitiker und Gastel fordern deshalb, dass die Bahn öfter Zustandsberichte liefert, in denen die Schwachstellen benannt sind.

Die Region hat keine Sanktionsmöglichkeiten

Zu den Problemen der S-Bahn gehörten auch defekte Anzeigetafeln, nicht funktionierende Aufzüge und Rolltreppen und unzureichend gereinigte Bahnsteige – für all dies sei aber die Tochter DB Station&Service zuständig, mit denen der Verband als Aufgabenträger der S-Bahn keinen Vertrag habe. „Die Region zahlt zwar für die Nutzung der Bahnhöfe durch die S-Bahnen, bei Mängeln hat sie aber keine Sanktionsmöglichkeiten“, sagt Gastel. Mit diesem Thema, das auch anderen Aufgabenträgern unter den Nägeln brennt, wollen sich der Eisenbahninfrastrukturbeirat und die Bundesnetzagentur beschäftigen.

Konkreter sind die Antworten, die der DB Station&Service-Vorstandschef dem grünen Bundestagsabgeordneten gibt. Im Hauptbahnhof ließen sich Unannehmlichkeiten durch Stuttgart 21 nicht vermeiden, erklärte Zeug. Die Bahn versuche den Reisenden das Umsteigen aber zu erleichtern. So stehe nicht nur der Aufzug in der Kopfbahnsteighalle zu Verfügung, sondern zwei weitere in der Klettpassage, die über den Nordausgang barrierefrei zu erreichen seien – allerdings verschweigt Zeug, dass dafür ein gehöriger Umweg nötig ist. Zudem würden die Wartungsintervalle bei den Aufzügen verkürzt.

Nur Kanzleitrost?

Die Rolltreppen in der Station Stadtmitte würden nach und nach durch moderne Anlagen ersetzt, für die alten fehlten trotz einer eigenen Ersatzteillagerung oft die Austauschteile. Zudem sei die Bahn „zum großen Teil auch von unserem Dienstleister abhängig“. Nach Abschluss des Austauschprogramms werde sich aber die Verfügbarkeit der Rolltreppen „deutlich verbessern“, verspricht Zeug.

Ob dieses Versprechen gehalten werden kann, daran zweifelt Gastel, den Zeugs Schreiben schon ein bisschen an Kanzleitrost erinnert. Immerhin scheint die Bahn nun genauer nachzusehen: Das Bedientableau für den Aufzug im Hauptbahnhof, das keinen allzu guten Eindruck mehr machte, sei repariert worden, hat der regelmäßige Bahnfahrer Gastel festgestellt.