Die Bundespolizei sichtet Videos von der S-Bahnhaltestelle im Stuttgarter Hauptbahnhof. Sie sucht nach dem Besitzer eines roten Metallfolienballons, der am Donnerstagabend in die Oberleitung flog und den S-Bahn-Verkehr lahm legte.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Punkt 16 der Hausordnung für Bahnhöfe stellt es klar: „Nicht gestattet ist das Mitführen von metallbeschichteten Luftballons (Lebensgefahr aufgrund der stromführenden Oberleitung).“ Am Donnerstag wurde klar, warum das so geregelt ist: Nicht nur, weil jemand einen Stromschlag erleiden kann, wenn er die Schnur hält. Sondern auch, weil ein Kurzschluss entstehen kann wie bei dem Zwischenfall in der Station am Hauptbahnhof.

 

Ein Luftballon war vermutlich einem Kind kurz nach 19 Uhr in der unterirdischen S-Bahnhaltestelle des Hauptbahnhofs davon geflogen. Er verfing sich in der Oberleitung. Durch den Kurzschluss und den dabei entstandenen Funkenflug brannte ein Tragseil der Oberleitung durch, sodass sich diese herabsenkte.

Der Schaden war nicht nur für die Personen in der Bahn und der Haltestelle sofort bemerkbar. Auch am anderen Ende der Stadt habe ein S-Bahnlokführer sofort bemerkt, dass etwas nicht stimmte, schildert ein Sprecher der Bahn. Augenblicke, nachdem es zu dem Kurzschluss gekommen war, meldete der Lokführer starke Stromschwankungen in der Oberleitung an der S-Bahnhaltestelle Universität in Vaihingen. Die Stromschaltzentrale der Bahn, in der Mitarbeiter die Oberleitung überwachen, habe sofort reagiert und die Stromversorgung im Hauptbahnhof unterbrochen. Nach 90 Minuten fuhren wieder S-Bahnen.

Die Bundespolizei sichtet Videoaufnahmen

Der Zwischenfall, hinter dem Augenzeugen im Bahnhof aufgrund der Geräusche eine Explosion witterten, wird nun von der Bundespolizei untersucht. „Wir ermitteln wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr“, sagt Janna Küntzle, Sprecherin der Bundespolizei. Dieser Straftatbestand wird auch dann geahndet, wenn er nicht vorsätzlich, sondern fahrlässig begangen wurde. Zur Aufklärung haben die Ermittler reichlich Material zur Verfügung. In den Haltestellen hängen Videokameras. Die Aufzeichnungen werden nach 48 Stunden überschrieben, da die Bahn sie nicht dauerhaft speichern darf, so sieht es der Datenschutz vor. „Wir haben die Aufnahmen nach dem Vorfall gesichert“, sagt Janna Küntzle. Das erlaubt der Gesetzgeber. Es werde dauern, bis das Material gesichtet und eventuell ein Verursacher gefunden sei, so die Polizeisprecherin. „Wir geben dann eine Fahndungsmeldung raus.“

Sollte die Bundespolizei einen Schuldigen finden, beziehungsweise die Eltern, wenn ein Kind den Ballon in der Hand hatte, so werde die Bahn Regressansprüche geltend machen, so ein Sprecher. Der Schaden ist noch nicht genau beziffert, werde aber wohl zwischen 5000 und 10 000 Euro kosten. Freitag früh war der Schaden wieder behoben. Ähnliche Zwischenfälle seien in Stuttgart bisher noch nicht geschehen, so der Bahnsprecher. „Wir gehen davon aus, dass die Kunden die Hausordnung kennen.“ Sie hänge an den Gebäudeeingängen und sei „eigentlich nicht zu übersehen.“