Jeder fünfte Fluggast nutzt die S-Bahn zur An- und Abreise. Sie und auch die zahlreichen Besucher der Landesmesse wären wegen der Stuttgart-21-bedingten S-Bahn-Sperrung zu Umwegen gezwungen.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Den S-Bahn-Fahrgästen mit Fahrtziel Flughafen, Landesmesse oder Filderstadt drohen Umwege. Für den Bau von Stuttgart 21 soll die Strecke der S-Bahn-Linien 2 und 3 in einem Zeitraum von zwölf Monaten gesperrt werden.

 

Die Zahl der Betroffenen geht in die Millionen. Der Flughafen erhebt regelmäßig Daten, wie sich der Zubringer- und Abholerverkehr auf die verschiedenen Verkehrsträger verteilt. Im Jahr 2017 sind nach Angaben der Flughafen-Pressestelle rund 2,5 Millionen Passagiere mit der S-Bahn an- und abgereist – also rund jeder fünfte Fluggast, der den Filder-Airport nutzt. Zahlen für Messebesucher, die sich auf die roten Bahnen verlassen haben, liegen nicht vor, nicht miteingerechnet sind auch all jene, die von und nach Filderstadt-Bernhausen den Halt am Flughafen nur passieren. Auch sie werden zum Umsteigen gezwungen sein.

Andere Alternativen würden Bauzeit verlängern

Die Idee, die S-Bahn-Strecke zwischen Echterdingen und Flughafen zu sperren ist Ergebnis der vertieften Untersuchungen im sogenannten Planfeststellungsabschnitt 1.3 b, für den derzeit das Genehmigungsverfahren läuft. Er umfasst den Neubau der sogenannten Rohrer Kurve – eines kreuzungsfreien Abzweigs im Wald bei Rohr –, zusätzlicher Weichen in Leinfelden sowie eines dritten Gleises in der bestehenden S-Bahn-Station am Flughafen. Über die Überlegungen der Ingenieure wurde Ende vergangener Woche im Arbeitskreis Baden-Württemberg beraten, einem Gremium der Projektpartner aus Stadt, Land, Region und Bahn. In der Runde auf Arbeitsebene wurde demnach erläutert, dass man vor der Frage stehe, ob die Umbauten im Bestand vorzunehmen sind oder doch eher einem Neubau gleichkommen. Die Gegenüberstellung verschiedener Bauarten habe gezeigt, dass die Vollsperrung am schnellsten zum gewünschten Ergebnis führte. Gegenüber einer Variante mit mehreren kürzeren Sperrpausen könnte so die Bauzeit um bis zu einem Jahr reduziert werden, hieß es dem Vernehmen nach.

Unklar bleibt zunächst, ob die Sperrung der Strecke so lange warten kann, bis die Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) ihre Stadtbahnlinie U 6 bis zum Flughafen und zur Landesmesse verlängert haben. Das soll Ende 2021 der Fall sein. Dann stünde zumindest für Fluggäste aus Stuttgart eine Schienenalternative zur Verfügung. Zudem wird im aktuellen Nahverkehrsentwicklungsplan die Möglichkeit einer neuen Übereckverbindung bei Möhringen ins Gespräch gebracht, die einer künftigen Linie U 17 Fahrten von Vaihingen oder Dürrlewang zur Airport City ermöglicht.

Neue Ideen für Flughafenhalt vergangenes Jahr verworfen

Die Arbeiten am dritten Gleis bedeuten nicht nur eine Streckensperrung, sondern auch, dass sich der Bereich vor den Flughafenterminals über Jahre hinweg in eine Großbaustelle verwandelt. Im vergangenen Jahr waren bahninterne Überlegungen bekannt geworden, wonach statt des Bahnhofs unter der Messepiazza und der ausgebauten S-Bahn-Station auch ein gemeinsamer Halt aller Fern- und Regionalzüge nördlich der Autobahn auf Höhe des Bosch-Parkhauses möglich wäre. Die Projektpartner lehnten dieses Ansinnen ab, und die Richter am Verwaltungsgerichtshof Mannheim erklärten Anfang Dezember bei ihrem Urteil zum Abschnitt 1.3 a (Neubaustrecke und Fernbahnhof), dass sich diese Überlegungen „insbesondere wegen der Entfernung zum Flughafenterminal und zur Messe nicht als eindeutig vorzugswürdig aufdrängen müssen“. Ob sie in Kenntnis der drohenden S-Bahn-Sperrung ebenso argumentiert hätten, bleibt zu hinterfragen.