J. J. Abrams, Macher von „Lost“, „Star Trek“ und „Star Wars“, hat sich mit dem Autor Doug Dorst für ein spektakuläres Buchprojekt zusammengetan: „S. – Das Schiff des Theseus“. Die StZ-Kritikerin Julia Schröder hat es ... nun ja: gelesen.

Stuttgart - Natürlich, ein altes Manuskript . . . Als solle Umberto Ecos „Name der Rose“ ins 21. Jahrhundert überführt werden, dreht sich die Handlung allerdings nicht einfach um ein altes Manuskript, sondern: um ein Manuskript, seine Übersetzung und Bearbeitung durch den Übersetzer, ein altes Buch und zwei bis sieben Personen, die einen Autor suchen und die Liebe finden und den Tod. Aber von vorn.

 

Wer „S.“, das Gemeinschaftswerk von J.  J. Abrams und Doug Dorst, aus dem Schuber zieht, hält eine eindrucksvoll dicke Scharteke in der Hand – mit unübersehbaren Gebrauchsspuren und der Standort-Signatur einer Bibliothek auf dem Rücken. Die Seiten sind vergilbt, viele von ihnen bekritzelt. Zu allem Überfluss trägt das Buch den Titel „Das Schiff des Theseus“, und als Autor wird ein V. M. Straka genannt. Offenkundig liegt ein schwerer Ausnahmefehler vor. Von wem stammen wohl all die Postkarten, alten Fotos, Zeitungsausschnitte, Briefe, verblichenen Kopien, bekritzelten Servietten, die einem beim Blättern entgegenpurzeln?

„Liebeserklärung an das geschriebene Wort“

Hätte man sich die Rückseite des erwähnten Schubers angeschaut, hätte man bereits alles erfahren, was man über „S.“ wissen muss: warum das „Schiff des Theseus“ für zwei junge Menschen an einer US-Uni zum Mittel des Austauschs und der Annäherung wird, dass ein großes Geheimnis den Roman und seinen Autor V. M. Straka umgibt, dass es um den tödlichen Kampf zwischen undurchschaubaren Mächten geht und wie die beiden Autoren „S.“ gemeint haben. Als „Liebeserklärung an das geschriebene Wort“ nämlich.

Aber lesen wir rein in den Roman von V.  M. Straka, in dem ein Mann ohne Gedächtnis auf ein rätselhaftes Schiff verschleppt wird! Wobei das leichter gesagt ist als getan, das Reinlesen. „Das Schiff des Theseus“ beginnt mit einem Vorwort des Übersetzers F. X. Caldeira, erster Satz: „Wer war V. M. Straka?“ Damit ist das größte Rätsel in diesem Labyrinth von Referenzen benannt. Sich durch all die Gerüchte um Straka durchzubeißen, Gerüchte von „Sabotage, Spionage, Verschwörung, Unterwanderung, Diebstahl und Mord“ ist auch für geübte Vorwort-Leser erschwert, denn gleich geht es los mit den Randnotizen der beiden Jungakademiker, der Studentin Jen und des relegierten Doktoranden Eric: „Ach, übrigens: In Bezug auf F. X. Caldeira hast du was Wichtiges völlig übersehen. – Dass er ein kompletter Spinner ist? Der Meinung sind nämlich so gut wie alle ernstzunehmenden Straka-Kenner.“