Der Daimler-Betriebsrat will den Konflikt im Werk Sindelfingen per Verhandlung lösen. Am Dienstag könnte es einen neuen Anlauf geben.

Stuttgart - Der Daimler-Betriebsrat will den Streit mit dem Management über die Planung von Produktion und Arbeitszeiten in der S-Klasse-Fertigung doch noch auf dem Verhandlungsweg beilegen. Möglicherweise werden am nächsten Dienstag im Anschluss an eine Betriebsversammlung im Werk Sindelfingen Verhandlungen mit der Personalabteilung des Werks stattfinden. Dies zumindest bietet Daimler-Betriebsratschef Erich Klemm an. Nach Angaben des Unternehmens ist der entsprechende Termin bereits seit Längerem vereinbart, kann aber zu Gesprächen genutzt werden. Voraussetzung, so heißt es in der Personalabteilung, sei aber die Bereitschaft der Arbeitnehmervertretung, von der bisherigen Position abzurücken.

 

Parallel dazu läuft der Konflikt auf einer zweiten Ebene jedoch weiter. Am 8. Oktober hatte die Unternehmensleitung beim Arbeitsgericht die Bildung einer Einigungsstelle beantragt, nachdem es in den Verhandlungen zuvor noch zu keiner Lösung gekommen war. Ende September wurde die Betriebsvereinbarung zur Arbeits- und Betriebszeit in der S-Klasse-Montage gekündigt. Für die Einigungsstelle, die unter einem neutralen Vorsitzenden (in der Regel einem Arbeitsrichter) einen bindenden Kompromiss ausarbeitet, gibt es offenbar bereits einen Termin, der auf Ende Oktober angesetzt sein soll.

Von der S-Klasse zur C-Klasse

Nach Klemms Ansicht ist das viel zu spät, da dann bereits ein Drittel des vierten Quartals vorbei ist. Zudem, so sagte er, berge der Spruch für beide Seiten Risiken. Klemm versteht ohnehin nicht, weshalb Daimler in Sindelfingen nicht so wie in den Jahrzehnten zuvor eine Einigung auf dem Verhandlungsweg gesucht hat. Denn eine Einigung sei greifbar nahe gewesen. „In Sindelfingen wurde noch nie ein Auto nicht gebaut oder zu viel gebaut, weil es zu keiner Regelung mit dem Betriebsrat kam“, wird Klemm in einem Flugblatt zitiert.

Den Hintergrund des Konflikts bildet der Generationswechsel bei der S-Klasse, der im kommenden Jahr erfolgt. Wie in solchen Zeiten stets üblich, sinkt die Nachfrage nach dem alten Modell. Die Unternehmensleitung will die Produktion der geringeren Nachfrage anpassen und vom Zwei- auf den Einschichtbetrieb umschwenken. Aus Sicht des Betriebsrats sind sich die Beteiligten zunächst darüber einig gewesen, dass zwischen Früh- und Spätschicht gewechselt wird. Solch eine Regelung läge im Interesse der Beschäftigten, weil sie in jeder zweiten Woche die Spätschichtzuschläge in Höhe von etwa elf Prozent erhalten würden und die bisherige private Lebensgestaltung beibehalten könnten. Einschichtbetrieb mit Wechselschicht, so heißt es beim Betriebsrat, gebe es in Sindelfingen häufig. Die zweite Hälfte der S-Klasse-Beschäftigten soll in die C-Klasse-Montage wechseln und dort Leiharbeiter ersetzen, die ihren Job verlieren würden.

Die Sparpläne machen dem Betriebsrat keine Angst

Mittlerweile sieht sich der Betriebsrat weiteren Forderungen gegenüber. So verlangt das Unternehmen eine weitere Flexibilisierung der Arbeitszeit und will aus Sicht der Arbeitnehmervertreter dabei die Mitbestimmung des Betriebsrats umgehen. Umstritten sind die Arbeitszeitkonten, auf denen bisher Salden zwischen 50 Überstunden und 100 Fehlstunden entstehen dürfen. In der S-Klasse-Montage mit ihren 2500 Beschäftigten sind die Konten tief im Minus. Verärgert hat die Belegschaft auf Vorwürfe reagiert, Mehrarbeit werde nicht genutzt, um die Salden zu reduzieren; vielmehr ließen sich Mitarbeiter Überstunden und Sonderschichten lieber ausbezahlen. Grund für die Minusstände sind nach Klemms Darstellung aber vielmehr zahlreiche Umbauten in der Produktion, die immer wieder dazu geführt hätten, dass Schichten abgesagt werden mussten.

Die Sparpläne von Konzernchef Dieter Zetsche versetzen Klemm nicht in Alarmstimmung. „Ich sehe keinen, der die große Keule schwingen will“, sagte der Betriebsratschef. Er habe die Zusicherung, dass es bei den geplanten Einsparungen nicht um Personalabbau gehe. Bei dem Programm, das intern „Fit for Leadership“ heißt, geht es nach Klemms Verständnis darum, Entscheidungswege zu verkürzen.