Die Initiative „Stuttgart laufd nai“ befürchtet, dass die Verwaltung den beschlossenen Parkplatz-Abbau in der City nicht ernsthaft verfolgt. Doch die Stadt widerspricht energisch: OB Fritz Kuhn habe sogar um Ideen gebeten, wie die Eberhardstraße bereits im kommenden Jahr autofrei werden könne.

S-Mitte - Die Weichen für mehr Urbanität hat der Gemeinderat im vergangenen Jahr am 26. Juli gestellt: mit dem sogenannten Zielbeschluss „Eine lebenswerte Stadt für alle“ (31 Stimmen dafür, dagegen 27, eine Enthaltung) sollten rund 150 bis 200 oberirdische Parkplätze innerhalb des Cityrings in Flanierzonen umgewandelt werden. Das öko-soziale Lager bekräftigte, dass vom Cityring künftig nur noch jene zu den Parkgaragen im Zentrum abbiegen sollen, die wirklich in den Garagen parken. Auch die Poser, die sich mit ihren PS-starken und röhrenden Autos nur zur Schau stellen wollen, sollten keine Chance mehr haben. Zuletzt soll auch der Lieferverkehr besser organisiert werden.

 

Damals sagte etwa der Stadtrat Andreas Winter von den Grünen: „Ich könnte mir die Eberhardstraße gut als Fußgängerzone vorstellen.“

Von diesen Zielen, so schimpft die Initiative „Stuttgart laufd nai“ sei „nichts umgesetzt“. „Nun ist die Verwaltung verpflichtet, alle Planungen innerhalb des Cityrings auf den Zielbeschluss abzustimmen“, fordert die Bündnissprecherin Susanne Jallow in einer Pressemitteilung.

Parallel dazu hätte die Initiative Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) „einen Brief geschrieben, in dem wir ihn bitten, seine Weisungsbefugnis als Chef der Verwaltung zu nutzen, und seine Ämter und Referate anzuweisen, dem Zielbeschluss zur lebenswerten Stadt für alle zu folgen.“

Kritik am Ordnungsamt

Hintergrund der Bitte ist eine Vermutung der Initiative: „Das Referat Sicher, Ordnung und Sport will trotz des Zielbeschlusses die Parkplätze in der Eberhardstraße erhalten. Das ist ganz klar ein Verstoß gegen die demokratischen Spielregeln in der Stadt. Das Referat hat den Beschlüssen des Gemeinderats zu folgen.“

Gleichzeitig habe man Oberbürgermeister Fritz Kuhn auch ein Treffen angeboten. „Aber er hat sich mit Aufbruch Stuttgart getroffen, mit den Zweirad-Leuten will er sich zum zweiten Mal treffen – nur ,Stuttgart laufd nai‘ hat er bisher ignoriert - und das obwohl er die Idee zur autofreien Innenstadt adoptiert hat“, kritisiert Susanne Jallow.

Stadtrat Christoph Ozasek von der Linken schlägt in dieselbe Kerbe: „Die Entfernung der Pkw-Stellplätze in der Eberhardstraße wird zum Gradmesser, ob die Verwaltung willens ist, den Zielbeschluss praktisch umzusetzen.“

Damit wird die Eberhardstraße zu einer symbolischen Kampfzone im Streit um eine autofreie Innenstadt. Sollte sich daran auch in nächster Zukunft nichts ändern, will „Stuttgart laufd nai“ weiter kämpfen: „Wir werden weiter Druck machen und für die Umsetzung unserer Ziele streiten“, sagt Susanne Jallow und droht der Stadt: „Wir haben uns immer die Option offen gehalten, ein Bürgerbegehren zu initiieren – wir können das jederzeit starten und sind mit 23 Mitgliedsorganisationen auch schlagkräftig genug, das erfolgreich umzusetzen.“ Diese komme jedoch nur in Frage, wenn die Umsetzung nicht klappe und Gemeinderat und Verwaltung entgegen den Zielbeschlüssen handele.

Stadt weist Kritik energisch zurück

Ein Sprecher der Stadt reibt sich ob der Aussagen von Susanne Jallow verwundert die Augen. Selbst mehrfaches Nachfragen in der Verwaltung konnten die Vorwürfe von „Stuttgart laufd nai“ nicht bestätigen. „Die Stadt hat einen klaren Arbeitsauftrag vom Gemeinderat erhalten. Es geht darum, mehr Raum für Fußgänger und Radfahrer zu schaffen, die Zufahrten zu den Tiefgaragen und Parkhäusern zu ändern, die oberirdischen Stellplätze zu beseitigen und ein nachhaltiges Citylogistikkonzept zu planen“, sagt Sven Matis und führt weiter aus: „Dazu wird die Stadt jetzt eine Machbarkeitsstudie erarbeiten. Die neue, verantwortliche Kollegin hat am Mittwoch ihren Dienst im Stadtplanungsamt aufgenommen. Die Verwaltung arbeitet den Auftrag des Gemeinderats selbstverständlich ab, kein Referat blockiert, wie es moniert wird.“ Im Übrigen prüften die Mitarbeiter im Stadtplanungsamt, was kurzfristig getan werden kann, um die Eberhardstraße für Fußgänger und Radler attraktiver zu machen. Auch OB Fritz Kuhn hat um Ideen gebeten, wie die Straße bereits im kommenden Jahr autofrei werden könne.

Das Ordnungsamt hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass entfallene Plätze für Taxi, Behinderte, Elektroladeplätze an anderer zentraler Stelle kompensiert werden könnten.