Die Hofschaumbühne bietet Menschen mit psychischen Leiden seit 18 Jahren Struktur und Gemeinschaft. Vielen der Laien-Darsteller gibt die Arbeit auf der Bühne eine Struktur und ein Ziel im Leben.

S-Nord - Es ist immer ein ganz tolles Gefühl, wenn das Publikum applaudiert“, sagt Andreas Kizinski. Das große Hobby des 63-Jährigen ist die Schauspielerei. Vom Dichter über den Walfänger bis zum König Wilhelm – in seinen mittlerweile fast zwei Jahrzehnten auf der Bühne ist Kizinski schon in die verschiedensten Rollen geschlüpft. Zu seinem Hobby kam er aber nicht etwa durch den Besuch einer Theater-AG in der Schule. Andreas Kizinski entdeckte seine Leidenschaft für die Schauspielerei bei einem Aufenthalt in der Psychiatrie.

 

Es war im Jahr 1994, als Kizinski Patient im Zentrum für Seelische Gesundheit (ZSG) im Bürgerhospital im Norden war, als sich dort eine Theatergruppe mit dem Namen Hofschaumbühne gründen wollte und nach Mitgliedern suchte. Mitarbeiter der Einrichtung für Menschen mit psychischen Erkrankungen waren genauso willkommen wie Patienten. „Ich war interessiert und bin zum Gründungstreffen gegangen“, erinnert sich der 63-Jährige. „Mit ein paar Pausen bin ich bis heute dabei geblieben. Das Theaterspielen hilft mir im Leben, gibt mir eine Struktur und ein Ziel.“

Skurrile Komödien mit Musik und Tanz

Initiator des ungewöhnlichen Projekts war Rudolf Straub, Leiter des Sozialdienstes beim ZSG. „Wir wollten unsere Patienten fördern und durch das Angebot in die Normalität führen“, sagt der 63-jährige Sozialpädagoge. „Es hat von Anfang an gut funktioniert.“ Einmal in der Woche, immer donnerstags von 17 Uhr bis 19 Uhr, treffen sich die Laien-Darsteller in einem Gruppenraum über dem Café Fantasia in der Tunzhofer Straße 15. Mitmachen kann jeder, der Interesse hat, die Teilnahme ist absolut freiwillig. „Die meisten Mitglieder der Hofschaumbühne sind Patienten, die in der Nachbetreuung sind“, erzählt Rudolf Straub. „Jemand, der akut ist, eignet sich nicht für die Theatergruppe.“

Träger der Hofschaumbühne ist der Stuttgarter Verein zur Förderung seelisch Kranker und seelisch Behinderter, die Stücke schreibt Straub als Intendant der Bühne selbst. „Immer nach circa zwei Jahren wechseln wir, acht Stücke haben wir seit unserer Gründung gespielt“, erzählt der Sozialpädagoge. Rund zehn Aufführungen im Jahr habe die Hofschaumbühne, zum Beispiel in Kliniken, Psychiatrien oder Jugendherbergen, einmal auch im Rahmen der Pflegetage im Stuttgarter Rathaus. „Wir spielen skurrile Komödien mit Musik und Tanz“, so Straub. „Ich versuche immer, eine Botschaft für die Patienten einzubauen, gewisse Lebensweisheiten.“

Über die Jahre entstehen enge Bindungen

Wichtig ist dem Initiator vor allem der therapeutische Effekt des regelmäßigen, gemeinsamen Schauspielens. „Bei vielen ist über die Jahre eine Bindung entstanden, die ihnen gut tut“, erzählt Straub. „Man fühlt sich aufgenommen, geht auch danach noch miteinander weg.“ Dafür, dass sich auch wirklich jeder trauen kann, bei der Hofschaumbühne mitzuspielen, sorgt die lockere Atmosphäre. „Wenn jemand den Text nicht auswendig kann, darf er ihn auch an der Aufführung ablesen“, sagt der 63-Jährige. Professionalität ist zweitrangig, entscheidend sind die Gemeinschaft und der Spaß. „Im Vordergrund steht der Patient und nicht das Stück“, so Straub. „Wir benutzen das Stück, um unsere Patienten zu fördern und nicht unsere Patienten, um mit einem Stück groß rauszukommen.“