Die AWO feiert 40 Jahre Begegnungsstätte im Alten Feuerwehrhaus, das dringend renoviert gehört. Der Bezirk fordert dafür Unterstützung aus dem Gemeinderat. Das gut 130 Jahre alte Gebäude ist ein wichtiger Treffpunkt für die engagierte Stadtgesellschaft im Süden.

Aus den Stadtteilen: Kathrin Wesely (kay)

Stuttgart - Kartenspiel, Tanz, Gymnastik und Bildungsangebote: Der Saal im ersten Stock des Alten Feuerwehrhauses muss für Vieles herhalten. Seit 40 Jahren wird er von der Arbeiterwohlfahrt (AWO) im Stuttgarter Süden bespielt. Drei feste Mitarbeiter kümmern sich um ein abwechslungsreiches Programm für die älteren Bewohner im Stadtbezirk. Einige Minijobber und Nebenamtliche unterstützen sie bei ihrer Aufgabe. Bei einer kleinen Feier des runden Jubiläums der Begegnungsstätte am Montag kamen zahlreiche Stammgäste und bekannte Gesichter aus dem Bezirk. Das AWO-Team hatte den Saal eigens herausgeputzt. „Wir wollten den Charme der 70er Jahre rausfegen“, sagt die Leiterin des Hauses, Franziska Bolsinger. „Wir haben gestrichen und eine Lese-Ecke eingerichtet.“ Vor allem aber wurden die Wände neu bestückt. Die Fotografen Max Leitner, Josh von Staudach und Tobias Bolsinger haben prächtige, großformatige Farbaufnahmen zur Verfügung gestellt, die dem Raum eine Atmosphäre verleihen. Ihre Fotos zeigen den Ecken- und den Feuersee und andere Stuttgarter Postkartenmotive.

 

Das AWO-Team hat schon mal den Saal verschönert

Leiterin Bolsinger nahm das Jubiläum zum Anlass, einen Blick in die Geschichte des vor mehr als 130 Jahren errichteten Gebäudes zu werfen. Eingeweiht wurde das damals neue Feuerwehrhaus nach Plänen von Stadtbaurat Emil Mayer im August 1888. Hier fand die Freiwillige Feuerwehr der Karlsvorstadt genug Platz für seine Leitern, Spritzen und großes Gerät. Und von dem hohen Turm aus konnte sie Brände nun schneller verorten. 1920 übernahm die Berufsfeuerwehr die Wache, und im Obergeschoss wurde ein Waisenhaus eingerichtet. Ein Duzend Buben lebte hier. Unten eröffnete eine Suppenküche für die Armen im Bezirk, und der Saal wurde von der Schreiber- und der Lerchenrainschule als Sporthalle genutzt. Das blieb so bis zum Zweiten Weltkrieg. Nun wurde der große Saal im Erdgeschoss als Lagerhalle gebraucht. In den ersten beiden Jahrzehnten nach Kriegsende gab es hier wieder Suppe für die Armen. Danach dräute ein Abriss. Doch findige Lokalpolitiker ließen den Turm unter Denkmalschutz stellen, was den Kahlschlag verhinderte. Seit 1979 hat der AWO-Kreisverband Stuttgart die Trägerschaft des Hauses inne.

Die Mühen der AWO um ein erfreuliches Ambiente im Alten Feuerwehrhaus sind auch deshalb bemerkenswert, weil der Zustand des Hauses insgesamt doch eher zu wünschen übrig lässt. Der Bezirksbeirat Süd dringt schon seit Langem auf eine Renovierung. Fraktionsübergreifend hat man sich dort auf einen Antrag zum Haushalt 2020/21 geeinigt und darin einige Vorschläge formuliert, wie das Alte Feuerwehrhaus wieder auf Vordermann zu bringen sei. Neben baulichen Dingen bemängeln die Räte auch unübersichtliche Zuständigkeiten bei der Stadtverwaltung für das Gemeinwesenzentrum im Erdgeschoss.

Zunächst würden die Bezirksbeiräte gerne einen externen Dienstleister beauftragen, der zusammen mit dem Stadtbezirk Ideen für die künftige Nutzung des Gebäudes erarbeitet. Die benachbarten Einrichtungen wie das Generationenhaus Heslach und die im Bau befindliche Stadtteilbibliothek sollen ins neue Konzept einbezogen werden. 50 000 Euro an Haushaltsmitteln fordert der Stadtbezirk hierfür von den Gemeinderäten. Die Stadtverwaltung war zuvor selbst um ein Konzept gebeten worden, ist aber nicht in die Puschen gekommen.

Zuhause für eine engagierte Bürger, die mitreden wollen

Außerdem soll ein Hausmeister her. Immer wieder gibt es Ärger, weil etwa bei Abend- und Wochenendveranstaltungen kein Ansprechpartner da ist. Der Bezirksbeirat fordert darum schon seit Langem die Mittel für eine Hausmeisterstelle. Die Räte schlagen vor, dass der neue Hausmeister sich auch zugleich um das Generationenhaus und die neue Stadtteilbibliothek kümmern könnte.

Die dritte Forderung an den Gemeinderat ist die teuerste: zwei Millionen Euro im Vorgriff auf eine mögliche Generalsanierung des Alten Feuerwehrhauses. Die Gebäudesubstanz ist mürbe, die Technik veraltet, die Einrichtung abgenutzt und Barrierefreiheit nicht gegeben. Eine Kostenschätzung soll demnächst vorliegen. Im Voraus will der Bezirksbeirat Süd schon mal einen Betrag im Haushalt reservieren.

Das Alte Feuerwehrhaus sei die „gute alte Stube“ des Bezirks, schreiben die Räte in ihrem Antrag. Doch hier finden nicht bloß gesellige Abende, Konzerte und Lesungen statt. Hier ist auch der Raum für politische Debatten, manchmal mit harter Bandage. Das alte Gemäuer ist ein gutes Zuhause für eine moderne Stadtgesellschaft, die sich engagiert und mitreden will. Der Bezirk will es und braucht es.