Auf der Karlshöhe sind die die alten Weinstöcke entfernt worden. Nun könnte ein Erlebnisweinberg mit Platz zum Entspannen entstehen. Doch behördlicher Schwergang verzögert die Neubepflanzung. In diesem Jahr passiert wohl nichts mehr.

Aus den Stadtteilen: Kathrin Wesely (kay)

S-Süd - Wüst sieht er aus, der einstige Weinberg auf der Karlshöhe – traditionsreiches Kulturgut, Stolz der Stadt voll blauer Lemberger-Trauben, die dem Vernehmen nach zwar nur einen mäßig erfreulichen Trank ergaben, dafür aber eine elegante Brücke schlugen vom Park auf der Höhe zur dicht bebauten Stadt drunten. Jetzt sind die Weinstöcke herausgerissen, die Wiesen wund und den Mäuerchen fallen die Zähne aus. Dem Spaziergänger bietet sich ein ödes Bild. Und vorerst bleibt das so.

 

Noch ist nämlich nicht klar, wie es weitergeht mit dem Weinberg. Es wird zwar wieder angepflanzt werden – aber was, in welchem Umfang und vor allem zu welchem Zweck, ist offen. Die Denkmalschützer legen ihre schützenden Hände über die kommunalen Weinlagen wie die Stuttgarter Mönchhalde, zu der die Karlshöhe zählt, Cannstatter Zuckerle oder Degerlocher Scharrenberg. Denn sie prägen den Charakter von Stadt und Umgebung.

Verletzte Trauben

Doch die alten Reben auf der Karlshöhe mussten raus. Krankheiten und Pilze hatten die Rebstöcke geschwächt. Die Karlshöhe sei in erster Linie ein Park und diene der Naherholung, da könne die Stadt nicht die Chemiekeule schwingen, erklärt Timo Saier, der das Weingut der Stadt seit Sommer 2016 leitet. Der auf der Karlshöhe angebaute Lemberger sei zudem keine besonders resistente Rebsorte. Eigentlich müsste sie mehrmals im Jahr gespritzt werden. Doch beim Jahrgang 2017 habe man mit Rücksicht auf den Publikumsverkehr ganz auf den Pflanzenschutz verzichtet. In der Folge machten sich Kirschessigfliegen und Pilze über die Trauben her. Trotzdem verteidigt Timo Saier den Verzicht auf Schutzmittel: Die Karlshöhe ist an lauen Abenden einer der beliebtesten Parks der Stadt und natürlich naschen die Leute gern von den Trauben. Für die Pflanzen sei dies übrigens verheerend: „Wenn eine Beere herausgepflückt wird, ist die ganze Traube verletzt. Der Saft tropft auf die Haut der anderen Beeren, und es kommt zu Fäulnis.“ Eine Einzäunung aber hält Saier in einem Park nicht für angemessen.Jetzt, da Tabula rasa gemacht wurde, ist der Weg frei für neue Ideen. Der Diplom-Ingenieur für Weinbau und Önologie würde den einstigen Ertragsweinberg gerne zu einer Art Erlebnisweinberg umgestalten, der mehr der Erholung dient. „Ich könnte mir vorstellen, die Reihen nicht so eng zu pflanzen, sodass genug Platz dazwischen ist, um sich im Schatten der Weinstöcke mit einem Buch ins Gras zu setzen. Die ganze Anlage bekäme einen bürgernahen Charakter.“ Auch ein Schau- oder Lehrweinberg mit resistenten Trauben und Beschilderung hält der Experte für eine gute Idee. Als reiner Ertragsweinberg jedenfalls funktioniere die Karlshöhe nicht recht, sagt Saier. Die Bewirtschaftung der kleinen Parzelle sei zu aufwendig und störe die Besucher. Der Einsatz von Pflanzenschutz sei kritisch, und ein Teil der Weinstöcke stünden ohnehin im Schatten.Die alten Pflanzen sind weg, ein Konzept für die Neubepflanzung ist da. Wann also rücken die Gärtner an? In diesem Jahr nicht mehr, glaubt Timo Saier. Die Sache hängt im Landesamt für Denkmalschutz, das zuständig ist für die Anlage. Zwar hat die Behörde bereits im vergangenen Jahr eine Stellungnahme abgegeben, wonach die ganze Fläche des Weinbergs erhalten werden müsse. Zur Art der Bepflanzung wurde dabei keine Aussage getroffen. Aus Sicht des städtischen Denkmalamtes spräche nichts gegen eine bürgernahe Gestaltung, wie sie Weinbauexperte Saier vorschlägt. Herbert Medek, der die Untere Denkmalbehörde bei der Stadt leitet, kann sich auch nicht recht denken, dass das Landesamt für Denkmalpflege Einwände dagegen hat. Doch dort sinniert man noch über den casus, äußert sich auch nicht und lässt derweil die Pflanzzeit passieren. So bleibt es vorerst wüst auf der Karlshöhe.

Rumliegen zwischen Reben