Über eine Entfernung von 10 000 Kilometern haben sich Unweltaktivisten aus Peru und Stuttgart über Müllprobleme ausgetauscht und ein Recycling-Projekt angeschobenen.

S-Süd - Peru hat ein Müllproblem. Nur 46 Prozent des Mülls landet auf der Müllhalde; 170 neue Deponien werden dringend benötigt, um die Müllberge zu bewältigen. Um einerseits die Bevölkerung aufzuklären und andererseits ein inklusives Recycling Center im Distrikt Comas zu errichten, der in der Provinz Lima liegt, hat sich eine Gruppe aus Peruanern, Deutschen und Amerikanern zusammengetan. „Reciclaje.pe“ heißt das Projekt hinter der Idee, die vor etwa zwei Jahren entstand. Gefördert durch die Universität Stuttgart wurde im Mai ein Workshop zum Thema „Responsible Recycling“, also verantwortungsbewusster Wiederverwertung, organisiert.

 

Kreisel aus Granulat

An zwei Tagen im Mai dieses Jahres trafen sich parallel 20 Teilnehmer in Stuttgart und 90 Teilnehmer in Comas, um erste gemeinsame Recherchen auf dem Themengebiet RecycIing zu betreiben. Das habe geholfen, den Unterschied zu verstehen, der nach wie vor zwischen den beiden Realitäten existiert, heißt es in der Plakatausstellung, die seit Dienstag in der Marienkirche gastiert. Die Ausstellung auf Englisch und Spanisch wird zeitgleich in der Universität in Lima ausgestellt.

Per Videokonferenz tauschten sich die Teilnehmer, die während des Workshops 10 000 Kilometer trennten, zu ihren bisherigen Ergebnissen aus. Das sei ein wichtiger Teil gewesen, „mit Leuten zu sprechen, die vor Ort sind“, sagt Desiree Velez Cadillo, eine der Initiatorinnen des Projekts. In Stuttgart besuchten die Teilnehmer einen Wertstoffhof der Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS), in Comas wurde der Weg organischer Abfälle eines Marktes zu einer Kompostierungsanlage verfolgt.

Die Ergebnisse des ersten Workshops werden seit dieser Woche und noch bis zum 30. September in der Marienkirche ausgestellt. Das große Ziel der Designer, Studenten, Architekten, Nachbarn und Lehrer aus den verschiedenen Ländern ist es, ein Recycling Center in Comas innerhalb der nächsten drei Jahre zu errichten. Die Siedlung ist eine der am dichtesten bewohnten in Peru, städtebaulich ist sie als informelle Siedlung einzustufen – weniger korrekt formuliert würde man sie „Elendsviertel“ nennen. Plastikabfälle könnten etwa gereinigt und mit recht einfachen Maschinen zu Granulat verarbeitet werden, erklärt Tobias Hahn, ein Mitbegründer des Projekts. Aus dem Granulat könnten Objekte hergestellt werden. Als erstes Objekt hat die Stuttgarter Gruppe im Hobbyhimmel, einer offenen Werkstatt in Feuerbach, einen Kreisel produziert. Mit solchen Objekten könne in der Bevölkerung ein Aha-Effekt erzeugt werden, erklärt Hahn. „Der Kreisel ist nur symbolisch.“

Brauchbarer Müll

Als Unterstützung für die Eröffnungswoche hat sich die Initiative „Reciclaje.pe“ die spanische Künstlergruppe Basurama ins Boot geholt. Vormittags basteln sie gemeinsam an einer Kunstinstallation aus Müll, ein großes aufblasbares Objekt aus Plastiktüten ist geplant. Tüten seien weltweit ein brisantes Thema, sagt Manuel Polanco Pérez-Llantada vom Basurama Kollektiv. Gemeinsam mit seinen sechs Partnern versuche er von Madrid aus, Überzeugungsarbeit in Gemeinden zu leisten. „Sie sind umgeben, von Materialien, die sie verwenden können“, sagt Pérez-Llantada.

Am Samstag gegen 18 Uhr wird die Installation der Öffentlichkeit präsentiert.