Entziehen kann man sich den Fotos kaum, die an der Wand in Duncan Smiths Galerie hängen. „Das da“, sagt der gebürtige Londoner und deutet auf die Rolling Stones, die Beatles, auf Jimi Hendrix, auf Elvis, „waren noch echte Typen.“ In seiner Rockstargalerie im Westen sind sie alle versammelt.

S-West - Es ist schwer zu sagen, was es ist. Vielleicht der Ausdruck ihrer Augen, die Eskapaden, die sich in ihren kantigen Gesichtern ablesen lassen oder die Aura des Nostalgischen, die sie umgibt. Entziehen kann man sich den Fotos jedenfalls kaum, die an der Wand in Duncan Smiths Galerie hängen. „Das da“, sagt der 44-jährige gebürtige Londoner und deutet auf die Rolling Stones, die Beatles, auf Jimi Hendrix, auf Elvis, „waren noch echte Typen.“

 

Die Smiths und das BMX-Rad

Der Mann, der da spricht, wirkt selbst wie einer dieser Typen, die herausstechen in einer Welt der Glattgebügelten, einer Welt des Einheitsbreis, nicht nur durch das, was er tut, sondern auch durch sein Auftreten. Mit dem roten Vollbart und der schicken Melone auf dem Kopf hätte Duncan Smith gut in die wilden Sechziger gepasst.

Tatsächlich hat er sie knapp verpasst. Geboren im Sommer 1970, wuchs Smith in Nord-London auf. Als er zwölf war, zog es die Smiths nach Stuttgart-Degerloch und Duncan schien als BMX-Fahrer seine Bestimmung zu finden, ausgestattet sogar mit einem Rennstall-Vertrag, bis ihn ein Fahrerkollege und dessen Vater zur Fotografie brachten. Smith begleitete Karl-Heinz und Patrick Penkwitt zu einem Shooting nach Südafrika, „auf die erste lange Reise meines Lebens“ – und blieb hängen. Noch heute arbeitet er mit ihnen, zwei Monate pro Jahr ist er unterwegs, viel in Europa, aber auch in Miami und Kapstadt. Er fotografiert für Modekataloge und Bands.

Seinen Lebensunterhalt verdient Smith damit, doch seine Basis hatte der schwäbische Engländer seit 2010 in einem Eckhaus der Senefelder- und der Leuschnerstraße. In dem ehemaligen Teddybärenladen hängen nun die Heroen der Musikgeschichte. Die Idee für seine Rock-Star-Galerie kam ihm bei einem Besuch in der alten Heimat, wo diese seit Ende der Neunziger populär sind. Smith erinnerte sich an seine Kindheit, an die Verbindung zur Musik, die immer dagewesen war – Annie Lennox und Dave Stewart von den Eurythmics wohnten in der Nachbarschaft, der Kinks-Gründer Ray Davies zählte zu den Freunden seines Vaters. Er importierte die Idee nach Deutschland und begab sich auf die Suche nach alten Fotoaufnahmen.

Churchill und Onassis

Duncan Smith hat so manches gefunden. Philip Townsend gehört zu seinen ergiebigsten Lieferanten, nicht nur, weil der Brite der erste Fotograf der Rolling Stones war und sie ablichtete, als Mick Jagger, Keith Richards und Kollegen noch milchbubihafte Neulinge im Geschäft waren. Ein Lieblingsmotiv von Smith aus dem Townsend-Archiv zeigt noch nicht einmal Rockstars der Musik, sondern der Zeitgeschichte: Zu sehen sind Winston Churchill und Aristoteles Onassis, aufgenommen trotz strengstem Fotografierverbot – Townsend hatte zuvor Churchills Bodyguard bestochen.

Es sind Dokumente einer untergegangenen Ära, die allein dadurch faszinieren, dass sie aus der heutigen, teilweise etwas verklärten Perspektive so sagenumwogen wirkt. Und es sind Dokumente, an die Smith zuweilen auf abenteuerliche Weise gekommen ist. Nicht wenige der Fotos lagerten in alten Schuhkartons. „Ich habe sie durchwühlt und mich gefühlt, als wäre ich in einer Schatzkammer“, erinnert er sich. Auch Stuttgarter Fotografen wie Werner Eisele, Werner Pawlok oder der kürzlich verstorbene Nobbe K. gaben ihm Zugriff auf ihren Fundus.

Dass der Rockstar-Galerist selbst am liebsten Jazz hört und mit geschmeidigen Klängen aus dem Internet die Nachbarschaft beschallt, passt ins Bild. Der Soundtrack dieses Ladens mit den echten Typen – er muss etwas Besonderes sein.