Am Wartberg regt sich Unmut: Die Anwohner beklagen sich darüber, dass sie von der Bahn nicht ausreichend informiert werden, was auf der Tunnelbaustelle am Zwischenangriff Prag geschehen soll.

Filderzeitung: Rebecca Anna Fritzsche (fri)

S-Nord - Am Mittwochabend haben die Anwohner am Wartberg – am Gudrunweg sowie an der Wartberg- und Gunterstraße – wieder wach gelegen. Anders als zuvor war nicht der Baulärm aus dem S-21-Tunnel schuld, sondern laute Rockmusik: Die Bahn hatte Gäste zur Tunneltaufe geladen. Lauter als in einer Discothek sei die Musik gewesen, berichten Marianne Pauli-Aretz und Thomas Waiblinger – man habe selbst bei geschlossenen Türen und Fenstern die Lieder mitsingen können. Anrufe bei der Polizei ergaben, dass das Fest vom Ordnungsamt bis 22 Uhr genehmigt sei. Die Anwohner informiert hat niemand. „Das macht ganz offensichtlich, dass bislang von der Bahn in keiner Weise verinnerlicht wurde, die Belastungen für die Bürger möglichst gering zu halten“, sagt Thomas Waiblinger. „Die Bahn sollte hinreichend sensibilisiert sein, verhält sich aber rücksichtslos und provokant, indem sie mit einer Party in Rockkonzertlautstärke die Anwohner zusätzlich belastet. Aus meiner Sicht unglaublich, dass es bei der DB keinen Verantwortlichen gibt, der auf die Idee kommt, dass eine solche Veranstaltung in einem Wohngebiet die Anwohner stören könnte.“

 

Die Informationspflicht „liegt bei der Bahn“

Thomas Waiblinger und Marianne Pauli-Aretz wohnen am Wartberg. Dort, am sogenannten Zwischenangriff Prag, bohrt die Bahn einen Rettungstunnel für den Feuerbacher Tunnel. Lastwagen fahren, Erdaushub wird fortgebracht, Material wird geliefert, es wird neben Lärm auch Staubemissionen geben. Die Anwohner sagen: Die Bahn hat uns kaum über das informiert, was hier passieren wird.

„Als wir hierher gezogen sind, wussten wir nicht einmal, dass der Rettungs- und Logistiktunnel unter den Häusern an der Gunterstraße verläuft“, sagt der Architekt Marc Oei. Er habe gewusst, dass der eigentliche Bahntunnel mehr als 300 Meter versetzt verlaufe – Richtung Feuerbach. Erst später habe er erfahren, dass ein Rettungstunnel unter der Gunterstraße geplant ist. Man könne als Bürger nicht 300 Seiten an Material durchackern, um herauszufinden, ob man betroffen sei oder nicht, sagt auch Thomas Waiblinger. Die Informationspflicht liege nicht bei ihnen, sondern bei der Bahn. „Auf Nachfrage erhält man keine Informationen, die Klarheit schaffen.“

Ursprünglich hieß es, mit Lärm sei nicht zu rechnen

2010, so berichten die Anwohner, seien die ersten Schreiben der Bahn gekommen. Darauf sei zwar ein kleiner Plan mit dem Tunnelverlauf eingezeichnet gewesen, aber nicht die Baustelleneinrichtung am Zwischenangriff Prag. Schon zu diesem Zeitpunkt hätten sich die Anwohner eine Informationsveranstaltung für alle Betroffenen gewünscht. Die gab es aber nicht. „Es hieß: Wenn alles planmäßig läuft, merken Sie gar nicht, dass wir bauen“, erinnert sich Marc Oei. Mit Lärm- oder Staubbelästigungen sei nicht zu rechnen.

Seit einigen Wochen wissen die Anwohner nun, dass dies nicht so sein wird: Wie berichtet, bietet die Bahn ihnen nun passive Lärmschutzmaßnahmen an, beispielsweise schalldichte Fenster und Türen. Denn aktiver Lärmschutz – wie Schallschutzwände – soll laut Bahn nicht möglich sein. Thomas Waiblinger fordert: „Wir brauchen eine Informationsveranstaltung, bei der uns alles erklärt wird: was gebaut wird, wann und wie. Auch danach sollten wir über regelmäßige Baustellentreffen auf dem Laufenden gehalten werden – ich halte das für eine Selbstverständlichkeit. Zumal die Bahn nach der S-21-Schlichtung durch eine bessere Informationspolitik Glaubwürdigkeit und Vertrauen zurückgewinnen wollte.“

Die Anwohner wollen Ansprechpartner benannt haben

Besonders ernüchternd ist für die Anwohner die Unklarheit darüber, was am Zwischenangriff Prag gebaut wird. „Die Bahn strebt an, das ursprünglich am Augustinum Killesberg geplante und genehmigte Entrauchungsbauwerk an den Zwischenangriff Prag zu verlegen, obwohl dies von der Lage und auch technisch keinen Sinn hat und zudem höhere Kosten verursacht“, sagt Waiblinger. „Nun versucht man, es den Anwohnern am Wartberg unterzuschieben, die offenbar weder bei der Stadt noch bei der Bahn eine vergleichbare Lobby haben wie die Investoren beim Augustinum.“

Auch auf der jüngsten Anwohnerinformation der Bahn sind weder Zeitpläne vermerkt, noch wann mit welchem Lärm zu rechnen ist. Ulrich Hangleiter von den Netzwerken Killesberg und Umgebung, in denen sich betroffene Anwohner zusammengeschlossen haben, ergänzt: „Von der Stadt gibt es hier keinerlei Hilfe oder Unterstützung, nicht einmal eine Reaktion.“ Die Wartbergler fordern auch, dass sämtliche Gutachten zu Lärm und Staub öffentlich gemacht werden – und dass Ansprechpartner für die jeweiligen Immissionen genannt werden, an die die Anwohner sich wenden können. Marc Oei ergänzt: „Unser Sohn hat uns schon gefragt, ob wir umziehen müssen.“ Marianne Pauli-Aretz betont: „Beim Infoladen-Stammtisch sagte Eva-Maria Kapp vom Kommunikationsbüro: Ihre Gärten und Balkone können Sie in den nächsten fünf Jahren vergessen.“ Das sei besonders hart für die älteren Anwohner, die nicht mehr mobil sind, aber auch für die vielen Kinder des Wohngebiets. „Man kann solche Projekte doch auch menschenfreundlicher bauen“, findet Pauli-Aretz. „Es geht gar nicht darum, ob ich Stuttgart 21 gut finde oder nicht“, sagt Thomas Waiblinger. Dazu gebe es auch unter den Nachbarn verschiedene Meinungen. „Aber so geht es einfach nicht.“