Zum Auftakt der zweiten Erörterung zum Grundwassermanagement von Stuttgart 21 stehen zunächst Verfahrensfragen im Mittelpunkt. Um wirkliche Inhalte wird es im Kongresszentrum der Landesmesse wohl erst von Dienstag an gehen.
Stuttgart - Formalien und weniger Inhalte sind am ersten Tag des Erörterungsverfahrens zum Grundwassermanagement von Stuttgart 21 im Mittelpunkt gestanden. Ein erster Anlauf war Mitte Juli wegen der Befangenheit des Versammlungsleiters abgebrochen worden.
Die Auswirkungen auf die Bodenbeschaffenheit, die möglichen Gefahren für das Mineralwasser oder die Grundstücke rund um den Mittleren Schlossgarten, die mit dem Abpumpen und Umwälzen von knapp 6,8 Millionen Kubikmeter Grundwasser verbunden sein könnten, waren am Montag im Kongresszentrum der Landesmesse noch kein Thema. Erst von Dienstag an wird wohl darüber diskutiert werden.
Ungeachtet der wiederholten Appelle des Versammlungsleiters Michael Trippen vom Regierungspräsidium Stuttgart, „bitte so schnell wie möglich in die Sachdiskussion und die Risikoanalyse einzusteigen“, mussten der Leiter des zuständigen Planfeststellungsreferates und die Abteilungspräsidentin Gertrud Bühler eine Vielzahl von Anträgen und Einwendungen der rund 300 interessierten Bürger und Vertreter der Institutionen beantworten. Unter anderem wurde auch diesmal der Antrag gestellt, die Versammlungsleiter wegen Befangenheit abzulehnen, weil sie als Landesbedienstete automatisch der Projektför-derpflicht des Landes bei Stuttgart 21 unterliegen würden und damit nicht neutral und objektiv agieren könnten.
Knapp 10 000 Einwendungen sollen behandelt werden
Beantragt wurde unter anderem, mehr Protokollanten einzustellen, Film- und Rundfunkaufnahmen zuzulassen und die Vorträge und Unterlagen der Bahn sofort im Internet zu veröffentlichen. Kritik gab es am Versammlungsort, den Antragsteller in die Innenstadt verlegen wollten. Auch die Forderung nach kostenlosen VVS-Tickets wurde erhoben, weil durch die Fahrt zum Flughafen zusätzliche Kosten entstehen würden – die meisten der Anträge wurden zurückgewiesen.
Der Verlauf und vorzeitige Abbruch wegen Befangenheit des damaligen Verhandlungsführers wurden am Montag von der Leitung nochmals thematisiert. Doch anders als bei dem Termin im Apollo-Theater des SI-Zentrums wird die Neuauflage aktiv von Vertretern des Eisenbahnbundesamtes (Eba), des Landesamtes für Geologie und des städtischen Umweltamtes begleitet. Die Erörterung im Juli sei leider nicht so verlaufen, wie es sich das Regierungspräsidium vorgestellt habe, betonte Gertrud Bühler: „Da gibt es nichts zu beschönigen.“ Es sei alles Erdenkliche unternommen worden, um es diesmal besser zu machen.
Knapp 10 000 Einwendungen gilt es während der auf zunächst vier Tage angesetzten Erörterung im Kongresszentrum aus fachlicher Sicht zu diskutieren, vielfach geht es dabei um mögliche Risiken für das Mineralwasser, die Bodenbeschaffenheit und mögliche Schäden an Gebäuden, die durch Senkungen oder das Rutschen von Hängen entstehen könnten.
BUND kritisiert formale Fehler im Planänderungsverfahren
So kritisierte etwa der Naturschutzverband BUND, unter anderem durch Regionalgeschäftsführer Gerhard Pfeifer vertreten, formale Fehler im Planänderungsverfahren der Bahn. Vor allem fehle eine vorgeschriebene Umweltverträglichkeitsprüfung für die mehr als verdoppelte Grundwassermenge, die mit der Planänderung beantragt wurde, bemängelte Pfeifer.
Ohne diese Prüfung sei der Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig und gerichtlich anfechtbar, führte der Jurist Tobias Lieber aus, der den BUND vertritt und in dessen Auftrag ein Gutachten erstellt hat. Bei dem Vorhaben würden Biotope, Naturdenkmale und Heilschutzgebiete berührt, und auch das Kriterium einer hohen Bevölkerungsdichte im Umfeld sei bei S 21 erfüllt. „Die Sachlage ist eindeutig“ sagte Lieber, der sich durch die Stellungnahmen der Fachbehörden bestärkt sieht. Die Bahn schätzt das nach wie vor anders ein. Man bleibe mit der erhöhten Entnahmemenge in der gleichen Bewertungskategorie, sagte der Rechtsanwalt Josef-Walter Kirchberg. Daher habe man beim Eba beantragt, keine Prüfung durchzuführen, wie Barbara von Eicken von der Bonner Aufsichtsbehörde auf Nachfrage bestätigte. „Wir haben den Sachverhalt inzident geprüft und entschieden, dass keine solche Prüfung notwendig ist“, sagte sie.
Von einigen S-21-Gegnern wird bezweifelt, dass es beim Eba eine aktive Untersuchung des Sachverhalts gegeben habe. Auf die Nachfrage, wer an der Vorprüfung beteiligt gewesen und ob der Entscheidungsprozess nachvollziehbar dokumentiert sei, wollte Barbara von Eicken nicht näher eingehen. Die Einschätzung der Behörde könne dann im Planfeststellungsbeschluss nachgelesen werden. BUND-Landesvorsitzende Brigitte Dahlbender sagte, das Eba dürfe sich nicht zum Erfüllungsgehilfen der Bahn machen.