Albert Hertig wehrt sich dagegen, dass seine Äcker als Zwischenlager für den Bau der S 21-Trasse herhalten sollen. Von den Ansprüchen der Bahn hat er erst aus der Zeitung erfahren.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Plieningen - Albert Hertig sorgt sich um sein Erbe. Dem 66-jährigen Mann gehören zwischen Plieningen und Echterdingen vier Ackerstreifen, die nebeneinander liegen. Seit Jahrhunderten seien sie in Familienbesitz, sagt er. Doch sie seien nicht mehr das, was sie einmal waren. Die Grundstücke sind wegen des Baus der Messe, der Landesstraße 1192 und des Radwegs um knapp ein Drittel geschrumpft. Oder geschrumpft worden, wie Hertig es ausdrücken würde. Der Eigentümer konnte dazu eigentlich nur Ja oder Ja sagen. Bei einem Nein wäre der Acker auch weg gewesen, aber für einen niedrigeren Preis.

 

Von den Ansprüchen der Bahn aus der Zeitung erfahren

Und nun geht alles wieder von vorn los, weil die Bahn seine Äcker als Zwischenlager für die Fildertrasse braucht. „Damit hat keiner gerechnet“, sagt Hertig. „Von oben kommt immer wieder die große Hand und greift zu, der Bürger wird übergangen von A bis Z.“ Das will er sich nicht gefallen lassen.

Von den Ansprüchen der Bahn habe er zufällig erfahren. In der Zeitung habe er gelesen, dass sich die Bürger von Anfang November bis Anfang Dezember 2013 im Bezirksrathaus an der Garbe erkundigen können, wie sich die anstehenden Bauarbeiten auf die Filder auswirken. Auf einem Plan hat Albert Hertig seine Äcker gefunden – und gesehen, dass sie rot schraffiert sind.

Dies bedeute, wie er mittlerweile her-ausgefunden hat, dass die Felder – die er schon seit längerer Zeit an einen Landwirt verpachtet hat – von der Bahn vorübergehend als Lagerfläche vorgesehen sind. Vorübergehend bedeutet nach seinen Recherchen 15 Jahre. Anschließend soll der Boden rekultiviert werden. Für Albert Hertig steht fest: Sein Acker braucht dann bestimmt weitere zehn Jahre, um sich von den Strapazen zu erholen.

„Es wird keiner informiert“

Das Vorgehen der Bahn findet der pensionierte Busfahrer aus Plieningen ungeheuerlich. „Sie plant, ohne sich mit den Grundstückseigentümern abzusprechen“, sagt er. Für ihn ist das „Arroganz pur“. Zumal er mehrere Versuche unternommen habe, Genaueres herauszufinden. „Doch ich bekomme nirgendwo eine Auskunft.“

Die gesuchten Informationen hat Hertig schließlich von Helmut Gehrung bekommen; der landwirtschaftliche Obmann der Plieninger Bauern sieht die Sache ähnlich kritisch wie Hertig. „Es wird keiner informiert“, sagt Gehrung. Wer sich nicht von sich aus und auf gut Glück auf den Weg zu den ausgelegten Plänen gemacht hat, „hat Pech gehabt. Es ist die Pflicht des Bürgers, sich selbst zu informieren“. Helmut Gehrung versteht aber all jene, die vor den 19 Ordnern kapituliert haben. „Nur wenn du dich reinkniest, kommst du weiter“, sagt er.

Genaue Zahl der Einwendungen ist noch nicht bekannt

Clemens Homoth-Kuhs, der Sprecher des Stuttgarter Regierungspräsidiums, wirbt derweil um Verständnis und verweist auf das Landesverwaltungsverfahrensgesetz. Das regele, dass solche Pläne in den jeweiligen Gemeinden ausgelegt werden. „Gerade auch deswegen, weil es häufig nicht nur um exakte Anrainer oder direkt betroffene Grundstückeigentümer geht“, sagt er, „sondern weil viele Themen weit über das eigentliche Vorhaben hinaus Betroffenheiten erzeugen können, so zum Beispiel Lärm oder Erschütterungen oder Verkehrsbelange“. Leute, die von Bauplänen betroffen seien, aber woanders wohnen, würden schriftlich informiert. Ansonsten gelte: „Ganz ohne Eigeninitiative geht es nie bei solchen öffentlichen Infrastrukturverfahren“, sagt Homoth-Kuhs.

Bis zum 19. Dezember 2013 konnten die Bürger Einspruch gegen die Pläne der Bahn auf den Fildern einlegen. Das Regierungspräsidium Stuttgart rechnet mit Tausenden Einwendungen. Die genaue Zahl ist allerdings noch nicht bekannt.

Klar ist hingegen, dass einer der Einsprüche aus dem Hause Hertig stammt. Der Plieninger wehrt sich, schließlich gehe es um sein Erbe, um seine Altersvorsorge. Er hält es zudem für wichtig zu sagen, dass er nicht gegen das Milliardenprojekt Stuttgart 21 sei, ihm gehe es schlichtweg ums Prinzip. „Warum muss das immer auf meinem Grund und Boden sein?“