Die Stellungnahmen des Amts für Umwelt der Stadt Stuttgart und des Landesamts für Geologie zur erhöhten Wasserentnahme geben reichlich Stoff für Erörterung. Sicher ist: Vor der Genehmigung soll die Bahn noch offene Fragen beantworten.

Stuttgart - Um die Sache ist es auf der Mitte Juli geplatzten Erörterung zur mehr als verdoppelten Grundwasserentnahme bei Stuttgart 21 kaum gegangen. Zu sehr – mitunter auch zum Leidwesen der Beschwerdeführer und Kritiker – standen die letztlich erfolgreichen Befangenheitsanträge gegen den Versammlungsleiter des Regierungspräsidiums Stuttgart im Mittelpunkt. Vor dem neuen Erörterungstermin Mitte September hoffen das Regierungspräsidium und die S-21-Kritiker auf eine sachliche Debatte. Dabei sollen auch, nach Ansicht der Kritiker, „bisher ignorierte“ Erkenntnisse über das Stuttgarter Mineralwasser erörtert werden.

 

Aber auch die jetzt unter www.rp-stuttgart.de veröffentlichten Stellungnahmen des Amts für Umwelt der Stadt Stuttgart und des Landesamts für Geologie geben reichlich Stoff für die Erörterung. Zwar sehen beide Behörden keine Gründe, die Genehmigung zu versagen. Zugleich machen sie aber deutlich, dass es für sie noch offene Fragen gibt, die von der Bahn beantwortet werden müssen, bevor das Eisenbahnbundesamt die von drei auf 6,8 Millionen Kubikmeter erhöhten Wasserentnahme genehmigen kann.

Das Landesamt bemängelt, dass in einzelnen Bereichen falsche geologische Vergleichsfälle herangezogen werden oder es entsprechende Erkenntnisse gar nicht gibt. Offene Fragen für den Arbeitsschutz sieht es auch angesichts der Tatsache, dass der Tunnelvortrieb „ohne jegliche Verwendung von Wasser durchgeführt wird“, um „Wasserzutritte in das anhydritführende, quellfähige Gebirge unbedingt“ zu vermeiden. Allerdings, so das Landesamt, sei nicht geklärt, wie dann den Anforderungen des Arbeitsschutzes entsprochen werden soll. „Es ist insbesondere dazulegen, welche Maßnahmen vorgesehen sind, um die Staubentwicklung zu beherrschen und im Brandfall zu löschen“, schreibt das Landesamt in der sechsseitigen Stellungnahme.

Notwendiges Grundwasserströmungsmodell und Prüfmodell

Das städtische Umweltamt betont, dass es nur dann keine wasserwirtschaftlichen Hindernisse sieht, wenn neben dem Grundwasserströmungsmodell der Bahn ein Prüfmodell eingesetzt werde. „Das ist zwingend notwendig“, fordern die Experten der Stadt.

Dabei geht es der Stadt vor allem darum, dass nur mit den Modellen nachgewiesen werden könne, dass anfallende Mehrmengen von Wasser „nicht auf Mineralwasserzuflüsse aus der Tiefe zurückzuführen sind“. Dieser Nachweis könne mit „ausreichender Stichhaltigkeit nur mit Hilfe von Rechnungen mit dem Grundwassermodell, die durch Gegenrechnungen mit dem Prüfmodell abgesichert sein müssen, in der hierfür zwingend notwendigen Zweifelsfreiheit erbracht werden“. Zudem hält die Stadt für nicht genehmigungsfähig, dass die Bahn für das in den Untergrund oder den Neckar zurückgeleitete Wasser zeitweise eine Überschreitung der Grenzwerte akzeptieren will.

Das Kommunikationsbüro wollte am Freitag zu den in den Stellungnahmen aufgeworfenen Fragen nichts sagen. Dies werde in der Erörterung erfolgen, hieß es. Thematisiert wird dann auch eine grundsätzliche Kritik der S-21-Gegner. Sie bezweifeln, ob sich die Prämissen für die Mineralwasserströme halten lassen. Aufgrund einer Bohrung in Esslingen vermuten sie, dass das Mineralwasser auch von Südwesten nach Bad Cannstatt fließt und dessen Schutzzone im Bereich von zwei unter dem Neckar führenden S-21-Tunneln bei Stuttgart-Wangen liegt. „Dies wird bisher ignoriert“, sagen sie. Das Regierungspräsidium Stuttgart hat nun zugesagt, diese Thematik zu besprechen – „mit der gebotenen Gründlichkeit“, wie es in einer Mail des designierten neuen Versammlungsleiters Michael Trippen heißt.