Es scheint, er will Everybody’s Darling sein: Der Sänger Sasha ist in der Liederhalle aufgetreten – und hat es an Ecken und Kanten deutlich vermissen lassen.

Stuttgart - Wer es allen recht machen will, macht am Schluss nur noch weniges so richtig gut. Und ein eigenes Profil bildet sich auf diese Weise schon gar nicht heraus. Wofür Sasha popmusikalisch stehen will, bleibt jedenfalls auch nach zwanzig Karrierejahren unklar. Oder liegt der Fall sogar andersherum?

 

Der 46-Jährige aus Soest scheint jedenfalls von einer tiefen Sehnsucht befallen, Everybody’s Darling der deutschen Musikszene zu sein – zu viel Individualität wirkt da eher störend. Auch bei seinem Konzert am vergangenen Sonntag in der Liederhalle zeigt er sich als gut geölte Jukebox, die von Rock und Pop über Funk und Disco bis hin zu balladeskem Songwritertum so ziemlich jedes Genre zum Besten gibt, das nicht bei drei auf den Bäumen ist.

Begleitet wird Sasha von einer neunköpfigen Band, die diesen Gemischtwarenladen routiniert und professionell inszeniert, allerdings auch keinen der unzähligen Stile erkennbar zu ihrer Herzenssache macht. Eine an sich respektable Soundvielfalt erhält so einen ausgeprägten Schlag ins Beliebige – vorbei jedenfalls sind die Zeiten, als man dachte, der Bursche mit der durchaus voluminösen Stimme habe das Zeug zum deutschen Robbie Williams oder George Michael.

Ein Hauch Draufgängertum à la Robbie Williams

Weil auch der schmissige Rockabilly aus Dick-Brave-Zeiten bis auf Weiteres eingemottet bleibt, entpuppt sich dieser zweistündige Auftritt als eher unspektakuläre Angelegenheit. Das liegt auch am Repertoire, das, von reichlich Gefallsucht geprägt, ziemlich ziellos im Niemandsland zwischen zwei nationalen Popmusikergenerationen umherirrt. Das Gros der Lieder des neuen Albums „Schlüsselkind“ wie „Du fängst mich ein“ oder „Zwei Herzen“ könnte auch von jüngeren Befindlichkeitspoeten wie Johannes Oerding oder Wincent Weiss stammen; anderes erinnert an Altvordere wie Stefan Gwildis oder Roger Cicero – doch der eine ist der glaubwürdigere Soul Man, der andere hatte mehr Swing in den Adern.

Aber immerhin: „Weiße Weste“ eröffnet das Programm mit dynamischem Bläserbeiwerk und lässt tatsächlich noch einen Hauch Draufgängertum im Stil von Robbie Williams erahnen. Echten Spaß bringt zum Finale auch eine gute Portion Discopop mit „Good Days“ als Highlight in den mit 1400 Besuchern nur moderat gefüllten Beethovensaal. Doch dazwischen überstrapaziert dieser Abend seinen brav-positiven Grundton deutlich. Viele Lieder wirken so penetrant mit einer Optimismus-Soße übergossen, als wären sie von einer Werbeagentur konzipiert.

Zum lässigen Conférencier taugt er nicht

Auch den fröhlich-verspielten Hit „Lonely“ mit dem Leichtgewichts-Hip-Hop von „Gorilla“ zu koppeln erweist sich als wenig überzeugend. Gerne besäße dieser von einem Balladen-Medley, einem kleinen Rock-’n’-Roll-Intermezzo mit Countryfiddle und einem im Zugabenteil platzierten A-cappella-Potpourri durchsetzte Auftritt auch Revue-Charakter – doch dafür mangelt es an Humor, Timing und Charisma. Zum lässigen Conférencier mag Sasha, obwohl publikumsnah und gesprächig bis an die Grenze zur Redseligkeit, jedenfalls nicht taugen. Manches Wortspiel wird zum Kalauer, manche Publikumsanimation zum Mätzchen, zu umständlich geraten die zahlreichen Anekdoten. So bleibt unterm Strich ein zwar sympathisch inszeniertes, aber zu sehr ins Leichtgewichtige verliebtes Konzert, das es versäumt, sich ein paar charakterprägende Ecken und Kanten zuzulegen.