Die Rarität von Hermann Schuler von der Siedlergemeinschaft wird gerne genutzt.

Steinhaldenfeld - Äpfel, Trauben, Holunder, Quitten – einfach alles, was Saft hergibt, kommt hier rein“, erklärt Hermann Schuler, während er an der Mostpresse lehnt. Seit mehr als 30 Jahren untersteht dem Rentner das Gerät der Siedlergemeinschaft Steinhaldenfeld. Auch in diesem Jahr bietet Schuler Obstbaumbesitzern die Möglichkeit, ihre Früchte zu Saft zu machen. Auf dem Parkplatz vor seinem Haus hat er die Presse unter einem Zelt aufgebaut, da der Raum im Neubau der Siedlergemeinschaft, der für die Maschine vorgesehen ist, noch nicht bezugsfertig ist.

 

Bevor er das Obst in einer Mühle kleinhäckselt, wäscht Schuler es in einem großen Bottich. Etwa 15 Kilogramm der zerkleinerten Früchte gibt der 79-Jährige auf ein Tuch, das er dann an allen vier Ecken einschlägt. Darüber legt er einen Holzrahmen und eine Aluminiumplatte. Zwei Rahmen und somit 30 Kilo Obstmasse haben Platz in der Presse. Pro Pressvorgang fließen so 25 Liter Saft, die in Eimern aufgefangen werden, aus einem Rohr. Der Trester muss von den Kunden mitgenommen werden. „Der eignet sich als Viehfutter“, weiß der Obstbaumbesitzer Klaus Pache aus Hofen, der an diesem Nachmittag seine Äpfel nach Steinhaldenfeld gebracht hat.

Der frisch gepresste Saft kann sofort mit nach Hause genommen werden. Erhitzt und in Flaschen abgefüllt, ist er monatelang haltbar. Viele der Apfelbaumbesitzer lassen den Saft in einem Fass drei Monate lang zu Most gären. „Dafür eignen sich die Apfelsorten Brettacher und Gewürzluiken am besten“, weiß Schuler. Der Rentner hat immer einen guten Tipp für seine Kunden parat. „Zum Beispiel kann man auch Quitten auspressen und deren Saft trinken.“ Die Kunden nehmen seinen Rat gerne an. „Meine Frau macht aus dem Quittensaft Gelee“, verrät Dieter Schramm. Der Untertürkheimer besitzt 15 Obstbäume und kommt seit zehn Jahren nach Steinhaldenfeld. Die Menge an Saft, die aus seinen Bäumen gewonnen wird, kann Schramm nicht alleine verwerten. „Einige Flaschen verschenke ich, zum Beispiel an das Paul-Collmer-Heim in Untertürkheim.“ Nicht nur Bewohner der Stuttgarter Stadtbezirke kommen nach Steinhaldenfeld, sondern auch Obstbaumbesitzer aus dem Remstal oder Esslingen nehmen den Weg auf sich, um vor allem ihre Äpfel von Schuler zu Saft pressen zu lassen und die antike Mostpresse zu bestaunen.

Ersatzteile werden von Hand gefertigt

Die grün lackierte Maschine wurde in den 30er Jahren in einem Werk in Wetzlar hergestellt. Die Firma existiert nicht mehr. Deshalb werden alle Ersatzteile von Schuler selbst angefertigt. „Früher wurde sie mit Wasser betrieben, ich habe sie aber umgebaut und jetzt läuft sie hydraulisch“, sagt Schuler. Nun könne die 800 Kilo schwere Maschine 40 Tonnen Druck aufbringen.

Schon als Kind hatte der gebürtige Schwarzwälder Freude am Handwerkern. Auf dem Hof, auf dem er aufwuchs, gab es eine Schreinerei und eine Schmiede. Bereits mit acht Jahren baute Schuler seinen ersten Leiterwagen. Später arbeitete er in einem Bergwerk, als Automechaniker und als Dreher. „Maschinenbauen war schon immer meine Spezialität“, so Schuler. Auch die Möbel in seinem Haus habe er zum größten Teil selbst angefertigt.

Bis Anfang November presst Schuler mit der „Moste“, wie die Steinhaldenfelder ihre Mostpresse nennen, das Obst aus. Ende September wird Klaus Pache mit seinen Trauben wiederkommen. Auch im nächsten Jahr möchte Schuler die Mostpresse mit Seltenheitswert wieder für seine Kunden bedienen. „Ich mache das noch so lange, wie ich mich bewegen kann.“