Die Stuttgarter Bäderbetriebe kritisieren, dass es für ihre Branche keine Perspektive gibt. Während bei bestimmten Inzidenzzahlen Einrichtungen wie Zoos oder Museen öffnen dürfen, steht im Stufenplan der Landesregierung zu den Schwimmbädern einfach nur „geschlossen“.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Stuttgart - Die Becken sind gereinigt, das Wasser wurde eingelassen: Unter normalen Umständen könnten die Stuttgarter Bäderbetriebe am Samstag, 1. Mai, in die Freibadsaison starten. In den Anlagen in Möhringen und auf dem Killesberg wurde auch der Rasen schon gemäht, die Hecken sind geschnitten. Doch die Gäste werden nirgendwo ihre Bahnen ziehen können, denn nach wie vor bestimmt die Coronapandemie das Geschehen. Und laut der aktuell gültigen Verordnung des Landes bleiben die Freibäder bis mindestens 22. Mai geschlossen. Dabei fühlen sich die Bäderbetriebe mit ihrem Konzept vom Sommer 2020 gut gerüstet gegen das Virus. In der vergangenen Saison war es in den Freibädern der Stadt zu keinerlei Ansteckungen gekommen.

 

Die Beschäftigten würden gerne Badegäste empfangen

Umso größer ist deshalb der Frust in dem städtischen Eigenbetrieb. „Unsere Beschäftigten freuen sich auf die Saison“, sagt Jens Böhm, der Sprecher der Bäderbetriebe. „Sie wollen ihren Job machen, sie lieben den Kontakt zu den Badegästen.“ Er befürchtet jedoch, dass daraus auch nach dem 22. Mai nichts werden wird – aufgrund eines für ihn „besonders erschreckenden Dokuments“. Im Stufenplan der Landesregierung für die weiteren Öffnungsschritte werde den Schwimmbädern keinerlei Perspektive eingeräumt, kritisiert Jens Böhm. Danach dürften die Freibäder nicht einmal bei einem Inzidenzwert von unter 50 Infizierten pro 100 000 Einwohner öffnen. Aktuell liegt der Wert bei fast 224.

Trotzdem sind die Bäderbetriebe für alle Möglichkeiten gewappnet. Im vergangenen Jahr wurden sie von der plötzlichen Freigabe für die Freibäder etwas überrumpelt. Manche Gäste monierten daraufhin, dass erst eine Woche nach der Verkündigung die Eröffnung erfolgte. Damals war vom 15. Juni an das Schwimmen an der frischen Luft erlaubt. „Aus dem Nichts heraus haben wir einen komplett neuen Betrieb geschaffen“, erinnert sich Arvid Donert, der Leiter des Untertürkheimer Inselbads. Ein Online-Ticketverkauf wurde eingeführt, ein Reinigungssystem entwickelt und ein Hygienekonzept installiert. Statt bis zu 15 000 Besucher waren nur 1050 im Inselbad zugelassen. „Wir können Pandemie“, betont er.

System aus dem Vorjahr hat sich bewährt

Nach dem Muster könnte auch in dieser Saison verfahren werden, finden Jens Böhm und Arvid Donert. Wenn die Badegäste außerdem beim Eintritt noch einen negativen Schnelltest vorlegen müssten, wäre das System noch sicherer, schlagen sie vor. Hoffnung machen ihnen die Gespräche in Berlin über Vorteile für Geimpfte und Genesene. Aber Jens Böhm hat in den Nachrichten gesehen, wie der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) explizit erwähnte, dass damit kein Schwimmbadeintritt verbunden sei. „Es ist so enttäuschend und nicht nachvollziehbar für uns, weil wir im vergangenen Jahr gezeigt haben, dass unser System sicher und erfolgreich ist.“ Er und der Inselbad-Leiter Arvid Donert warnen vor chaotischen Zuständen an den Badeseen rund um Stuttgart, sollten die Freibäder geschlossen bleiben.

Die Gäste scheinen sich an die von der Pandemie verursachte Ungewissheit gewöhnt zu haben. Im Mai vor einem Jahr sei der Unmut noch groß gewesen, berichtet Jens Böhm. 2020 gingen 300 Anfragen beim Kundendialog der Bäderbetriebe zu den Öffnungszeiten ein, dieses Jahr waren es erst ein Zehntel davon. Am Ende der Saison erhielt Arvid Donert dann Dankesbriefe von den Besuchern und viel positives Feedback. „Alle waren glücklich, dass sie schwimmen konnten“, sagt er.

Nur die Spitzensportler dürfen bisher schwimmen

Im Inselbad plätschert auch schon das Wasser, aber mit 10 Grad Celsius ist es noch zu kalt, um Bahnen darin zu ziehen. Am Sportbecken musste der Fliesenleger erst Schäden ausbessern, bevor es jetzt befüllt werden konnte. Am Paul-Bonatz-Bau wird gehämmert, eine Fotovoltaikanlage kommt aufs Dach, und einige der Schläuche zur Wassererwärmung müssen ausgetauscht werden. Im Lauf des Sommers fertig werden soll außerdem das neue Gastronomiegebäude. Unkraut müssen die rund ein Dutzend Mitarbeiter, die gerade auf dem Gelände tätig sind, noch jäten. Alles läuft nach dem üblichen Plan, am 15. Mai könnte das Freibad geöffnet werden. Sollte die Landesregierung einen Termin festlegen, brauchen die Bäderbetriebe rund eine Woche, bis sie in den Freibädern Gäste empfangen können.

„Wir haben es nicht in der Hand“, sagt Jens Böhm über den diesjährigen Saisonstart. Immerhin dürfen kommende Woche die Spitzensportler wieder im Inselbad trainieren. Alle anderen können sich immerhin damit trösten, dass die Wetteraussichten zumindest für die kommende Woche sehr schlecht sind.