Die Schauspielbühnen in Stuttgart setzen auf aktuelle Themen und wenig Klassiker. Sie bringen die SWR-Serie „Laible und Frisch“ auf die Bühne und kooperieren mit Tel Aviv.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart - Die Frau interessiert Manfred Langner schon lange. Er wollte sie längst auf die Bühne des Alten Schauspielhauses bringen: Romy Schneider. Der Intendant der Schauspielbühnen in Stuttgart hatte auch schon einen Autor engagiert, der ein Stück über die legendäre Schauspielerin schreiben sollte. Aber Langner und dem Regisseur Ulf Dietrich gefiel das Konzept nicht. Jetzt haben die beiden einfach selbst einen Text über Romy Schneider verfasst. Sie ist nicht nur ein Mythos, sondern stellt Theater vor eine große Herausforderung: Denn wie soll man eine Schauspielerin finden, die das Idol spielt, ohne dass es anmaßend oder peinlich wirkte? Langner und Dietrich haben das Problem ganz pragmatisch gelöst. In ihrem Stück „Romy“ wird es um „Sissi“ und Schneiders Erfolge in Frankreich gehen, um den Tod ihre Sohnes, ihre Ängste und die Mechanismen des Filmgeschäfts. Die Rolle der Romy Schneider wird es in dem Stück aber nicht geben.

 

Aber auch so wird die Produktion sicher ihre Zuschauer finden – wie das meiste, was im Alten Schauspielhaus und der Komödie im Marquardt zu sehen ist. Die Schauspielbühnen in Stuttgart gehören weiterhin zu den am besten besuchten Theatern. „Wir sind positiv und fröhlich gestimmt“, sagt denn auch der Intendant Langner und ist überzeugt: „Wir erfüllen unsere Aufgabe als Stadttheater, als das wir uns sehen.“

Langner hat nun seinen neuen Spielplan vorgestellt – und auch wenn das Alte Schauspielhaus im Herbst ganz klassisch mit Lessings „Minna von Barnhelm“ eröffnet wird, will Langner vor allem „sehr aktuelles, modernes zeitgenössisches Theater machen“. Entsprechend sind sechs Uraufführungen geplant. Neben „Romy“ (Premiere am 11. Juni 2015) ist im Alten Schauspielhaus ein neues Stück des israelischen Dramatikers Joshua Sobol vorgesehen: „Blutgeld“ (ab 30. April 2015). Darin geht es darum, wie sich Deutschland und Israel 1965 annähern. Konrad Adenauer und der israelische Ministerpräsident David Ben Gurion setzten sich für diplomatische Beziehungen ein – gegen alle Widerstände. Langner wird hierzu wieder mit dem Cameri Theater in Tel Aviv kooperieren – dort läuft derzeit noch die Stuttgarter Produktion „Zwischen den Welten“.

Geschichte und Widerstand

Um deutsche Geschichte geht es auch in „Jeder stirbt für sich allein“ (ab 30. Oktober) nach dem Roman von Hans Fallada. Es geht um ein Ehepaar, das sich gegen das NS-Regime stellt. „Ein Widerstandsdrama im Kleinen“, sagt Langner. Und um Widerstand geht es letztlich auch in dem Roman „1984“ von George Orwell, der im Februar auf die Bühne kommen wird. „Viele machen sich seit der NSA-Affäre Sorgen“, sagt Langner, „wir haben dafür das ideale Stück gefunden. Eine beängstigende Vision.“

Auch in der Komödie im Marquardt sind neue Projekte jenseits des klassischen Komödienrepertoires geplant – unter anderem eine Fortsetzung der SWR-Mundartserie „Laible und Frisch“, die im November herauskommen wird. Und bei der Uraufführung „Sherlock Holmes und die Kehrwoche des Todes“ von Tobias Bungter ermittelt der berühmte Londoner Detektiv in Stuttgart. Keine leichte Aufgabe, weil die Spuren, wie es sich fürs Schwabenland gehört, bereits weggeputzt sind.

15 Eigenproduktionen und sieben Gastspiele werden in der nächsten Saison zu sehen sein, fünf Produktionen weniger als im Vorjahr, weil das Theater unterm Dach nicht mehr bespielt wird. Wie berichtet, haben die Schauspielbühnen nicht die benötigte Etaterhöhung erhalten, weshalb Langner sich gezwungen sieht, das Angebot zu reduzieren und die kleine Spielstätte unterm Dach des Alten Schauspielhauses zu schließen.

Neues Abo für Schüler

Trotzdem gibt es Neuerungen wie das neue Abonnement am Samstagnachmittag. „Wochenendnachmittage werden immer stärker gefragt“, sagt Langner. Er hat auch ein neues Schüler-Abo aufgelegt, vier Vorstellungen kosten 13 Euro. Und auch das Blind-Date-Abo wird in der nächsten Spielzeit wieder angeboten für jene, „die gern ins Theater gehen, aber nicht allein“, so Langner. Man trifft sich vor der Vorstellung zu einem Glas Sekt – und per Los wird dann der Sitznachbar ausgewählt.