Sammler aus Markgröningen Schätze aus vier Jahrhunderten Schäferlauf
Otmar Schelling ist Markgröninger mit Leib und Seele – und somit auch dem Schäferlauf verbunden. Besonders zeigt sich das in seiner Sammlung.
Otmar Schelling ist Markgröninger mit Leib und Seele – und somit auch dem Schäferlauf verbunden. Besonders zeigt sich das in seiner Sammlung.
Alles fing damit an, dass Otmar Schelling einen Stapel Postkarten, 15 bis 20 Stück, irgendwo im Haus seiner Eltern fand. Die alten Karten zeigten Motive vom Schäferlauf und sonstige Ansichten von Markgröningen (Kreis Ludwigsburg) . Vor 45 oder 50 Jahren war das. So genau weiß es Schilling nicht mehr. Was andere als Plunder abgetan und weggeworfen hätten, faszinierte Schelling – und weckte seine Sammelleidenschaft.
Aus der entdeckten Leidenschaft wurde Fieber und irgendwann eine Sucht, so beschreibt es der heute 80-Jährige jedenfalls selbst. Er sammelt immer noch. „Drei, vier andere Heimatsammler gibt’s noch“, sagt Schelling. Richtig erklären könne er auch nicht, warum man das macht. Die Faszination am Schäferlauf schon. „Das ist einfach Familientradition“, sagt Schelling. Über seiner Haustür hängen bereits Tage vor dem Fest Wimpel, die das Ereignis ankündigen.
„Richtige Markgröninger gehen dreimal auf den Schäferlauf – am Tag“, sagt Otmar Schelling. Am Morgen schaut man sich die Ständchen an, mittags den Festumzug und was sonst noch dazugehört, abends trifft man sich noch mal mit Bekannten und trinkt einen. Schellings Frau Gerda kann das nicht so richtig verstehen. Was wenig verwundert, denn sie kommt aus Sachsenheim. Weit weg ist das zwar nicht, aber den Schäferlauf richtig verstehen, das können offenbar nur die eingeborenen Markgröninger.
Mitgemacht hat Gerda Schelling das Prozedere rund ums Festwochenende all die Jahre trotzdem. Ihre Tochter war schon Schäferkönigin und bei den Wettkämpfen der Schülerinnen und Schüler fast schon unverschämt erfolgreich. Sie reist immer noch an zum Schäferlauf, auch wenn sie längst in einer anderen Ecke von Deutschland wohnt.
Bei Otmar Schelling lebt die Faszination Schäferlauf ohnehin das ganze Jahr – durch seine Sammlung. „Am Anfang habe ich gedacht, wenn du mal 200 Postkarten hast, dann bist du gut ausgestattet.“ Dass es so viel mehr Sammlerstücke zu dem immateriellen Weltkulturerbe und der Stadt Markgröningen gibt, hat ihn dann doch überrascht. Einen fünfstelligen Betrag hat Schelling in den vergangenen Jahrzehnten in Karten und Stiche investiert. Fündig wurde er beispielsweise auf Messen oder in Antiquariaten, Kontakte halfen, manchmal war es auch Glück. Die neuen Karten, die jedes Jahr erscheinen, schickt er mit Gruß an seinen Bruder in die Schweiz, der bringt sie dann brav zurück – und so wächst Otmar Schellings Sammlung weiter.
Unter den Stücken – alle fein säuberlich in zahlreichen Ordnern einfoliert oder gerahmt – finden sich Zeitzeugnisse, die auch von den Entwicklungen des Schäferlaufs erzählen. Auf einigen Stichen ist beispielsweise das Mastklettern zu sehen. Otmar Schelling ist als Jugendlicher noch selbst den glatten Pfahl hochgeklettert. „Aber ganz hochgekommen bin ich nie“, erinnert er sich. Oben galt es, Preise zu ergattern. Irgendwann wurde das Spektakel aus dem Programm genommen. Es war zu gefährlich.
Die Abbildungen, die häufig aus sogenannten Bildungsblättern aus dem 19. Jahrhundert stammen, zeigen auch, dass der Schäferlauf weit über die Grenzen Württembergs hinaus bekannt war. Lange bevor die Unesco das Fest zum immateriellen Weltkulturerbe erklärte. Selbst in Frankreich wurde den geneigten Lesern erklärt, was „les bergers“ im fernen Markgröningen an diesem besonderen Wochenende treiben: tanzen, laufen, feiern nämlich. Aus seinem wertvollsten Sammlerstück macht Otmar Schelling kein Geheimnis. Im „Wirtembergischen Hof-Calender“ von 1790 findet sich neben dem Who’s who der Adligen – das Büchlein ist eine Art Almanach der damaligen Hofprominenz – eine Illustration des Schäferlaufs. Schelling sagt, es sei die älteste grafische Darstellung des Fests. 800 D-Mark blätterte er seinerzeit dafür hin.
Heute würde er das wohl nicht mehr machen. „Ich bin nicht mehr bereit, jeden Preis mitzugehen“, sagt der 80-Jährige. Aber Freude am Sammeln hat er nach wie vor.
1. Festtag: Freitag, 26. August Los geht es am ersten Festtag mit dem Leistungshüten auf der Straße in Richtung Asperg. Zwischen 8 und 12 Uhr zeigen die Schäfer mit ihren Hunden ihr Können. Ein weiteres Highlight am Eröffnungstag: „Der treue Bartel“, das szenisches Spiel über die Stiftung des Schäfertags vor vielen hundert Jahren, wird von 19 Uhr an in der Stadthalle aufgeführt. Gegen 20.30 Uhr spielt der Musikverein auf dem Marktplatz, überall sonst in der Innenstadt ist ebenfalls Party angesagt.
2. Festtag: Samstag, 27. August Der Spielmanns- und Fanfarenzug läutet den zweiten Schäferlauf-Tag von 8.30 Uhr an ein. „Der Nachfolger der Vögte von Markgröningen“, Landrat Dietmar Allgaier wird um 9.50 zum Rathaus geleitet, ab 11.20 Uhr startet der Festzug, der nach mehreren Stopps an der Bartholomäuskirche ankommt. Dort findet um 12.30 ein ökumenischer Gottesdienst statt. Die Wettkämpfe auf dem Stoppelfeld (Sacklaufen, Wassertragen, Hahnentanz) beginnen um 14.15 Uhr, Höhepunkt ist das Barfuß-Wettrennen der Schäferinnen und Schäfer und der Schäfertanz im Anschluss. Im Stadtgebiet sind Kapellen und Trachtengruppen ab 17.30 Uhr unterwegs, die Live-Musik beginnt eineinhalb Stunden später.
3. Festtag: Sonntag, 28. August Den Startpunkt des Sonntags bildet die Turmmusik des Posaunenchors (9.30 Uhr), um 11 Uhr wird „Der treue Bartel“ noch einmal in der Stadthalle aufgeführt. Auf dem Stoppelfeld geht es am dritten Tag um 14.30 Uhr los. Dann dürfen Schülerinnen und Schüler am Rennen teilnehmen. Den Hahnentanz auf dem Marktplatz (17.15 Uhr) eröffnet Bürgermeister Jens Hübner. Abends heißt es wieder: Party!
Das komplette Programm gibt es online unter: www.schaeferlauf.de