Christiane Widmann-Wohnsiedler und ihr Mann lieben alte Ansichtskarten – die sie wieder auf „ihrer“ Sammlerbörse im Stadtteil Korntal von Korntal-Münchingen zeigen.

Unzählige Kartons stehen in den Regalen, verteilt auf drei Räume. Von außen sehen die Boxen unscheinbar aus, doch was drinnen ist, sauber und übersichtlich sortiert, das lässt Sammlerherzen höherschlagen: Mehr als 200 000 alte Ansichtskarten aus den Jahren 1896 bis etwa 1950 lagern Christiane Widmann-Wohnsiedler und ihr Mann Andreas Wohnsiedler im Korntal-Münchinger Stadtteil Korntal. Aber nicht einfach so.

 

Das Ehepaar liebt Ansichtskarten und veranstaltet seit dem Jahr 2008 regelmäßig, immer im Frühjahr, die Internationale Sammlerbörse in der Stadthalle Korntal. Am 2. April findet sie wieder statt. Mehr als 40 Händler aus Deutschland und Europa bieten neben alten Ansichtskarten – insgesamt mehr als eine Million Stück – auch Briefmarken, Heimatbelege und Münzen an.

Er sammelt leidenschaftlich gern Motive aus Korntal

Christiane Widmann-Wohnsiedler und ihr Mann sind nicht nur die Gründer und Veranstalter der Börse, sie sind auch Anbieter mit einem eigenen großen Stand. Andreas Wohnsiedler handelt seit Jahrzehnten mit alten Ansichtskarten. Rund 100 000 von ihnen bringt er in die Stadthalle mit, ebenso auf andere Messen. Die restlichen Karten verkauft er im Internet. „Die Trennung erleichtert uns die Arbeit“, sagt Christiane Widmann-Wohnsiedler. Und auch, dass sie immer mehr Karten bekämen. „Es ist erstaunlich, was sich in deutschen Kellern und auf Dachböden findet.“

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Es sind die lithografischen Abbildungen, die bunten Farben und präzisen Zeichnungen, die die 37-Jährige faszinieren. Am meisten mag sie Pernat-Ansichtskarten, auf denen „kleine Zeichnungen wunderschön dargestellt“ sind. Die private Sammlung ihres Mannes umfasst Ansichtskarten mit Motiven aus Korntal.

„Es gibt keinen Bereich, den es nicht gibt.“

Ehe sie ihren Mann kennenlernte – der hat seine Leidenschaft vom Vater – hatte Christiane Widmann-Wohnsiedler nichts am Hut mit Ansichtskarten. Die 37-Jährige lacht. Sie habe bis dato weder was gesammelt noch gewusst, wie detailreich Ansichtskarten seien oder wie breit gefächert das Angebot sei. Karneval, Tiere allgemein – oder nur Affen –, Luftfahrt allgemein – oder nur Zeppeline –, Alkohol, Tankstellen, Frauenhüte: „Es gibt keinen Bereich, den es nicht gibt.“

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Wer nach Themen sammle, sei ein thematischer Sammler. Heimatsammler dagegen sind auf der Jagd nach alten Ansichtskarten mit Motiven aus ihrem Heimatort. Manche seien Hardcore-Sammler, erzählt Christiane Widmann-Wohnsiedler. Damit meint sie Menschen, die ihre Alben digital zu Messen mitbringen, um prüfen zu können, ob sie eine bestimmte Ansicht schon haben oder nicht. Das sei ein wenig wie eine Sucht, alle Ansichten haben zu wollen, die es gibt. Eine dritte Gruppe nennt Christiane Widmann-Wohnsiedler Zufallssammler: Die entdecken Karten, die ihnen gefallen.

Eine Karte ist umso wertvoller, je seltener sie ist. Lithografien machen sie auch besonders, ebenso Detailansichten. Ausschlaggebend sei, dass sie beschriftet und gestempelt sei, sagt Christiane Widmann-Wohnsiedler und berichtet, dass einst der Text vorne beim Motiv geschrieben wurde, wohingegen die Rückseite für die Adresse vorgesehen war.

Nicht nur Corona macht zu schaffen

Vor Corona sind „zu guten Zeiten“ rund 400 Besucher in der Stadthalle gekommen, aus ganz Europa, etwa aus Frankreich und Tschechien. Mit circa der Hälfte rechnen die Veranstalter am 2. April. Doch nicht nur die Pandemie macht ihnen zu schaffen. Christiane Widmann-Wohnsiedler spricht von einem „leicht aussterbenden Segment“. Weniger Messen als früher fänden statt. Viele Sammler seien älter, der Nachwuchs fehle. Jüngere würden zwar online Ansichtskarten kaufen, jedoch eher nicht auf Messen gehen. Christiane Widmann-Wohnsiedler sagt: „Münzen sind zurzeit hoch im Kurs, denn sie eignen sich nicht nur zum Sammeln, sondern sind mittlerweile eine Kapitalanlage“ – damit locke man auch Jüngere.

Die 37-Jährige hofft, dass sich die junge Generation vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeit gewinnen lässt. Dass sie die Dinge der vorigen Generationen mehr schätzt, die zugleich ein Andenken sind in einer schnelllebigen Zeit.

Spezielle Tickets für besonders eifrige Sammler

Die Sammlerbörse findet am Samstag, 2. April, von 9 bis 15 Uhr in der Stadthalle Korntal statt. Der Eintritt kostet drei Euro – außer man möchte bereits ab 7 Uhr an den Ständen stöbern. Dann benötigt man das „Early-Bird-Ticket“ für zwölf Euro. Bei der Börse sind auch Gutachter da, die von den Besuchern mitgebrachte Briefmarken, Münzen oder alte Ansichtskarten kostenlos schätzen.