Der ehemalige Kunstturner Samuel Koch und der Künstler Samuel Harfst haben bei einer Lesung in Stuttgart bewiesen, dass sich Literatur und Musik blendend verstehen.

Stuttgart - Seit einem Unfall in der Sendung „Wetten, dass…?“ im Jahr 2010 sitzt der Schauspieler und ehemalige Kunstturner Samuel Koch im Rollstuhl. Seine Beweglichkeit hat er damals verloren, nicht aber seinen Optimismus und seine Lebensfreude. Das wird beim etwas anderen Literaturabend im Hospitalhof an der Büchsenstraße am Mittwochabend schnell klar.

 

Mit viel rhetorischem Geschick liest Koch aus seinem im Januar erschienen Buch „Steh auf Mensch“ vor. Mit auf der Bühne: Sein Künstlerkollege und Freund, Musiker Samuel Harfst. „Konzertlesung“ nennen die beiden das Programm, das mehr als 650 Besucher in den Hospitalhof lockt. Um das neuste Buch von Koch geht es dabei nur am Rande. Vielmehr wird der Zuschauer Zeuge, wie zwei Freunde auf der Bühne ihrer Kunst – mal getrennt, mal miteinander – nachgehen, sich zwischendurch über die Performance des anderen unterhalten, sich gegenseitig necken oder über die Herkunft von Wörtern, die ihnen gerade durch den Kopf schwirren, nachdenken.

Spontanität beim Ablauf

Vieles scheint spontan abzulaufen. Und auch die Idee für den ungewöhnlichen Abend sei eher ungeplant gewesen: „An einer Geburtstagsfeier von Samuel kamen wir auf die Idee, zusammen auf Tour zu gehen, damit wir uns nicht aus den Augen verlieren. Denn so haben wir festgeblockte Termine miteinander“, erzählt Harfst. Aus dieser „Schnapsidee“, wie er es nennt, habe sein Bruder und Manager dann Ernst gemacht. „Das sind tatsächlich die intimsten Momente, die wir miteinander haben, wenn wir gemeinsam hier auf der Bühne sind“, erzählen die beiden. Durchbrochen wird die lockere Atmosphäre am Abend durch die melancholischen Lieder von Harfst und Textpassagen von Koch, die von Sanftmut, Hoffnung und zerplatzten Träumen handeln.

Koch will andere Menschen inspirieren

Genau diese Abwechslung zwischen heiterer und nachdenklicher Stimmung schätzen die Besucher am Abend. „Die Kombi finden wir interessant. Es war ein sehr nachdenklicher Abend, der durch die ganz unterschiedlichen Themen viele Menschen anspricht. Außerdem wirkt das Programm nicht so durchgestylt, dadurch machen die beiden einen sehr natürlichen und sympathischen Eindruck“, sagt ein junges Paar aus Stuttgart-Heumaden. Eine Familie aus Friolzheim hat das Konzept sogar so überzeugt, dass sie heute zum zweiten Mal eine Konzertlesung von Harfst und Koch besucht: „Wir waren schon einmal bei einer Konzertlesung der beiden und der Abend ist nicht so durchgepowert, man hat Zeit nachzudenken. Und die Tatsache, dass Koch durch den Glauben Kraft schöpft und nie die Hoffnung verliert, finden wir toll. Mit dieser bewundernswerten Einstellung ist er eine Inspiration.“

Dass er andere MMenschen mit seiner Arbeit inspiriert, ist für Koch auch der Grund, warum er sein mittlerweile drittes Buch veröffentlicht hat. „Eigentlich wollte ich nach dem ersten Buch aufhören. Dann gab es aber so viele Rückfragen – und wenn man Menschen helfen kann, gibt einem das den Mut weiterzumachen“, so Koch.