Eine Investorin aus Hangzhou verspricht ihrer finanzstarken und schönheitsbewussten chinesischen Kundschaft Erholung und Gesundheit im Schwarzwald Sanatorium in Baiersbronn.

Baiersbronn - Die erste Überraschung wartet beim Eingang. Ein roter Teppich, gesäumt von exklusiven Motorrädern – wie passen bullige Harley-Cruiser zu einer Gesundheitseinrichtung? Das hat sich so mancher Ehrengast beim Vip-Opening des Schwarzwald-Sanatoriums im Baiersbronner Ortsteil Obertal gefragt. „Chinesen lieben Fotos“, sagt der deutsche Geschäftsführer der HG Health GmbH, die das Sanatorium betreibt, und hat eine einfache Erklärung. Die Bikes ebenso wie ein später auftretender Ritter in voller Montur seien Staffage für Selfies, die zuhause in China voller Stolz gezeigt werden.

 

Ein knappes Jahr war das einst renommierte Schwarzwald Medical Ressort in Obertal leer gestanden. Die auf Naturheilverfahren spezialisierte Privatklinik hatte Mitte Januar 2014 Insolvenz angemeldet. Ein Schock für die Gemeinde, rund 100 Arbeitsplätze gingen verloren. „Fast ungläubig“, so erinnert sich der Baiersbronner Bürgermeister Michael Ruf in seiner Rede, habe er in einem ersten Gespräch die Pläne vernommen, dass die chinesische Milliardärin Wenghong Yu aus Hangzhou das Sanatorium kaufen möchte.

Gesundheitsurlaub für finanzkräftiges Klientel aus China

Die Chefin der Young Merry Real International Group wollte ihrem finanzstarken Klientel neben den Schönheitsbehandlungen in Kosmetikstudios in China und Hongkong einen Gesundheitsurlaub in gesunder Schwarzwälder Luft anbieten, Besichtigungen und Shopping-Touren mitinbegriffen. Mittelfristig solle das Sanatorium wieder als Privatklinik für Allgemeinmedizin und Naturheilverfahren geführt werden. Was sich für Ruf zunächst als „zu schön um wahr zu sein“ anhörte, ist inzwischen Wirklichkeit geworden.

Seit November kommen immer wieder chinesische Gruppen nach Baiersbronn-Obertal. Der Antrag auf Zulassung zur Privatklinik ist gestellt. Bis dahin hat der Baden-Badener Arzt Hendrik Schöbe, spezialisiert auf Naturheilverfahren, Anti-Aging und Frischzellentherapie, im Haus eine Privatpraxis als Zweigstelle eingerichtet.

Aber auch das Rahmenprogrmm muss stimmen. Der inzwischen auch in China bekannten badischen Winzer Siegfried Bimmerle aus der Ortenau lädt zu Weinproben ein. Einkaufstouren der Chinesen zu den exklusiven Markenläden in Baden-Baden und Stuttgart, aber auch zu den örtlichen Händlern, sind bereits legendär. Der Bürgermeister sieht denn eine „große Chance für Baiersbronn und die Region“ und verspricht der Milliardärin „alles zu tun, dass Sie Ihre Entscheidung nicht bereuen“.

Chinesische Investoren schaffen Arbeitsplätze

Tatkräftige Starthilfe hat es auch auf Bundesebene gegeben. Sowohl der parlamentarische Staatssekretär beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Hans Joachim Fuchtel (CDU) als auch die SPD-Bundestagsabgeordnete Saskia Esken hatten sich für die chinesische Investition in ihrem Wahlkreis eingesetzt. Der Sozialdemokratin ist insbesondere wichtig, dass das chinesische Unternehmen wieder Arbeitsplätze in der Region geschaffen habe, dass „die Menschen hier leben und arbeiten können“.

Als Vertreter der Landesregierung begrüßt der Bundesratsminister Peter Friedrich (SPD) die Investition im Gesundheitstourismus, China sei einer der wichtigsten Handelspartner Baden-Württembergs. Er finde es faszinierend, den chinesischen Gästen zu zeigen, dass „Naturerlebnis und Hightech“ in einem Land keine Gegensätze sein müssen. Der Nationalpark liege vor der Haustüre, Baiersbronn sei die „Gourmethauptstadt Deutschlands“. Auch der Freudenstädter Landrat Klaus Michael Rückert heißt die chinesischen Investoren willkommen und sieht Chancen für eine Zusammenarbeit mit dem Freudenstädter Kreiskrankenhaus, etwa im Bereich Kardiologie und Onkologie. Auf die bedeutende wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Deutschland und China weist der stellvertretende Generalkonsul der Volksrepublik Weiping Xing hin. Mehr noch, Deutschland sei für viele Wirtschaftsvertreter „zur zweiten Heimat“ geworden.

Firmenchefin Yu Wenghong präsentiert sich als Model

Auf große Neugierde und auch Staunen trifft der Auftritt der Firmenchefin Yu Wenghong. Im Foyer läuft als Dauerschleife eine Fotoserie der 45-Jährigen in Designerkleidern und Unterwäsche. Die zierliche Frau mit den langen Haaren sieht deutlich jünger aus und wird in China wie ein Popstar gefeiert. Eine solch glamouröse Vorstellung einer Chefin eines milliardenschweren Unternehmens überrascht viele Baiersbronner. So manchem bodenständigen Schwarzwälder ist das Geschäftsmodell um ewige Schönheit und Jugendlichkeit fast unheimlich. „Schön, gesund und mit gutem Herzen“ solle man leben, propagiert Yu Wenghong, deren zweiter Vorname übersetzt Teresa laute und sie deshalb auch der Ordensschwester Mutter Teresa nacheifere. Als „Teresa in Chanel“, wie sie selbst sagt, liege ihr auch die Wohltätigkeit am Herzen. „Wir haben nur eine Erde.“