In den nächsten Jahren werden die Weiher des Bernhardsbachs im Rotwildpark saniert als attraktiver Lebensraum für zahlreiche Amphibienarten. Experten begleiten diesen Prozess.
Beschaulich tröpfelt der Bernhardsbach im Rotwildpark derzeit vor sich hin. Hätte er keinen in Stein gefassten Verlauf, man würde ihn jetzt sicherlich übersehen. Kaum zu glauben, dass dieser maßgeblich für die Wasserversorgung von fünf Staubecken mitten im Wald zuständig ist, von denen derzeit einige gut, einige wenig und einer gar nicht gefüllt ist. Dennoch ist es so und der geringe Durchfluss derzeit sei jetzt im November auch voll in Ordnung, so Ralf Noack, Revierleiter im Rotwildpark.
Und die Leute von Forst BW beobachten jetzt verstärkt, was sich da so tut am Bach und an den Weihern. Lange waren sie an eine Fischzucht verpachtet, seit Anfang dieses Jahres ist die Landeseinrichtung wieder alleine für dieses Ensemble zuständig. „Vier der Weiher sind als wertvolles Feuchtbiotop ausgewiesen und Lebensraum etlicher Amphibien“, so die Försterin Kathrin Klein. Doch jahrelang wurden diese Weiher offensichtlich wenig gepflegt oder gar instandgesetzt. Deshalb ist jetzt einiges an Renovierungsarbeiten aufgelaufen, das Forst BW einige Jahre beschäftigen wird. Da wird schon mit vier bis fünf Jahren gerechnet, bis alles fertig ist.
Gute Lebenschancen für Amphibien
Hier geht es auch darum, die Arbeiten mit dem Zyklus der Natur zu vereinen und möglichst eigene Kräfte einzusetzen, wie die Auszubildenden. Mit dabei ist auf jede Fall Alexander Pieh, Vorstand beim Amphibien-Reptilien Biotopschutz Baden-Württemberg als Ansprechpartner bei fachlichen Fragen zu Amphibien und Feuchtbiotopen. Und der sieht in diesem Areal gute Lebenschancen für seine Schützlinge. Einige gebe es da ja auch jetzt schon. „An den Teichen selbst finden sich Ringelnattern, an den Dämmen wahrscheinlich Waldeidechsen“, so Pieh. Diese Art profitiere jetzt schon von den Freistellungsmaßnahmen an den Dämmen.
Technische Einrichtungen müssen auch erneuert werden
Unter anderem musste da ein ziemlich großer Baum gefällt werden. „Er ist direkt auf einem der Dämme hochgewachsen. Das konnten wir so nicht lassen, da er den Damm destabilisiert“, so Klein. Auch andere Bäume mussten weichen, zumindest deren große Äste: Besonnte Flächen benötigen die Amphibien auch, so Pieh, ein reines Schattenleben sei ihnen nicht zuträglich. Und da sind in den vergangenen Jahren die Bäume und Büsche schon ziemlich gewachsen, manch einer der fünf Weiher führt schon fast ein ausschließliches Schattendasein. Auch Technisches muss erneuert werden, etwa die „Mönche“, das sind die Ablauf- und Stauvorrichtungen, mit denen bei dieser Art von Gewässer der Wasserstand reguliert wird.
Vorfreude auf ein Froschkonzert
„Diese Weiher werden sicher mal eine Alternative zu den großen drei Seen am Bärenschlössle sein“, so Klein. Und da zieht es bei entsprechendem Wetter ja Zehntausende von Naherholungssuchenden hin. Noack freut sich schon mal auf ein möglichst vielstimmiges Froschkonzert im Rotwildpark. „Das ist wunderschön“, schwärmt er. Und Pieh erinnert an frühere Zeiten: „Das war hier mal ein Hotspot des Laubfrosches.“ Er sieht sich als einer, der Entscheidungen nicht am Bürotisch fällt, sondern der möglichst oft draußen und möglichst nah am Objekt des Interesses ist. „Ich komme nie mit sauberer Kleidung nach Hause“, bekennt er. „Zaun- und Waldeidechse, Feuersalamander sowie Berg- und Teichmolche, Gras- , Teich – und Seefrösche sowie Erdkröten finden sich hier ebenfalls an diesen Gewässern und in deren Umgebung“, so Pieh. Kammmolche und Laubfrösche findet er allerdings keine mehr. „Die hier genannten Amphibien nutzen alle noch in kleinen und mittleren Populationsgrößen die Bernhardsteiche als Fortpflanzungsgewässer“, so Pieh, „durch den relativ intakten Landlebensraum und die anderen Gewässer sind Amphibien in der Region noch gut vertreten.“
Molche, Kröten, Frösche, Nattern
Und so könnte es weiter gehen mit der Tierwelt an den Bernhardsweihern: „Im ersten Jahr nach einer Sanierung erwarte ich eine große Lockwirkung. Die Grasfrösche werden vermutlich verstärkt das sanierte Gewässer zum Laichen aufsuchen. Die Art hat lokal Bestandseinbrüche von über neunzig Prozent.“ Pieh rechnet da mit einem starken Populationszuwachs, da es hier kaum Fressfeinde für diese Frösche gebe. Pieh: „Bergmolch und Erdkröte sind ebenso Arten, die solche Gewässer schnell zu nutzen wissen. Teichfrösche kommen im Lauf des Jahres sicher auch dazu.“ Bei Teichmolchen dauere das etwas länger, da müsse auch noch eine entsprechende Wasservegetation hinzuwachsen. Das Fazit von Pieh: „Die fest eingeplanten Sanierungsmaßnahmen der Bernhardsteiche über mehrere Jahre sind ein wahrer Schatz für den Artenschutz“.
Der Revierleiter Noack will auch immer wieder Eisvögel beobachtet haben. Pieh: „Eisvögel fressen sowohl Fische, Libellen- als auch Amphibienlarven. Mehr Grasfroschquappen bedeutet ein besseres Nahrungsangebot für die Brut.“ Bezüglich der gefiederten Bewohner hat Alexander Pieh noch Blesshühner und Reiher gesehen und erwartet, dass künftig auch wieder Zwergtaucher kommen.
Der Wald rund um Stuttgart
Unerwünscht
Eine Tierart, die man tunlichst nicht in den Weihern haben will, ist der Goldfisch. Das Problem: Goldfische fressen die Laiche der Amphibien. Goldfische in Naturteichen auszusetzen ist eine Ordnungswidrigkeit, die laut BUND sogar mit einem Bußgeld bis zu 10 000 Euro belegt werden kann. Für Raubfische wie Hecht und Zander ist der Goldfisch einfach ein Futterfisch. Für seltene und geschützte Amphibien ist der Goldfisch aber eine Katastrophe. Sind Goldfische erst einmal in einem Gewässer, kriegt man sie da kaum mehr heraus. Das Abfischen ist sehr aufwändig und oft geht das auch gar nicht.
Erwünscht
Die Bernhardsbach-Weiher sind Teil der Mühen von ForstBW, den Wald als dynamisches Prinzip differenziert zu betrachten und nicht einheitlich nach einem absoluten System zu bewirtschaften. Dazu gehört auch, „die Wälder als intensiv genutzte Wohngemeinschaft, als Lebensraum für eine Vielzahl geschützter Tier- und Pflanzenarten wie beispielsweise dem Juchtenkäfer zu schaffen“, so ForstBW: „Wir handeln nach dem Grundsatz, den Wald als dynamisches System differenziert zu betrachten und nicht einheitlich nach einem absoluten System zu bewirtschaften.
Stadt und Land
Etwa die Hälfte des Waldes auf Stuttgarter Gemarkung gehört dem landeseigenen Betrieb ForstBW, die Zuständigkeit liegt im Forstbezirk Schönbuch. Größere zusammenhängende Waldflächen auf Stuttgarter Gemarkung im Landesbesitz sind der Rot- und der Schwarzwildpark, der Wald nördlich des Schlosses Solitude und entlang des Lindentals, der Silberwald in Sillenbuch sowie große Teile des Waldes rund um die Waldau und den Frauenkopf. (dl)