Ein neues Konzerthaus statt einer Interimsoper an Stelle des Eckensees? Konzertveranstalter Michael Russ und die SPD-Ratsfraktion sind dafür. Andere denken über eine Anmietung des Möhringer Musicaltheaters nach.

Stuttgart - Die Debatte über den Standort der im Zusammenhang mit der geplanten Sanierung und Erweiterung der Stuttgarter Oper notwendigen Interimsoper nimmt Fahrt auf. Während sich das Finanz- und Wirtschaftsministerium auf Anfrage der Stuttgarter Zeitung nicht zu Alternativstandorten für eine Ersatzoper an Stelle des Eckensees äußern wollte, plädiert der Stuttgarter Konzertveranstalter Michael Russ für den Neubau einer Konzerthalle zwischen dem Hotel am Schlossgarten und dem Königin-Katharina-Stift.

 

Nach Abschluss der Sanierung des Littmann-Baus könnte diese dann stehen blieben und für andere musikalische Veranstaltungen genutzt werden. „Für mich wäre eine solche Halle ein logischer Abschluss der Kulturmeile“, so Russ. Er sei sich freilich bewusst, dass eine Bebauung des landeseigenen Grundstücks Proteste hervorrufen werde. Die SPD-Fraktion im Gemeinderat hat den Vorschlag umgehend aufgegriffen: Eine „reversible Lösung“ für eine Interimsoper sei angesichts der zu erwartenden Kosten in zweistelliger Millionenhöhe kein optimaler Ansatz, erklärte der SPD-Stadtrat Hans-Peter Ehrlich. Es bestehe in Stuttgart ohnehin ein Bedarf an zusätzlichen Konzerträumen. Erst am Donnerstag hatte sich die SPD gegen eine zu große Veranstaltungshalle im Kulturzentrum Wagenhallen ausgesprochen.

SÖS-Linke-Plus: Hände weg vom Oberen Schlossgarten

Auf den Standort für eine neue Konzerthalle wollte sich die Rathaus-SPD, anders als Russ, noch nicht konkret festlegen. Nach StZ-Informationen gibt es auch im SPD-geführten Finanz- und Wirtschaftsministerium Überlegungen, an Stelle des Eckensees das von Russ ins Spiel gebrachte Areal entlang der Schillerstraße für eine Interimsoper vorzusehen. Dafür müssten Dutzende alter Bäume gefällt werden.

Die Fraktionsgemeinschaft SÖS-Linke-Plus erteilte dagegen jeglichen Planungen für eine Ersatzoper im Oberen Schlossgarten eine klare Absage. „Städtische Naherholungsgebiete müssen tabu sein“, erklärten die Fraktionssprecher Thomas Adler und Hannes Rockenbauch. Bei der Suche nach Interimsstandorten für die Oper dürften Räume für Mensch und Natur nicht eingeschränkt werden.

Spekuliert wird im Rathaus auch über die Variante, die Oper für eine Übergangszeit etwa in einem der beiden Musical-Theater in Möhringen einzumieten. Die zur Stage-Holding gehörenden Häuser böten zumindest technisch und akustisch die Voraussetzungen für einen Opernspielbetrieb, hieß es. Zudem verfügen sie über eine Kapazität von jeweils rund 1800 Plätzen.

Der geschäftsführende Intendant der Staatstheater, Marc-Oliver Hendriks, hatte bei der Vorstellung der Sanierungspläne betont, dass eine Interimsoper nicht hinter die derzeitige Platzkapazität von 1400 Plätzen zurückfallen dürfe, um die Jahreseinnahmen von 14 Millionen Euro nicht zu schmälern.

Rathausspitze macht sich für Kostendeckel stark

OB Fritz Kuhn (Grüne) erklärte indes erneut, über den Standort für eine Ersatzoper sei noch nicht entschieden: „Jeder gute Vorschlag ist willkommen.“ Mittlerweile hat die Rathausspitze auch ihre Haltung zur anteiligen Finanzierung der Kosten für die Sanierung und Erweiterung des Großen Hauses präzisiert. Während der OB zu Wochenbeginn gesagt hatte, an der hälftigen Finanzierung zwischen Land und Stadt sei nicht zu rütteln, hatte Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) gegenüber der StZ einer Deckelung des städtischen Beitrags das Wort geredet. Dies sei kein Widerspruch, erklärte ein Rathaussprecher: Wenn die Kosten von einem externen Projektsteuerer seriös kalkuliert seien, müsse der Gemeinderat entscheiden. Später anfallende Mehrkosten habe aber, da seien sich OB und Kämmerer einig, allein das Land zu tragen.

SÖS-Linke-Plus wiederum bestreiten zwar nicht den Sanierungsbedarf der Oper, wollen aber bei teuren Erweiterungsbauten nicht mitgehen. Es sei „eine Unkultur“, dass erfolgreiche Institutionen wie die Oper nach Wachstum strebten, während es für viele subkulturelle Angebote an Geld und Räumen fehle.