Das Mineralbad Berg soll für rund 16 Millionen Euro vor saniert werden. Der vorgesehene Abbruch der Warmbadehalle ist umstritten.

Familie/Bildung/Soziales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Der Wirtschaftsausschuss des Gemeinderates hat sich am Freitag auf eine grobe Richtung bei der Sanierung des Mineralbads Berg verständigt. Das historische Bad soll auch nach der Erneuerung das ganze Jahr über geöffnet sein, die Idee, es in ein reines Sommerfreibad umzuwandeln, ist vom Tisch. Das Bad soll nicht generalsaniert werden, wie anfangs ins Auge gefasst, was etwa 27 Millionen Euro kosten würde. Stattdessen ist eine sogenannte vereinfachte Bestandssanierung geplant, die Kosten dafür werden mit knapp 16 Millionen Euro veranschlagt.

 

Allerdings soll nochmals geprüft werden, wie das Berger Bad durch zusätzliche Angebote attraktiver gemacht werden könnte. Hier stellt sich die Frage, ob dazu das bestehende Warmwasserbecken notwendig wäre. Dieses soll nach den jüngsten Plänen abgebrochen werden, seine Erhaltung würde 4,5 Millionen Euro kosten. In den kommenden beiden Haushaltsjahren sind knapp 1,8 Millionen Euro für die Planung vorgesehen.

Bestimmte Bereiche gesperrt

In welch schlechtem Zustand sich das nach seinem Gründer, dem königlichen Hofgärtner Friedrich Neuner, im Jahr 1856 entstandene Berger Bad befindet, wurde am Freitag einmal mehr deutlich. So mussten im Neuner nach einem Gutachten im Mai des Vorjahres bestimmte Bereiche gesperrt werden, die damaligen Experten hielten eine Betonsanierung von Decken und Wänden zur Rettung der Bausubstand schon bis 2012 für erforderlich. Diese Notwendigkeit sehen die Berater des Büros Quadratus nun bis "längstens 2015". Das Bad wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört, wieder aufgebaut und in seiner Grundstruktur bis heute nur unwesentlich verändert.

Wirtschaftsbürgermeister Michael Föll (CDU) sagte mit Blick auf die Haltung vieler Badegäste, die laut einer Umfrage das Bad möglichst unverändert erhalten möchten: "Es gibt eine deutliche Differenz zwischen der subjektiven Wahrnehmung der Badegäste und der objektiven Situation." Würde man, wie mancher fordere, an dem Bad kaum etwas machen, würde dies in absehbarer Zeit zur Stilllegung des Mineralbades führen, so Föll.

Bewegungsbad wird abgerissen

Die jetzt in den Grundzügen ins Auge gefasste Sanierungsvariante greift aber viele Wünsche der Stammgäste auf. So sollen die beiden Quellen erneuert und umverlegt und das Kaltwasserbecken außen saniert werden, viele Beläge aber mit nur geringem Aufwand instand gesetzt und nur aus zwingenden Gründen ersetzt werden. Die Innengastronomie wird nicht erweitert, das Foyer bleibt wie bisher, in den Park wird nicht eingegriffen. Und weil das warme Bewegungsbad einem Großteil der Stammgäste nicht so wichtig ist (1300 Besucher haben sich an der Umfrage beteiligt), soll dieses abgerissen werden.

Letzteres und nicht nur dies ist unter den Mitgliedern des Wirtschaftsausschusses noch nicht entschieden. Andreas Winter von den Grünen erklärte, dass seine Fraktion grundsätzlich an einer Sanierung im Bestand interessiert sei. Allerdings sei auch die Frage wichtig, wie man das Berg im Dreiklang mit den anderen beiden Mineralbädern entwickeln wolle. Winter plädierte dafür, künftig "angebotsorientiert" über das Bad nachzudenken, "um das Publikum zu erweitern". Knapp 16 Millionen Euro für ein eingeschränktes Angebot auszugeben, sei doch "ein Haufen Geld". Hans Pfeifer von der SPD stimmte dem zu, allein die heutigen älteren Nutzer "tragen das nicht".

Zu bedenken seien etwa zusätzliche Angebote in der Gastronomie und in den Bereichen Wellness und Gesundheit. "Überrascht" zeigte sich der CDU-Fraktionschef Alexander Kotz, dass die Warmbadehalle zur Disposition stehe. Kotz sprach sich dafür aus, die jetzt vorliegende Variante "ohne Zeitdruck" weiterzuentwickeln. Nach Angaben von Bäderchefin Anke Senne besuchen jedes Jahr 120.000 bis 130.000 Badegäste das Berger Bad, im Winter im Schnitt 162 am Tag, im Sommer 477. Etwa 25.000 Besucher, die die vielen Gesundheits- und Fitnesskurse belegen, fallen dann weg. Wenn die jüngsten Pläne verwirklicht werden, geht man von 130.000 bis 140.000 aus.

Die lange Planungsgeschichte zur Erneuerung

Historie: Das Mineralbad Berg ist 1856 gegründet worden. Im Zweiten Weltkrieg wurde es zerstört, danach wieder aufgebaut. Die Außenbecken wurde 1976 saniert, 1980 das Bewegungsbad geschaffen, die Heilquellen 1963 erneuert.

Konzepte: Ursprünglich hatte die Stadt vor, das Mineralbad abgestimmt auf ein nebenan geplantes Gesundheitszentrum zu sanieren, doch der Investor ist abgesprungen. Auch die Kombination mit einem Badhotel ist Vergangenheit.

Sanierungsvarianten: Sechs Varianten liegen für die Sanierung des Bades vor. 27,3 Millionen Euro würde die Basisvariante, die Generalsanierung mit umfassenderen Verbesserungen, kosten, das Jahresdefizit würde dennoch bei drei Millionen Euro liegen. Die Kosten für ein Freibad Berg mit neuen Gebäuden im Sommerbetrieb und kaltem Außenbecken werden auf 10,3 Millionen Euro geschätzt (Jahresdefizit: 870.000 Euro). Variante zwei: Sommerfreibad mit zusätzlichem warmem Außenbecken, Kosten: 14,2 Millionen Euro, Defizit: 1,27 Millionen Euro. Drittens: Ganzjahresbad mit neuem Außenbecken und neuer Sauna, 14,9 Millionen Euro, Defizit: 1,8 Millionen Euro. Plan vier: Variante drei plus Warmwasserbecken außen, 17,2 Millionen Euro, Defizit 2,1 Millionen. Variante fünf: Sanierung des Gebäudebestandes ohne Warmwasserbecken, 15,9 Millionen Euro, Defizit 1,9 Millionen Euro.

Zeitplan: Gleichgültig, welche Varianten verwirklicht wird, in allen Fällen müsste das Bad 18 Monate geschlossen werden. Alleine die Sanierung der Quellen als Voraussetzung verschiedener Arbeiten, dauert ein Jahr. Die Sanierungsmittel könnten im Haushalt 2014/2015 bereitgestellt werden, die Arbeiten nach der Sommesaison 2014 aufgenommen werden. Der neue Neuner ginge dann im Frühjahr 2016 in Betrieb.