Der Milliardär und SAP-Mitbegründer Dietmar Hopp investiert 80 Millionen Euro in die von Nachwuchsforschern gegründete Biotech-Firma CureVac in Tübingen.

Tübingen - Dietmar Hopp ist für eine Gruppe Tübinger Nachwuchsforscher so etwas wie ein Sechser im Lotto. Mit dem Geld des SAP-Mitbegründers und Multimilliardärs bauen die Biologen eine Firma auf, die eine völlig neue Art von Medikamenten entwickeln will. Wenn das gelingt, würden sie wohl die Pharma-Branche aufmischen und einen Milliardenmarkt erschließen. Hopp hat dafür am Dienstag erneut eine für die Branche beachtliche Investition von 80 Millionen Euro zugesagt. Doch so viel Glück haben nicht viele Biotech-Firmen. Die Branche kämpft mit massiven Finanzierungsproblemen.

 

Risikokapital ist in den vergangenen Jahren rar geworden - vor allem in der riskanten Biotechnologie, wo mit ein paar Fehlschlägen in der Medikamenten-Entwicklung leicht das gesamte Kapital weg sein kann. Das hat Ingmar Hoerr bitter gemerkt, als er mitten im Platzen der New-Economy-Blase 2000 seine Firma CureVac aus der Universität Tübingen ausgründete. Dabei war der Molekularbiologe sicher, eine wegweisende Entdeckung gemacht zu haben.

Eher durch Zufall hatte er während der Forschung für seine Doktorarbeit im Labor die entscheidende Beobachtung gemacht: Er sah, dass die mRNA, die Erbinformationen in Proteine übersetzt, entscheidenden Einfluss auf das Immunsystem nehmen kann. Seitdem träumt Hoerr von einer völlig neuen Art von Medikamenten auf Basis von mRNA, die den Körper dazu bringen könnten, Krebszellen eigenständig zu vernichten. „Aber um so eine Idee klinisch nutzbar zu machen, braucht man Investoren“, sagt er. Und die waren damals beim besten Willen nicht aufzutreiben.

Damit stand Hoerr vor einem typischen Problem. 2011 konnten die 400 Biotechnologie-Unternehmen in Deutschland nach einer Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young gerade mal 130 Millionen Euro Kapital eintreiben, 71 Prozent weniger als 2010. Doch um ein Medikament bis zur Marktreife zu bringen, muss ein Unternehmen Fachleuten zufolge hohe dreistellige Millionenbeträge investieren können.

800 Millionen Euro hat Hopp bereits in Biotechnologie-Unternehmen investiert

Neben den Hexal-Gründern Andreas und Thomas Strüngmann ist Dietmar Hopp einer der wenigen, die in größerem Umfang Geld in junge Biotech-Firmen stecken. 800 Millionen Euro hat Hopp über seine Investmentfirma dievini bislang in 15 Biotechnologie-Unternehmen in Deutschland und Europa investiert. 2006 wurde die Investmentfirma auch auf Ingmar Hoerr und seine Firma CureVac aufmerksam und begann, in die Idee der jungen Firmengründer zu investieren. „Das ist einer der größten Meilensteine gewesen. Von da ab haben wir sofort mit der therapeutischen Entwicklung beginnen können“, sagt Hoerr.

145 Millionen Euro hat Dievini mittlerweile in CureVac gesteckt. „Uns war von Anfang an klar: Wenn das funktioniert, dann ist es ein Durchbruch“, sagt dievini-Geschäftsführer Friedrich von Bohlen. Vor allem Medikamente zur Behandlung von Prostata- und Lungenkrebs hat das Unternehmen derzeit im Fokus. Doch prinzipiell seien Medikamente auf mRNA-Basis für alle Krebsarten und für die meisten Infektionskrankheiten einsetzbar.

Das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg verfolgt die Arbeit von CureVac jedenfalls mit großem Interesse. Die RNA spiele in der Krebsforschung im Moment eine ganz wesentliche Rolle. „Mutter Natur verwendet sie ja auch“, sagt Professor Christof von Kalle, Leiter der Abteilung Translationale Onkologie. Labore, die in diesem Bereich aktiv seien, gebe es viele. „Aber CureVac hat sicherlich erfolgversprechendere Ansätze als andere“, urteilt der Experte.

Trotzdem: Bis das Tübinger Unternehmen ein mRNA-basiertes Medikament in die Apotheken bringen kann, werde es bis in die 2020er Jahre dauern, betont Hoerr - falls alles glatt läuft. Ob Hopps Investmentfirma dievini solange an Bord bleibt, sei aber ungewiss, sagt von Bohlen. Einen eigenen Pharma-Riesen aufzubauen sei bislang jedenfalls nicht das Ziel des SAP-Mitbegründers. Aber sobald eine mRNA-basierte Arznei in klinischen Studien ihre Wirksamkeit beweisen sollten, gäbe es an zahlungskräftigen Käufern wohl keinen Mangel.