Eine alleinerziehende Mutter verliert ihr einziges Kind. So wie es aussieht, ist das Mädchen entführt worden, womöglich zwingt man es zur Prostitution. Ganz ohne reißerische Töne entwickelt die schwedische Schriftstellerin Sara Lövestam in „Die Wahrheit hinter der Lüge“ daraus einen eindringlichen Kriminalroman.

Lokales: Hans Jörg Wangner (hwe)

Stuttgart - Pernilla ist Anfang 30, alleinerziehende Mutter, Kouplan zehn Jahre jünger, macht auf Privatdetektiv. Die beiden haben eine große Gemeinsamkeit: sie wollen lieber unterm Radar des schwedischen Staates bleiben. Kouplan, weil er als Flüchtling aus dem Irak keinen sicheren Status hat. Pernilla, weil sie befürchtet, man könne ihr wegen psychischer Labilität das Kind wegnehmen, weshalb sie die Geburt ihrer Tochter verschwiegen hat und die kleine Julia seither im Geheimen aufzieht. Doch eines Tages verschwindet in Sara Lövestams „Die Wahrheit hinter der Lüge“ das Kind und die Mutter wendet sich in ihrer Verzweiflung an den Ermittler, der mit dem etwas großspurigen Slogan wirbt: „Wenn Ihnen die Polizei nicht helfen kann, wenden Sie sich am mich.“

 

Kouplan, immer hungrig, immer klamm, macht sich auf die Suche. Und obwohl er und seine Klientin einander gut verstehen, ist er immer wieder irritiert über Ungereimtheiten, die sie ihm auftischt. Auf der anderen Seite zeitigt seine Arbeit durchaus Ergebnisse. So steht recht schnell die Frage im Raum, ob Julia nicht entführt wurde, um zur Prostitution gezwungen zu werden.

Mit eher leisen Tönen schildert Sara Lövestam, wie Kouplan der Sache nach und nach auf den Grund geht. Um am Ende herauszufinden, dass alles ganz anders ist.

Wie die Autorin die Seelennöte psychisch entsprechend disponierter Menschen schildert, wie sie, privat in der Flüchtlingshilfe engagiert, die Befindlichkeiten der Geflohenen schildert, das hat große Klasse – ein lesenswerter Schwedenkrimi, der ohne Schlächtereien und (fast) ohne menschliche Monster auskommt.

Sara Lövestam: Die Wahrheit hinter der Lüge. Aus dem Schwedischen von Stephanie Elisabeth Baur, Rowohlt, 9,99 Euro