Der Urlaubsort der Zukunft muss Selfie-Potenziel haben – das war nur eine von vielen markanten Thesen des Internetkolumnisten Sascha Lobo. Er hat im Hospitalhof über Digitalisierung und Tourismus gesprochen.

Stuttgart - „Ich habe hier fast keinen Empfang“, raunt eine Besucherin ihrem Sitznachbarn im Paul-Lechler-Saal des Hospitalhofs zu. Ist das schon digitale Ungeduld? Sascha Lobo nennt dieses Phänomen „Sofortness“. Er schildert es im Rahmen seines Vortrags bei der Kooperationsbörse der Tourismus Marketing GmbH Baden-Württemberg (TMBW). „Der Internetnutzer will nicht mehr warten“, erklärt der Internetkolumnist, der regelmäßig für „Spiegel Online“ schreibt. Seien Online-Formulare zu komplex oder reagierten sie zu langsam, verliere er die Lust. Nachweislich werden viele Bestell- und Buchungsvorgänge abgebrochen, weil sie nicht flott genug vonstattengehen. Das trifft auch die Reisebranche und führt direkt zu Lobos Thema „Digitale Utopien für den Tourismus“.

 

Der prominente Blogger liefert verblüffende Beispiele für die Bedeutung, die insbesondere das Smartphone inzwischen für die Branche gewonnen hat. „Instagram ist das Reisebüro unserer Zeit“, so Lobo. „48 Prozent der Generation, die um das Jahr 2000 geboren wurde, suchen sich ihre Reiseziele über diese Plattform aus.“ Das wirke sich auch auf die Anforderungen an das Marketing der Touristiker aus. „Selfieness gewinnt ebenfalls an Bedeutung“, fährt der Digitalisierungsexperte fort. „Für junge Leute spielt es eine Rolle, ob sich ein Urlaubsort für die Selbstinszenierung in sozialen Netzwerken eignet.“ Ob auch das Spiel Pokémon Go einen signifikanten Einfluss auf Reisebewegungen hat, kann er nur mutmaßen. „Einzelne Monster kann man nur in bestimmten Ländern finden“, führt der Berliner aus. „Ich gebe zu, dass ich einen Flug nach Neuseeland auch deshalb angetreten habe, weil ich dort ein bestimmtes Pokémon jagen konnte.“

Die Zeichen der Zeit erkennen

Sascha Lobo versteht es, solche Anekdoten und kleine Skurrilitäten mit Denkanstößen zu verbinden und die Zukunftsthemen für den Touristik-Sektor definieren. Der hat sich inzwischen zur Leitökonomie in Baden-Württemberg entwickelt, wie Guido Wolf, Minister für Justiz in Europa, in seinem Grußwort herausstreicht. „Wir haben 390 000 Vollzeitbeschäftige in diesem Bereich – deutlich mehr als in der Fahrzeugbranche“, betont er. Das müsse stärker ins Bewusstsein gerückt werden.

Auch er fordert, die Zeichen der Zeit zu erkennen – Stichwort Digitalisierung. Sascha Lobo füllt den oft schwammig und unterkühlt wirkenden Begriff mit Leben und schließt mit einem klaren Appell: „Verstehen Sie die Veränderungen als Herausforderung und als Chance.“