Die Zukunft von Sat 1 ist mit dem Abgang von Harald Schmidt am Donnerstag ungewisser denn je. Für Schmidt gibt es nun aber doch eine Fernsehzukunft.

Stuttgart - Kein anderer Manager eines kommerziellen Fernsehsenders genießt in der Branche ein derart hohes Ansehen wie der Sat-1-Chef Joachim Kosack. Aufgrund einer bewegten Vergangenheit – er war unter anderem Kabarettist und Theaterregisseur – steht der frühere Teamworx-Produzent („Stauffenberg“) für ungewöhnliche Denkansätze. Auch Kosack hat jedoch nicht verhindern können, dass Sat 1 nun schon seit geraumer Zeit unter einem Imageproblem leidet. Das Hin und Her mit den prominenten TV-Köpfen Pocher, Kerner und Schmidt, die mit großem Getöse verpflichtet und dann kleinlaut in die Wüste geschickt wurden, hat dem Ruf des Senders auch nicht gerade gutgetan.

 

Das Beste, was sich über das Sat 1 der letzten Jahre sagen lässt, ist der fast schon eigensinnige Glaube an die Zukunft der deutschen Serie. Am Ende wurde die Zuversicht belohnt: „Der letzte Bulle“ und „Danni Lowinski“ (montags) bescherten dem Sender gute Zuschauerzahlen, respektvolle Kritiken und diverse Fernsehpreise. Auch mit „Großen Sat.1-Filmen“ (dienstags) wie dem Atomkraft-Thriller „Restrisiko“ wagt sich Sat 1 immer wieder an bemerkenswerte Stoffe. Darüber hinaus aber gibt es nicht viele Gründe, gezielt Sat 1 einzuschalten, und wenn sich Europas Spitzenkicker der Champions League ab Herbst im ZDF tummeln, verliert der Sender ein weiteres Stück jener Identität, von der manche behaupten, sie existiere längst nicht mehr. Nicht eben hilfreich war zudem der aus Kostengründen vollzogene Umzug nach München (2009) und die Fusion mit dem Schwestersender Pro Sieben.

Mit Vollgas wird "pilotiert"

Trotzdem könne von inhaltlicher Stagnation keine Rede sein, versichert eine Sprecherin. Man pilotiere „mit Vollgas“ neue Formate für den Vorabend, produziere gleich vier neue Serien für den Herbst und entwickele zudem neue Showkonzepte. Eigentlich also ein kreatives Umfeld, in dem nur noch ein Querkopf wie Harald Schmidt fehlt. Den habe man, hatte Kosack im Herbst versichert, „nicht wegen der Quote geholt“, da sei man ganz realistisch. Aber „es veredelt einen Sender, wenn er einen solchen Grandseigneur hat“.

Am Ende zählte die schlechte Einschaltquote dann doch mehr als der Hochadel. Bis zum Tag der Kündigung kam die „Harald Schmidt Show“ in diesem Jahr auf nur 6,5 Prozent Marktanteil. Den „Grandseigneur“ hat das nicht weiter gestört, er hätte vermutlich einfach so lange weitergemacht, bis sich der Senderschnitt (derzeit rund zehn Prozent, Tendenz fallend) auf ähnlich niedrigem Niveau eingepegelt hätte. Tatsächlich wirkte er im Endspurt auch wieder bissiger als zuvor. Die boshaftesten Seitenhiebe galten dem zukünftigen ehemaligen Arbeitgeber. Seine Einzigartigkeit verdankt Schmidt jedoch Ideen wie jener, die Geschichte der Rolling Stones mit den immer wieder gern gesehenen Playmobil-Figuren nachzustellen oder die Bochumer Symphoniker ins Studio einzuladen. „Für unsere Freunde aus den Blogs und der Lokalpresse“ empfahl er anlässlich des Orchesterauftritts die Überschrift „Untergang mit Pauken und Trompeten“.

Häme zum Abschied von den Kollegen

Wie immer aber, wenn ein Großer strauchelt, finden sich Zeitgenossen, die ihm beim Abgang noch Dreck hinterherwerfen. Pünktlich zur Abschiedswoche ist im „Spiegel“ ein Interview mit zwei Männern erschienen, die ihre Popularität in erster Linie Harald Schmidt zu verdanken haben: Manuel Andrack, Stichwortgeber aus Schmidts erster Sat-1-Ära, und Herbert Feuerstein, Beisitzer in der grandiosen WDR-Reihe „Schmidteinander“, lassen kein gutes Haar am einstigen Weggefährten. Laut Andrack, im Dezember noch an einer DVD-Sammlung mit dem „Best of“ der Schmidt-Shows beteiligt, hält sich der frühere Chef „für den größten Moderator aller Zeiten“, weshalb es Schmidt sehr wurme, dass er anders als Thomas Gottschalk nie zwanzig Millionen Zuschauer erreicht habe. Sein Zynismus, ergänzt Feuerstein, sei keineswegs gespielt. Andrack glaubt, Schmidt müsse nun mindestens ein Jahr Pause machen. Sender wie RTL und Pro Sieben seien mit Comedy bereits eingedeckt, die ARD sei „verbrannte Erde“, das ZDF habe am späten Abend Markus Lanz; und ein Digitalsender komme für Schmidt nicht infrage, weil er seiner Meinung nach ja „der Größte“ sei und entsprechend entlohnt werden wolle. Feuerstein ist dagegen überzeugt, dass Schmidts Comeback nicht lange auf sich warten lassen werde: „Er ist der ewige Entertainer, der kann gar nicht aufhören.“ Er werde „aus der Kanalisation“ kommen und eine Sendung machen, „von der noch niemand etwas ahnt“.

Und siehe da, Feuerstein hat den richtigen Riecher gehabt: Gestern bestätigte der Bezahlsender Sky Deutschland Medienberichte, wonach Schmidt mit seiner Late-Night-Show bei Sky Atlantic und Sky Hits unterkommen soll. Sky Atlantic ist ein neuer HD-Kanal der Pay-TV-Plattform, der Ende Mai starten wird. Von Herbst an wird die „Harald Schmidt Show“ dienstags bis donnerstags um 22.15 Uhr zu sehen sein. Während Schmidt damit den „Himmel auf Erden“ gefunden haben will, stellt sich für Sat 1 die Frage, wo die Reise hingeht.