Satireclip „Racial Profiling“ Lieber lachen statt empören

Achtung, Satire: Zwei nicht allzu schlaue Cops nehmen einen harmlosen Fahrradbesitzer ins Visier. Foto: funk/screenshot

Ganz mies würde da mit Polizisten umgegangen, beschweren sich Politiker über einen zweieinhalbminütigen Film beim Jugendkanal „funk“. Die Aufregung ist unangebracht: Der Clip ist eine gelungene, witzige, vorsätzlich überdrehte Satire zum ernsten Thema Rassismus bei der Polizei.

Stuttgart - Satire ist eine schöne Sache und grundsätzlich dazu da, uns den Wahnsinn der Realität besser aushalten zu lassen. Im besten Fall macht sie uns klüger und hellsichtiger und lässt uns obendrein lachen, im schlimmsten Fall ist sie weder lustig noch hat sie einen interessanten, herausfordernden Standpunkt. Den Leuten beim öffentlich-rechtlichen Jugendkanal funk, wo es immer mal wieder Lästereien mit erhöhtem Frechheitsfaktor gibt, ist ein prima Satireclip gelungen: „Racial Profiling“.

 

In zweieinhalb Minuten wird erzählt, wie ein dunkelhaariger, lockenköpfiger junger Mann versucht, sein Fahrrad aufzuschließen, wie die Zwei-Mann-Fußstreife der Polizei vorbeikommt und wie der Fahrradbesitzer bald tot am Boden liegt. Klingt bitter, ist es auch, aber eben nicht nur. Der Clip fängt bereits überrissen an, steigert sich ins völlig Absurde, rammt uns dann mit voller Wucht in die herbe Realität – und zieht danach wieder ab ins vollkommen Überdrehte. Er spricht ein echtes Problem an und macht in jeder Sekunde deutlich, dass er die Wirklichkeit spöttisch übertreibt. Nur eben am entscheidenden Punkt nicht, bei der Aussage nämlich, dass das angesprochene Problem – Rassismus bei der deutschen Polizei – reale Opfer fordert.

Eine Dosis Monty Python

Die beiden Herren in Blau sind so schräg drauf wie sonst nur Cartoonfiguren. Ihren spontanen Verdacht, der Mann vor ihnen könne a) Ausländer und b) damit natürlich Krimineller sein, versuchen sie, mit einem Farbfächer zu untermauern. Für einen Drogendealer, befinden sie, sei er nicht dunkel genug. Aber ein Fahrraddieb könne er hautschattierungsmäßig durchaus sein. Sie rufen also Hilfe herbei. In Schnitt und Gegenschnitt sehen wir ihr Gespräch mit einem Scharfschützen, der den Verdächtigen auch schon im Visier hat. Und dann zeigt die Kamera in der Gesamtschau, dass dieser Spezialist mitsamt seinem Gewehr in kaum Schnürsenkelzipfelentfernung neben den Kontaktbereichsbeamten auf dem Gehweg liegt. Arg viel deutlicher als mit so einer großzügigen Dosis Monty-Python-Humor kann man nicht signalisieren, dass man nicht vorhat, den konkreten polizeilichen Alltag allgemeingültig abzubilden.

Für einige Aufregungszündler der Boulevardpresse und für ein paar Politiker war aber auch das nicht deutlich genug. Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) nannte das Video gegenüber der „Bild“-Zeitung einen „Schlag ins Gesicht jedes Polizeibeamten“, Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) findet es „falsch und vollkommen daneben, die Polizei unter einen Generalverdacht zu stellen“, und der CDU-Innenexperte Christoph de Vries verstieg sich zu der Formulierung vom „staatszersetzenden Schund“. Man könnte deuten, den betreffenden Herren sei jeder Vorwand recht, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu diskreditieren. Man kann aber auch freundlicher sein und erst einmal interpretieren, Reul, Strobl und de Vries hätten einfach noch immer gar nichts von Kunst, Konzepten und Praxis der Satire begriffen.

Von wegen Generalverdacht

Egal, was Satire spielerisch abhandelt, sie muss immer mit Einzelfällen arbeiten. Sonst hieße sie Statistik und würde Excel-Tabellen und Tortendiagramme feilbieten. Und einem Einzelfall kann man immer vorwerfen, er stelle alle unter Generalverdacht. Dieses Spielchen könnte man gleich noch mit den Nachrichten treiben. Über Innenstadtraser dürfte zum Beispiel nicht mehr berichtet werden, weil jemandens Großonkel Eusebius die Tachonadel nie über 20 klettern lässt und viele andere sich an die ausgeschilderte Höchstgeschwindigkeit halten. Also bloß keinen Generalverdacht!

Besonders seltsam muten die markigen Politikerworte derzeit aber an, weil sogar die Bundesregierung das Problem Racial Profiling bei der Polizei ernst nimmt und eine Studie zu dem Phänomen erarbeiten lassen wollte. Bundesinnenminister Horst Seehofer hat das dann zwar vorläufig wieder abgeblockt. Das Thema aber gärt in Berlin. In deren Zusammenhang hat übrigens auch der nun empörte CDU-Politiker Herbert Reul zugegeben, man könne in Sachen Rassismus bei der Polizei „niemals nie sagen“.

Ein Clip für die Schule

Der Satireclip „Racial Profiling“ bei funk zeigt witzig und ergreifend zugleich, wovon da in der Sphäre der Politik die Rede ist: Wie es aussieht, wenn ein Mensch, der ins Raster rassistischer Vorurteile passt, mal an die falschen Polizeibeamten gerät. Jene Polizisten dagegen, die in Schulen gehen und dort bei Kindern und Jugendlichen Präventionsarbeit leisten, könnten diesen Clip wunderbar bei ihrer Arbeit einsetzen. Das Filmchen könnte erstklassige Starthilfe leisten für Gespräche, was man selbst schon Negatives und auch Positives mit der Polizei erlebt hat, von welchem Gebaren mancher Kollegen seriöse Polizisten sich distanzieren wollen und müssen, welche Unterschiede und Ähnlichkeiten es zwischen der Lage in den USA und der in Deutschland gibt etc. etc.. Satire will auch befreiend lachen lassen, damit man über ernste Dinge gelöster sprechen kann. Man sollte guter Hoffnung sein, dass das von manchen Polizisten besser begriffen wird als von einigen Innenpolitikern.

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