Zigarettenkippen vergiften das Grundwasser. Umweltschützer fordern deshalb Aschenbecher an allen Stadtbahnhaltestellen. Die Stadt setzt auf Strafen für Müllsünder.

S-Mitte - Der Deckel des Mülleimers an der Haltestelle Berliner Platz/Hohe Straße hat zwei runde Öffnungen. Außerdem gibt es mehrere Schlitze. Raucher können an ihnen ihre Kippe ausdrücken und diese dann durch die Öffnungen in den Mülleimer fallen lassen. An der nahen Haltestelle Berliner Platz Liederhalle ist der Mülleimerdeckel dagegen nicht perforiert. Raucher drücken ihre Stummel auf dem Deckel aus und lassen sie dort liegen.

 

Kippen finden sich auf dem Bahnsteig um den Abfalleimer herum. Der Wind hat sie heruntergeweht. Einige Zigarettenstummel liegen auch auf dem Bahnsteig an der Hohen Straße. Es sind dem Augenschein nach aber deutlich weniger.

Umweltschützer kämpft gegen Müll

Der Stuttgarter Umweltschützer Thomas Venugopal vom Cleanup-Network Stuttgart setzt sich gegen die Vermüllung öffentlicher Plätze ein. Er sieht in den in Abfalleimern integrierten Aschenbechern einen Beitrag zu einer sauberen Stadt. Denn die Zigarettenfilter brauchten lange zum Verrotten, erklärt er. „Es ist gut, wenn sie wenigsten nicht auf dem Boden landen“, sagt er. Doch die Anzahl an Aschenbechern an den Haltestellen reicht dem Umweltschützer nicht aus. Er fürchtet außerdem, dass die integrierten Behälter nicht genügend Schutz vor schädlichen Emissionen bieten. „Regen kann in die Aschenbecher mit Schlitzen im Decke eindringen und schädliche Stoffe auswaschen“, sagt er.

Der Umweltschützer nennt eine beeindruckende Zahl. Eine einzige Kippe belaste 40 Liter Grundwasser mit den Giften, die bei Rauchern Krebs und andere Krankheiten hervorrufen, sagt er.

BUND warnt vor Kippen

Im vergangenen Jahr warnte auch der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) davor, dass jede Kippe eine Portion Giftmüll sei. Die über 4000 chemischen Substanzen im Zigarettenrauch passieren zunächst den Cellulosefilter, bevor Raucher sie in ihre Lungen inhalieren. Ein Teil der krebserregenden oder zellschädigenden Gifte bleibt im Filter zurück.

Venugopal meint, dass er mit der Stuttgarter Straßenbahn AG (SSB) im Austausch steht und über neue Aschenbecher an Haltestellen diskutiert. Er erkennt bei dem Unternehmen eine zögerliche Haltung. „Sie wollen wohl nicht zum Rauchen ermutigen“, vermutet Venugopal. Er sieht in dieser Haltung ein Problem. „Einige Raucher schmeißen ihre Zigarette einfach weg, wenn sie keinen Aschenbecher finden“, sagt er. Venugopal plädiert dafür, dass Umweltschützer weitere Aschenbecher an Stadtbahnhaltestellen aufstellen dürfen.

SSB sieht keine Handhabe für Verbot

Die SSB-Sprecherin Birgit Kiefer erklärt, dass sich das Verkehrsunternehmen an die im Tarifverbund VVS geltenden Beförderungsrichtlinien halte. Ein Rauchverbot sei an oberirdischen Haltestellen genau wie auf Straßen unter freiem Himmel nicht durchsetzbar, meint sie. „Andererseits ist es uns und sicherlich unseren nichtrauchenden Fahrgästen auch recht, wenn an unseren Haltestellen nicht geraucht wird“, sagt Kiefer. „Wir beobachten immer die Situation und wenn es aus unserer Sicht Sinn macht, werden Aschenbecher aufgestellt“, meint sie. Die Behälter würden zwei Mal am Tag geleert, erläutert Kiefer weiter.

Die schnelle Beseitigung der Kippen durch das Leeren verhindere Belastungen der Umwelt durch Aussickern von Giften, erklärt die Sprecherin. Zigarettenkippen, die im Gleisbett liegen, blieben auch nicht endlos liegen, betont die SSB-Sprecherin. Denn auch das Schotterbett werde regelmäßig gereinigt, meint Kiefer. Die SSB-Sprecherin erteilt dem Aufstellen von Aschenbechern durch Dritte eine Absage – sofern diese nicht die Erlaubnis der SSB eingeholt haben. „Schon aus Sicherheitsgründen und um Nachahmereffekte zu verhindern, müssen solche Vorrichtungen entfernt werden“, erklärt sie.

Stadt droht Bußgelder an

Die Stadt setzt auf Abschreckung, um Raucher davon abzuhalten, ihre Kippen einfach wegzuschnippen. Sie hat erst jüngst ihren neuen Bußgeldkatalog verschärft. Das Wegwerfen einer Zigarettenkippe kann teuer werden. Es droht eine Strafe in Höhe von 100 Euro. Sie kann bei wiederholtem Verstößen oder fehlender Einsicht auch 250 Euro betragen. Beim städtischen Vollzugsdienst wurden außerdem neue Stellen geschaffen, um Kontrollen zu verstärken.

Stuttgart scheint sich am Beispiel Singapurs zu orientieren. Horrend hohe Bußgelder gegen Müllsünder helfen der ostasiatischen Metropole schon seit langer Zeit, das Stadtbild penibel sauber zu halten. Auch aus Sorge um den eigenen Geldbeutel könnte es sich für künftig Raucher lohnen, die Zigaretten außerhalb der eigenen vier Wände stecken zu lassen.