Mit ihren Bitumenkochern und Vorspritzmaschinen ist die Fellbacher Firma Schäfer-technic eine feste Größe in der Straßenbau-Branche – auch wenn kaum jemand aus dem Rems-Murr-Kreis den Hidden Champion kennt. Jetzt feiert die 1898 gegründete Firma ihr 125-jähriges Bestehen.

Rems-Murr: Sascha Schmierer (sas)

Bei Kärcher, Stihl und Tesat muss bei der Besetzung freier Arbeitsplätze eher selten die Frage geklärt werden, in welchen Geschäftsfeldern das Unternehmen eigentlich sein Geld verdient. Wer sich bei einem der drei genannten Unternehmen bewirbt, weiß in aller Regel zumindest grob, dass es sich um Reinigungstechnik, Motorsägen oder Satellitenbau handelt.

 

Bei der Fellbacher Firma Schäfer-technic sieht das ein wenig anders aus – obwohl auch der Traditionsbetrieb vom Kappelberg für ein ganz bestimmtes Produktfeld steht. Ohne Schäfer nämlich geht nichts beim Straßenbau, das gut 80 Mitarbeiter zählende Unternehmen ist ein Spezialist für die Asphaltierungsbranche – und ebenso gut im Geschäft wie wenig bekannt.

Fast jeder hat die Bitumenkocher und Splittstreuer schon zu Gesicht bekommen

Fast jeder, der schon auf einer Autobahnbaustelle im Stau stand, hat die Bitumenspritzmaschinen und Splittstreuer aus Fellbacher Produktion schon mal staunend zu Gesicht bekommen. Und wer auf einer wegen der Fahrbahnerneuerung halbseitig gesperrten Landstraße an einer roten Ampel warten musste, ahnt wohl in den seltensten Fällen, dass der kurz vor der nächsten Kurve vor sich hin dampfende Asphalt-Koloss zwar schon einige Jahre auf dem Buckel hat, aber immer noch mindestens eine halbe Million wert ist.

Schönheiten sind die Sonderfahrzeuge nicht, die in den Werkhallen an der Friedrich-List-Straße produziert werden. Aber sie sind robust, zuverlässig – und erfüllen ihren Zweck. „Die Frage ist immer: Was soll die Maschine machen?“, sagt Jens Schäfer, einer der Geschäftsführer des Familienbetriebs.

Die Politik gibt zu wenig Geld für die Straßensanierung aus

Es gibt Rührwerkskocher, mit denen neben Gussasphalt auch Reparaturmasse auf die Straße gebracht werden kann, im Fachjargon als Blow-Patcher bekannte Fahrzeuge jagen Bitumenemulsion und Füllmaterial für das Stopfen von Schlaglöchern aus dem bis zu 4000 Liter großen Tank. Zu den Brot-und-Butter-Produkten des Fellbacher Betriebs gehören aber die Belagsmaschinen für eine durchgängig geteerte Fahrbahndecke. Mit einem maximalen Tempo von 90 Metern in der Minute bringen sie pro Arbeitsgang bis zu 300 Gramm Material pro Quadratmeter auf dem Untergrund aus – eine Menge, die bei einer Arbeitsbreite von 4,60 Metern eine Sanierung in einem Rutsch erst möglich macht. „Der Straßenerhalt ist für uns ein Riesenthema – hoffentlich sieht das die Politik auch so“, so Schäfer.

Vom Band läuft bei dem Familienbetrieb nichts, bei fast jedem Auftrag handelt es sich um eine speziell auf den Bedarf des Kunden abgestimmte Sonderanfertigung. Das macht den Job für die Mitarbeiter abwechslungsreich, weil es auf individuelle Lösungen ankommt. Und es sind Fahrzeuge möglich, die bei Schäfer-technic intern unter dem Stichwort „Schweizer Taschenmesser“ laufen.

Die Maschinen aus Fellbach laufen in Melbourne und Madagaskar

Aufs BMS-P, ein Bitumen-Spritzgerät, können neben dem Tank für den Haftkleber auch ein Kehrbesen, ein Wasserfass, eine Diesel-Zapfsäule und ein Ad-Blue-Tank installiert werden. Aus der Arbeitsmaschine wird ein kleines Versorgungszentrum für den Straßenbautrupp – nur mit Currywurst und Pommes kann das Fahrzeug noch nicht dienen. Bei der jüngsten Fachmesse hat das Fellbacher Unternehmen auch erstmals eine elektrische Version des Multitalents vorgestellt. In einer Branche, in der der Motor frühmorgens gestartet und bis zum Feierabend nicht abgeschaltet wird, ist das eine echte Neuheit – zumal eine Asphaltmaschine durchaus mal die Heizleistung von acht Einfamilienhäusern haben kann. Möglich wird das, weil die hauseigene Konstruktion einen besser gedämmten Tank fürs 70 Grad warme Bitumen entwickelt hat, wegen der schwächeren Wärmeleitfähigkeit aus Edelstahl. Fünf von zehn Maschinen aus Fellbach werden in Deutschland verkauft, weitere vier im EU-Ausland. Doch auch in Melbourne und Madagaskar tun noch Bitumenkocher von Schäfer-technic ihren Dienst.

Entwickelt hat sich die Firma aus einer schlichten Schmiede im Fellbacher Oberdorf. Irgendwann wurden in der 1898 von Johannes Schäfer gegründeten Werkstatt – wegen der katholischen Dominanz von Wasseralfingen bei Aalen ins protestantische Fellbach umgesiedelt – nicht mehr Hufen beschlagen und Wagenräder gedengelt. Das Schweißen von Abfallmulden und Öltanks stand nach dem Zweiten Weltkrieg auf dem Programm, die Einzelteile für die Prestige-Boliden von AMG in Affalterbach werden auf Montagewagen von Schäfer-technic durch die Werkhalle gefahren. Die wirkliche Nische aber ist das Know-how bei der Asphaltierung – selbst für schmalspurige Radwege gibt es eine maßgeschneiderte Lösung.