Für die Herde von Nicole von Kopp Ostrowski hätte dieser Winter der letzte werden können. Der Schäferin, deren Tiere unter anderem den Eichenhain in Stuttgart-Sillenbuch pflegen, fehlte das Geld fürs Futter. Eine Spendeaktion hat ihr nun geholfen.

Sillenbuch - Das erste Lamm der Saison ist da. Kurz vor dem Monatswechsel erblickte das Tierchen das Licht der Welt. Eine Eins in Leuchtfarbe auf dem schneeweißen Fell markiert das kleine Wesen. Nicole von Kopp Ostrowski freut sich besonders über ihr Winterlämmchen, „es ist topfit“. Denn zu Anfang des Winters hatte es nicht gut ausgesehen für die Herde, die unter anderem im Eichenhain weidet.

 

Hungern lassen oder schlachten?

Die Mittel fürs Futter fehlten. Das Geld, das das Landratsamt Esslingen für die Kultivierung der aktuell acht Weiden durch die Huftiere bezahle, reiche nicht aus, monierte die Tierhalterin und Landwirtin im Gespräch mit dieser Zeitung im November. Die Optionen seinerzeit: die etwa 150 Schafe und 50 Ziegen hungern lassen oder gleich zum Schlachter bringen.

Die Sillenbucher Tierfreundin Inga Ritter hatte aus diesem Grund für Nicole von Kopp Ostrowski eine Spendenaktion ins Leben gerufen, um die Tiere durch den Winter zu bringen – und die ist offenbar eingeschlagen. Die Schäferin berichtet von „einigen Tausend Euro“, die aus Kleinst- und Großspenden zusammengekommen sind. Die genaue Summe will sie nicht nennen, „sonst habe ich Neider ohne Ende“. Auf dem gepachteten Gelände in Pliensauvorstadt zeigt die 43-Jährige auf große Heuballen. „Diesen Winter läuft alles. Ich habe gutes Futter erwischt“, resümiert sie und betont, wie begeistert sie ist, dass sich so viele Menschen engagiert haben. Kein Tier – außer den normalen Nachzuchten – sei zum Metzger gebracht worden. Am Grundproblem ändert dies nichts.

Frischwasser aus einer Quelle

Über die Landschaftspflege komme zu wenig Geld rein, „Wolle ist quasi nichts wert“, klagt die Schäferin, die seit zehn Jahren Tiere hält. Geld verdient sie zudem über den Verkauf von männlichen Nachzuchten, doch nicht alle Rassen, die sie in ihrer Mischherde hält, eignen sich zur Fleischgewinnung. Laut dem Jahresbericht des hiesigen Landesschafzuchtverbandes bestehen die Einkünfte von Schafzüchtern heutzutage zu 39 Prozent aus dem Fleischhandel, zu 59 Prozent aus der Bewirtschaftung von Landschaftsflächen und wegen des voranschreitenden Preisverfalls nur zu zwei Prozent aus dem Verkauf von Fellen. Das Fleischgeschäft wird jedoch durch Importe aus Nicht-EU-Ländern auch immer härter. Im Fall von Nicole von Kopp Ostrowski kommen weitere Probleme hinzu. Das Gelände, wo ihre 200 Tiere aktuell überwintern, verfügt über keinen Wasseranschluss, wie sie erzählt.

Die etwa 600 Liter Frischwasser, die die Schafe und Ziegen pro Tag saufen, holt die Besitzerin mit der Hilfe von Freiwilligen täglich an einer nahen Quelle, wie sie sagt. Die Schäferin will sich rüsten. Ihre Idee: einen Verein gründen, um weitere Spenden zu generieren und freiwillige Helfer zu finden. Zum Prozedere will sie sich demnächst rechtlich beraten lassen. Potenzial wäre da, glaubt sie, immerhin habe sie die Erfahrung gemacht, dass sich gerade in Sillenbuch außerordentlich viele Menschen für ihre Tiere interessierten. „Teilweise stehen so viele Leute am Zaun, dass ich kaum durchkomme.“