Schäferlauf in Markgröningen Ein Fest, das von der ganzen Stadt gelebt wird
Markgröningen feiert seinen Schäferlauf und sein neues Schäfer-Königspaar. Es ist ein Fest, das alle mit einschließt.
Markgröningen feiert seinen Schäferlauf und sein neues Schäfer-Königspaar. Es ist ein Fest, das alle mit einschließt.
Seit Freitag und noch bis zum Montagabend steht Markgröningen (Landkreis Ludwigsburg) kopf. Die ganze Kleinstadt – von einigen geplagten Anwohnern einmal abgesehen – ist in Feierlaune; trifft man einander, grüßt man nicht mit „Hallo“ oder „Grüß Gott“, sondern wünscht sich „Schönen Schäferlauf!“. Auch Schafe begegnen einem immer wieder. Sei es als Plüschtier in verschiedenen Schaufenstern, als zotteliger Rucksack mit Beinen oder als hübsches Stoffmuster von Kissen. Und auch echte Schafe gibt es natürlich.
Die allerdings haben am Samstag ihren großen Auftritt nicht in der weiträumig abgesperrten Innenstadt mit Marktständen und Fressbuden, sondern auf dem Stoppelfeld am Stadtrand. Dort, wo auch das neue Schäfer-Königspaar gekrönt wird. Das heißt: Neu ist nur der König, der 19-jährige Kilian Gulde aus Salem am Bodensee. Seine Königin, die 15-jährige Jana Deufel aus Schwenningen, hat sich nämlich schon im letzten Jahr beim Barfußlauf über das Stoppelfeld die Königskrone erlaufen und bekommt sie erneut aufs Haupt gedrückt.
Als ihnen zu Ehren der Schäfertanz aufgeführt wird – in diesem Jahr zum hundertjährigen Jubiläum sind es 32 statt wie sonst 16 Paare, die im leichten Trab komplizierte Figuren aufs Stoppelfeld zaubern – bekommen sie schon wieder genügend Luft. Ein Glück, dass es in diesem Jahr das Wetter gut meint mit den Markgröningern. Denn bei Hitze oder Dauerregen sind weder Laufen noch Tanzen ein Vergnügen.
Unter dem Publikum auf den gut gefüllten Rängen sind auffallend viele junge Leute. Und das, obwohl man diese Altersgruppe eigentlich weder mit Volkstanz, Schäfertracht oder mit Blasmusik begeistern kann. Doch in Markgröningen ist zumindest beim Schäferlauf alles anders. Zum Markgröninger Marsch wird nicht nur munter mitgeklatscht, sondern auch lauthals mitgesungen. Einige stehen sogar auf, als ob es sich um die Nationalhymne handle. Aber genau das ist der Marsch wohl auch für die Markgröninger: ein Stück Identifikation.
Das gilt für Urgesteine ebenso wie für Zugewanderte. Bei den Kindern, die ebenfalls schon in hübschen Schäfertrachten durch die Gassen wuseln oder beim Sacklaufen über das Stoppelfeld springen, sieht man auch das eine oder andere Kopftuch oder einen dunkleren Teint. Eine fröhliche Frauengruppe aus „Eingeborenen“, die sich auf dem Marktplatz einen Cocktail genehmigt, entgegnet auf die Frage, was denn am Schäferlauf so toll sei: „Alles! Schäferlauf isch Schäferlauf!“ Ein junger Mann aus Bayern sagt, seine Partnerin stamme aus Markgröningen und sei mit dem Schäferlauf aufgewachsen. Er selbst habe das Fest zum ersten Mal im letzten Jahr erlebt, dieses Mal sei er erstmals auch auf dem Stoppelfeld. „Ein schöner Umzug, eine schöne Innenstadt, und wenn man gute Laune mitbringt, ist es toll hier“, so sein Eindruck.
Begeistert geht das Publikum auch bei der kurzen szenischen Inszenierung zum „treuen Bartel“ mit, dem zumindest der Legende das Fest zu verdanken ist. Die bösen Verschwörer, die den Schäfer Bartel erfolglos dazu überreden wollen, ihnen ein paar Schafe des Grafen zu verkaufen, ernten lautstarke Buhrufe, der Graf hingegen Applaus, weil er zum Dank für Bartels Treue das schöne Fest stiftete. Großer Jubel auch beim Hahnentanz, bei denen es den Tänzerinnen und Tänzern nur manchmal gelingt, Walzer tanzend auch noch einen Wasserbecher mit dem Kopf von einer beweglichen Plattform zu stoßen.
Und auch der Festzug mit zahlreichen Gruppen aus Markgröningen, benachbarten Orten und anderen Schäferlaufstädten wird beklatscht. Ein buntes Bild geben Reiter, Musiker, Fahnenschwinger und verschiedene Kostümgruppen von Mittelalter bis Biedermeier ab. „Der Umzug kostet die Stadt einen Haufen Geld“, raunt eine Zuschauerin ihrer Nachbarin zu. „Die kommen nicht umsonst.“
Stimmt und doch auch wieder nicht, sagt Bürgermeister Jens Hübner, der zusammen mit Ehrengästen wie den Landtagsabgeordneten Konrad Epple und Markus Rösler, dem Staatssekretär im Umweltministerium, André Baumann, und Landrat Dietmar Allgaier das Fest eröffnet hat. „Natürlich kostet so ein Umzug Geld, aber die Teilnehmer verdienen da keine großen Summen, sondern bekommen eine Anerkennung.“
Auch die Paare, die den ebenso sehenswerten wie offenkundig strapaziösen Schäfertanz aufgeführt haben, werde er nachher auf ein Bier einladen. Und natürlich seien auch die zunehmend verschärften Sicherheitsvorkehrungen nicht umsonst zu haben.
Aber dafür ist es auch ein besonderes Fest. Ob man sagt: „Markgröningen ist der Schäferlauf“ oder „Der Schäferlauf ist Markgröningen“– beides passt gleichermaßen.