Beim Schäferlauf rennt eine 14-Jährige der weiblichen Konkurrenz davon. Das Fest lockt am Wochenende rund 100 000 Besucher in die historische Altstadt.

Markgröningen - Bei nahezu idealem Sprintwetter hat die Schäferlaufstadt Markgröningen am Samstag ihr namensgebendes Traditionsfest gefeiert: Schäfchen- und andere Wolken ließen die Sonne nicht so brennen wie noch am Wochenende zuvor. Und auch ein stetiger Wind sorgte rund um den Bartholomäustag (24. August) zu Ehren des Schutzpatrons der Schafhirten für Erfrischung. Die Schäferkrone des schnellsten Läufers über das Stoppelfeld am Ortsrand sicherte sich der Vorjahressieger Michael Erhard aus Birkenzell. Mit deutlichem Vorsprung erreichte der 17-Jährige nach 300 Schritten die Ehrentribüne vor seinem ein Jahr jüngeren Bruder Daniel. Das Schäfermädchen an Erhards Seite ist eine Neue: die erst 14-jährige Annemarie Golderer aus Pforzheim.

 

An Nachwuchs mangelt es nicht

Den Höhepunkt des Festes, das heute zu Ende geht, erlebten am Samstagnachmittag auf dem Stoppelfeld mehr als 3000 Zuschauer und 2000 Mitwirkende von mehr als 60 Vereinen, Traditions- und Musikgruppen. Weil die Schäfermädchen und die jungen Schäfer in der Lage sein müssen, ein fliehendes Schaf zu fangen und weil die Tiere im Spätsommer besonders gerne die Ähren und Körner auf den abgeernteten Getreidefeldern essen, misst sich der Nachwuchs der Zunft seit jeher im barfüßigen Wettlauf über den allerdings schon reichlich platt getrampelten Stoppelacker. Auch wenn den Landeschafzuchtverband Zukunftssorgen plagen, an Nachwuchs mangelt es nicht: 13 Mädchen und zehn Jungen – alle aus Schäferfamilien und älter als 13 Jahre – traten zum Spurt an. In rund 14 Sekunden siegte Annemarie Golderer in einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit der 22-Jährigen Nicole Herb aus Hausen. Neben der Krone des Schäferkönigs und der Schäferkönigin erhielt das Siegerpaar je ein Schaf, wobei ein Tier bockte, als wolle es seinen Teil zum Programm beitragen.

Das ganze Wochenende über strömten insgesamt rund 100 000 Besucher durch die mittelalterliche Altstadt und über den Krämer- und Schäfermarkt mit rund 260 Ständen. Zwischen Staubsaugern und Pfannen fanden sich auch echte Schafprodukte, wie die von Gerold Laurich aus Inning am Holz in Oberbayern. Seit Mitte der 80er-Jahre ist der Gerber mit Schaffellen, Schuhen, Handschuhen und Decken jedes Jahr in Markgröningen dabei. „Beim Schäferlauf erwarten die Kunden noch Qualität“, erzählt er. Anderswo zähle nur der möglichst niedrige Preis. Der ist in den vergangenen zwei Jahren allerdings gestiegen, weil die australischen Felle nach Laurichs Angaben um 250 Prozent teurer wurden. Die deutschen Schäfer zogen nach.

Zwei Schlägereien überschatten das friedliche Fest

Der Bürgermeister der 14 500-Einwohnerstadt, Rudolf Kürner, zeigte sich mit dem Verlauf des Festes hochzufrieden: „Alles ausverkauft, das Wetter super.“ 370 000 Euro lässt sich die Stadt Markgröningen das Spektakel mit rund 600-jähriger Tradition jedes Jahr kosten, wovon nur 170 000 durch Einnahmen wieder hereinkommen.

Das Rote Kreuz war mit 100 Ehrenamtlichen aus dem ganzen Kreis präsent, wie die Markgröninger Bereitschaftleiterin Martina Jentsch erklärte. Die Einsätze hielten sich aber in Grenzen. „Es ist gut, dass es abgekühlt hat“, so Jentsch. Überschattet wurde das Fest von zwei Schlägereien: Am frühen Samstagmorgen hatte nach Polizeiangaben ein 20-Jähriger seinem Freund beistehen wollen, den eine Gruppe anging. Ein 25-Jähriger schlug ihm deshalb einen Bierkrug ins Gesicht. Am Sonntag um kurz vor 1 Uhr schlug ein Unbekannter einem 31-Jährigen eine Flasche oder einen Krug an den Kopf, nachdem er ihn zuvor bereits angerempelt hatte.