Wer steuert Baden-Württemberg besser in die digitale Zukunft? Darüber ist zwischen Regierung und Opposition ein lebhafter Wettstreit entbrannt. Auf das jetzt vorgestellte CDU-Konzept reagiert die grün-rote Koalition mit Kritik und Spott.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Neun Monate vor der Landtagswahl wird die digitale Zukunft Baden-Württembergs zunehmend zum Wahlkampfthema. Der CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf warf der grün-roten Landesregierung am Donnerstag vor, bei der für das Land enorm wichtigen Digitalisierung zu wenig Ehrgeiz zu entwickeln. Zugleich stellte er ein Konzept seiner Fraktion vor, das unter anderem einen 500-Millionen-Euro-Pakt für einen Ausbau der Breitband-Versorgung vorsieht. Von der Regierung erntete er dafür umgehend Spott und Widerspruch: Nicht Grün-Rot, die CDU sei es, die das Thema lange verschlafen habe. Was Wolf fordere, sei in Baden-Württemberg teils längst realisiert oder auf den Weg gebracht.

 

„Wir wollen ein Smart Valley Baden-Württemberg schaffen und brauchen mehr Tempo auf dem Weg in die digitale Zukunft“, sagte der CDU-Fraktionschef bei einem gemeinsamen Auftritt mit dem Experten für Netzpolitik, Andreas Deuschle. Der Umgang mit der Digitalisierung sei entscheidend dafür, ob man Wohlstand und Arbeitsplätze im Land halten könne. Grundlage allen digitalen Handelns sei die Verfügbarkeit von schnellem Internet. Eine CDU-geführte Regierung werde daher in der nächsten Legislaturperiode 500 Millionen Euro in den Ausbau der Breitband-Versorgung investieren. Durch eine weniger bürokratische Unterstützung könne man schnelle Erfolge erzielen. Zudem müsse die Förderung stärker auf die Wirtschaftlichkeitslücken der Netzbetreiber ausgerichtet werden.

Konzept mit vier Säulen

Der Betrag lasse sich sicher nicht in einem Haushalt verankern, sondern nur über mehrere Jahre, sagte Wolf. Ein solcher „Investitionsschwerpunkt“ sei für das Land aber enorm wichtig. „Wenn wir das Geld jetzt nicht investieren, werden wir in den folgenden Jahren dafür bezahlen müssen“, warnte er. Die Digitalisierungsoffensive der CDU ruhe auf vier Säulen. Zum einen müsse Baden-Württemberg „ein weltweites Alleinstellungsmerkmal in Schlüsselbereichen der digitalen Wirtschaft entwickeln“; vernetzte Mobilität sowie digitale Produktion und Gesundheitswirtschaft müssten „kraftvoll angegangen“ werden. Man wolle zum Zweiten die betroffenen Branchen und vor allem den Mittelstand in die Lage versetzen, schnell Strategien für die Veränderungen zu entwickeln.

Als dritte Säule nannte Wolf „Teilhabe“: jeder Bürger solle lernen können, mit den digitalen Möglichkeiten umzugehen. Werte und Normen müssten zum Vierten auch online Bestand haben: Um die Folgen der Digitalisierung abzuschätzen, wolle man eine „interdisziplinär ausgerichtete Denkfabrik“ etablieren.

Enttäuscht zeigte sich Wolf, dass Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sein Angebot zur Zusammenarbeit weiter ausschlage. Am Vortag der Präsentation der CDU-Vorschläge war ein entsprechendes Schreiben Kretschmanns bekannt geworden. Darin reagierte er kühl auf die Offerte und bemängelte, es fehle an substanziellen Vorschlägen. Wolf appellierte erneut an ihn, angesichts der Bedeutung des Themas mit der Opposition „an einem Strang“ zu ziehen. Er glaube nicht, dass die Digitalisierung ein „richtig großes Thema“ im Wahlkampf werde, sagte der CDU-Spitzenkandidat.

Bonde: Kalter Kaffee 4.0

Aus der Regierungskoalition kamen gleichwohl scharfe Reaktionen. Verbraucherminister Alexander Bonde (Grüne) sagte, man sei für Vorschläge der Opposition offen, „sofern diese nicht mehrere Jahre alt sind und im Land bereits umgesetzt sind“. Das CDU-Konzept nannte er „Kalter Kaffee 4.0“. Auch die SPD-Generalsekretärin Katja Mast sprach von einem „Abklatsch längst angepackter Maßnahmen“. Die Landtags-Grünen monierten, Wolfs Offensive biete nicht mehr als „copy & paste von Grün-Rot“. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke forderte die CDU auf, sich der von den Liberalen vorgeschlagenen Milliardenoffensive anzuschließen.