Am Flughafen von Scharm el Scheich herrscht Chaos, die Touristen stecken fest. Nach Hinweisen auf ein Bombenattentat stellen auch die Russen Ferienflüge nach Ägypten ein.

Scharm el Scheich - Die meisten Urlauber wollen nur noch eins – möglichst schnell nach Hause. Nervös und verängstigt drängelten sich am Freitag die Menschen im Abflugterminal des ägyptischen Badeortes Scharm el Scheich. Doch die Evakuierung der über 20 000 Gestrandeten kam bereits in den ersten Stunden zum Erliegen – ausgelöst durch ein chaotisches Tauziehen zwischen den ägyptischen und britischen Behörden.

 

Wie die Billig-Airline Easyjet am Mittag mitteilte, wurden ihr von ägyptischer Seite acht der zehn geplanten Flüge von Scharm el Scheich nach Großbritannien gestrichen. Ähnlich erging es auch anderen Chartergesellschaften, die ihre Kunden mit zusätzlichen Leermaschinen heimfliegen wollten. Bis zum Abend konnten lediglich acht der ursprünglich 29 vorgesehenen Flüge starten, so dass die Mehrzahl der Touristen wütend und empört in ihre Hotels zurückkehren mussten.

London hatte am Mittwochabend nach einer Sitzung des nationalen Krisenrates sämtliche Flugverbindungen zwischen Großbritannien und Scharm el Scheich gestoppt, ein Schritt, dem sich inzwischen alle westlichen Fluglinien anschlossen. Am Freitagnachmittag ordnete dann auch Russlands Präsident Wladimir Putin den Stopp aller Reisen nach Ägypten an.

Ermittler vermuten Bombe

Die britische und die amerikanische, aber inzwischen offenbar auch die russische Regierung vermuten, dass Terroristen am vergangenen Samstag eine Bombe an Bord des über dem Nordsinai abgestürzten russischen Airbus A-321 geschmuggelt haben. Wie die Zeitung „The Times“ berichtete, haben die Geheimdienste nach dem Unglück per Satellit abgehörte Telefongespräche von ihnen bekannten Terroristen in Syrien und auf dem Sinai auf einschlägige Hinweise abgesucht und waren dabei fündig geworden. „Der Ton und der Inhalt der Botschaften überzeugten die Ermittler, dass eine Bombe an Bord geschafft wurde – entweder durch einen Passagier oder einen Mitarbeiter des Bodenpersonals“, schrieb das britische Blatt.

Die BBC ergänzte, die Ermittler in London seien überzeugt, dass jemand vom Rollfeld aus kurz vor dem Start die Bombe im Inneren deponiert habe – entweder ein Gepäckarbeiter, jemand aus der Putzkolonne oder ein Angestellter der lokalen Catering-Firma „SS Air“. Kairos Außenministerium reagierte empört und bezeichnete den westlichen Terroralarm zum gegenwärtigen Stand der Untersuchung als „voreilig und nicht gerechtfertigt“.

Handgepäck zehn Mal durchleuchtet

Die Auswertung der Black Box stützt nach Angaben aus Ermittlerkreisen den Anschlagsverdacht. Sowohl die Daten der Instrumente als auch die Gespräche seien bis zur 24. Minute unauffällig gewesen. Dann hätten der Stimmenrekorder und der Flugdatenschreiber auf einen Schlag nicht mehr funktioniert. Die Daten des Flugdatenschreibers deuteten auf einen „brutalen, plötzlichen“ Absturz des Airbus hin. „Alles ist normal, völlig normal, und plötzlich nichts mehr“, berichtete die Quelle.

Für Verstimmung sorgte am Freitag die Ankündigung der westlichen Fluggesellschaften, die Koffer der Passagiere würden in Scharm el Scheich nicht mit an Bord geladen, sondern mit einer Frachtmaschine abgeholt. Die niederländische Fluggesellschaft KLM dehnte diese Gepäcksperre auch auf den Flughafen der ägyptischen Hauptstadt aus. Auf dem Frühflug am Freitag von Kairo nach Amsterdam ließ der Kapitän nur das Handgepäck an Bord zu.