Wie überlebt man einen Atomkrieg? Vielleicht in einem Röhrenbunker, wie er in Zeiten des Kalten Krieges angeboten worden ist.

Stuttgart. - Im Vorraum liegen Gasmasken und Helme griffbereit, ein Mülleimer harrt kontaminierter Kleidung. Hinter der dicken Schutztür stapeln sich – nachgebaute – Betonblöcke, die zusätzlich atomare Strahlung abhalten sollten. Die Rede ist von einem „Röhrenbunker“, wie er zu Zeiten des Eisernen Vorhangs und des Gleichgewichts des Schreckens für Privatleute angeboten wurden. Ein kapselförmiger Bau im Vorgarten, der bei einem atomaren Angriff vor nuklearer Explosion und Fallout, also der radioaktiven Strahlung, schützen sollte. Zu sehen ist ein solcher in der Ausstellung „Kalter Krieg“. Darin bereitet der Verein Schutzbauten Stuttgart im Feuerbacher Tiefbunker die ganze Bandbreite der Ereignisse von Checkpoint Charlie über den Austausch von Spionen bis zur Maueröffnung auf.

 

Exponate aus Dettenhausen

Der Röhrenbunker ist dabei „absolutes Highlight“ und in Deutschland einmaliges Exponat, betont Vereinsvorsitzender Rolf Zielfleisch. Unbekannt ist, wie viele überhaupt einen solchen neben ihrem Haus, angedockt an den Keller, vergraben ließen. Zumal das Bauwerk denn auch einiges kostete. Zielfleisch hatte indes Glück. Von Freunden und Verwandten erfuhr er, dass sich ein solcher Bunker in Dettenhausen befindet, vor einem Haus, das abgerissen werden sollte: Stefan Nau, Hersteller von Heizöllagertanks und Regenwasser-Systemen, hatte ihn sich Ende der 60er-Jahre installieren lassen. Seine Familie – Tochter Beate und ihr Mann Dieter Bäuerle, waren sofort bereit, das Bauwerk dem Verein zur Verfügung zu stellen, indes war es aufgrund der Maße nicht möglich, den Bunker komplett nach Feuerbach zu transportieren. Also ließ man von der Firma Theaterbau aus Ludwigsburg einen Nachbau mit Originalteilen erstellen – für 22 000 Euro, 3000 Euro gab der Bezirksbeirat zu dem finanziellen Kraftakt hinzu. Das Ergebnis gefällt allen. „Toll, genau so wie es war“, so Beate Bäuerle. Auch ihr Vater, der mittlerweile im Heim lebt, fände es bestimmt prima. „Als es vor zwei Jahren losging, hat er es auch noch etwas mitbekommen.“

Platz für sechs Menschen

Dessen minutiöse Planung ist denn auch im Nachbau bestens nachzuvollziehen. Alles für die Hygiene befindet sich gleich hinter der Schutztür, Metallwaschbecken, Wasserboiler, Badschränkchen mit Spiegel, eine Handpumpe, die das Abwasser nach draußen befördern sollte, sowie eine Trockentoilette, in die man Sägemehl gestreut hätte. „Um kein Wasser zu verbrauchen“, so Jochen Schmaus, stellvertretender Vorsitzender von Schutzbauten Stuttgart. In einem Schrank – „original“– finden sich Verbandsmaterial und allerlei andere medizinische Utensilien, in einem anderen Instantkaffee und verschiedene Konserven, die mit einem Topf auf einem Elektroherd – dank eigener Notfallstromversorgung – hätten erwärmt werden können. „Wasser hätte man in solcherlei Behältnissen vorgehalten“, Schmaus zeigt auf schwarze Zehnliterkanister. „Zwei Liter pro Tag und Person.“ Für maximal neun Leute sei der Bunker ausgelegt, auf den drei Klappbetten an der Wand könnten die jeweils im Wechsel schlafen. Über ein Periskop, ebenfalls ein Original, hätte man die Lage gepeilt. Eine Pumpe diente dazu, Frischluft ins Innere zu befördern – durch zwei Tonnen Kies gefiltert. Eine Spielesammlung sollte für Ablenkung sorgen. „Man rechnete mit mindestens 14 Tagen Aufenthalt.“