Sowohl das Kunstmuseum als auch das Friedrichsbau Varieté in Stuttgart erfreuen sich derzeit eines besonders großen Publikumszuspruchs. Liegt es am Jazz oder ist Magie im Spiel?

Lokales: Matthias Ring (mri)

Stuttgart - Dieser Bauch gehört ins Museum, hat man sich wohl gedacht und Vincent Klink für eine gut besuchte Extraeinlage in die Schau „I got Rhythm. Kunst und Jazz seit 1920“ geholt. Der Liebling vieler Stuttgarter begründet den großen Zuspruch für seine kleine Exkursion mit einem „pawlowschen Reflex: Wenn die Leute meinen Namen hören, denken sie sofort an Fleischküchle.“ Aber das würde der Sache nicht gerecht werden, schließlich ist Klink nicht nur Koch und Autor („Ein Bauch spaziert durch Paris“), sondern auch Jazzliebhaber. Ein aktiver sogar, wie er mit freundlicher Unterstützung von Bose und der „Intelligent Music Accompaniment Software“ Band in a Box auf seiner Basstrompete zu George Gershwins Jazzhymne „I got Rhythm“ demonstriert.

 

Eigentlich ist er im Kunstmuseum, um über sein Lieblingswerk der Ausstellung zu dozieren: Rose Pipers „The Death of Bessie Smith“. Der war tragisch, denn die schwarze Bluessängerin verblutete 1937 nach einem Autounfall, weil man sie in der Klinik wegen ihrer Hautfarbe nicht behandeln wollte. Klink holt in seinem Vortrag weit aus, spricht auch über die Black-Power-Bewegung und sagt, „die Kunstwelt in den USA ist eine weiße Welt – mindestens so weiß wie Andy Warhol“.

Szenenapplaus für Museumschefin Ulrike Groos

An dieser Stelle muss die Museumsdirektorin UIrike Groos, deren Ausstellung als „Großtat“ und mit Szenenapplaus gewürdigt wird, dann doch mal kurz reingrätschen und ergänzen: „Amerika entdeckt seine schwarzen Künstler gerade wieder.“ So wie Stuttgart den Jazz, der in dieser Stadt mal „weltberühmt“ war, wiederentdeckt. Das zeigt zumindest der Erfolg der Schau, in deren Verlauf noch weitere Bäuche, Pardon, Köpfe museumsreif sind: Am Mittwoch, 17. Februar, spricht der Allianz-MTV-Manager Bernhard Lobmüller über Jackson Pollok, am 2. März der Schauspielintendant Armin Petras über Paul Klee.

Bevor sich „Lobo“ Lobmüller übrigens auf die Arbeit mit den Volleyballerinnen konzentrierte, hatte er die Bo’teca di Vino in Botnang gegründet, die als weitere Stuttgarter Lieblingsadresse inzwischen von Sebastian Werning geführt wird. Der wiederum kochte einst in Klinks Wielandshöhe und ist der Schwiegersohn der Friedrichsbau-Varieté-Geschäftsführerin Gabriele Frenzel. Mit dieser Überleitung wollen wir nicht nur sagen, dass die Welt auch in Stuttgart ziemlich klein ist, sondern: am Freitagabend war Premiere der Show „100 % Magic“.

Am Pragsattel spielt sich alles ein

Das Friedrichsbau Varieté versteht sich zwar nicht wie andere als „Gourmettheater“, aber gegessen wird dort schon. Viel sogar, sagt Victoria Freitag von der inzwischen zuständigen Schmücker Gastronomie. Gut die Hälfte der Gäste verzehre, ob nun das vorbestellte Varieté-Menü oder à la carte. Weil es einige An- und Ablaufschwierigkeiten gab, haben wir das jüngst mal getestet und können sagen: es lief recht rund. Die Roastbeefvorspeise war gut, die Maultaschen sind optimierungsfähig.

Aber nach und nach spielt sich da oben am Pragsattel alles ein, wie der Geschäftsführer Timo Steinhauer sagt. Foyer und Saal haben deutlich mehr Flair als beim Neustart. Die Auslastung lag im Herbst bei 70 Prozent, rund um den Jahreswechsel sogar bei 90 Prozent – und mit der neuen Show habe man den besten Vorverkauf seit Jahren. Das muss auch so sein, ist man doch durch eine Millionenbürgschaft der Stadt zum Erfolg verdammt. Aber das Verhältnis sei gut und die Spielstätte werde fleißig genutzt. Am 8. März etwa wird die Eröffnung der Stuttgarter Kriminächte mit dem Exgeheimagenten Leo Martin und der Kulturbürgermeisterin Susanne Eisenmann im Friedrichsbau Varieté gefeiert.

Bei so viel Erfolg allerorten eine kleine Anregung: Könnte Yorgos Katsaros, der Conférencier von „100 % Magic“, seine wundersame Vermehrung von Olivenölflaschen nicht mit Champagner machen? Vielleicht im Kunstmuseum? Wäre doch passender als Fleischküchle. . .