Kurz vor dem Start seines neuen Filmes „J’accuse“ wirft die französische Schauspielerin Valentine Monnier dem Regisseur vor, sie 1975 schwer missbraucht zu haben. In Frankreich hat das Thema doppelte Sprengkraft.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Paris - Roman Polanski sieht sich neuen Vorwürfen der Vergewaltigung ausgesetzt. Die französische Schauspielerin und Fotografin Valentine Monnier wirft dem Regisseur vor, sich während eines gemeinsamen Skiurlaubes im Jahr 1975 in dem Schweizer Nobelort Gstaad an ihr brutal vergangen zu haben. Monnier war damals 18 Jahre alt, Polanski 42. Der Oscarpreisträger mit Wohnsitz in Frankreich weist die Vorwürfe entschieden zurück.

 

Die Anschuldigungen gegen Roman Polanski platzen in Frankreich in eine aufgeheizte Stimmung. Vor einigen Tagen ist die bekannte Schauspielerin Adèle Haenel an die Öffentlichkeit gegangen und hat schwere Missbrauchsvorwürfe gegen den Regisseur Christophe Ruggia erhoben. Die 30-jährige zweifache Trägerin des Filmpreises César wirft ihm vor, sie im Alter von zwölf bis 15 Jahren belästigt zu haben, als sie ihren ersten Film „Les Diables“ (deutscher Titel: „Kleine Teufel“) mit ihm drehte. Ruggia weist die Vorwürfe vehement zurück. Die Anschuldigungen lösten in Frankreich zudem erneut eine Debatte über die MeToo-Bewegung aus, die von vielen kritisiert wird. Bekannte Künstlerinnen wie Catherine Deneuve hatten im vergangenen Jahr eine „mediale Lynchjustiz“ gegen Männer im allgemeinen beklagt.

Briefe an die Gattin des Präsidenten

Adèle Haenel hat sich nun an die Seite von Valentine Monnier gestellt und erklärte: „Ich glaube ihr.“ Monnier sagte, dass sie sich mit ihren Vorwürfen gegen Polanski in zwei Briefen auch an die französische Präsidentengattin Brigitte Macron gewandt habe. Deren Büro teilte mit, in beiden Fällen seien die Schreiben an Mitglieder der französischen Regierung weitergeleitet worden. Die Staatssekretärin für Gleichberechtigung Marlène Schiappa begrüßte, dass das ehemalige Model nach 42 Jahren sein Schweigen breche, betonte aber, dass die Aufarbeitung Sache der Justiz sei.

Der Anwalt Polanskis macht Valentine Monnier den Vorwurf, dass sie ihre Vorwürfe kurz vor dem Start des neuen Filmes „J’accuse“ an die Öffentlichkeit bringt. Der Streifen über die Dreyfus-Affäre wurde bei den Filmfestspielen von Venedig mit dem Silbernen Löwen ausgezeichnet. Beim Europäischen Filmpreis wurde der Film soeben für vier Preise nominiert, darunter als Bester Film sowie Polanski als bester Regisseur und Drehbuchautor. In Deutschland wird der Film unter dem Titel „Intrige“ am 6. Februar 2020 in die Kinos gehen.

Valentine Monnier entgegnet, dass die Berichterstattung zu „J’accuse“ ihre traumatischen Erinnerungen wiederbelebt hätte. Ihre Empörung wurde dadurch gesteigert, dass Polanski in Interviews Parallelen zwischen sich und Dreyfus gezogen hat. Auch er sehe sich einer ähnlichen Hetzjagd ausgesetzt. Es sei für sie unerträglich, solche Sätze von einem Mann zu hören, der solch schlimme Dinge angetan habe, sagt Monnier.

Der in Frankreich lebende Starregisseur Polanski wird in den Vereinigten Staaten seit Jahrzehnten wegen Vergewaltigung einer Minderjährigen polizeilich gesucht. Im Jahr 1977 hatte er Sex mit der damals 13-jährigen Samantha Geimer, ein Jahr später floh er aus den Vereinigten Staaten.